Fakten um 27-Mrd.-Paket

Sparpaket: Alle Verlierer

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Bausparer und Pensionisten verlieren. Vizekanzler Spindelegger im Interview.

VP-Finanzministerin Maria Fekter sieht Österreich mit dem 27-Milliarden-Euro- Sparpaket auf „sicheren Beinen“. Jeder sei „betroffen“, sagt sie ÖSTERREICH. Aber es sei ein „gerechtes Paket“. Das sehen auch SP-Kanzler Werner Faymann und VP-Vize Michael Spindelegger so.

Wer wirklich betroffen ist:

Pensionen: 7,26 Milliarden fließen
Gestaffelte Erhöhung: Insgesamt 7,26 Milliarden kommen aus dem Bereich Pensionen und Arbeitsmarkt. Ein kleiner Pensionist – mit Mindestpension – ist weniger betroffen als große Pensionisten.
2013 wird die Erhöhung der Pensionen nur 1,7 Prozent ausmachen. Damit erhalten Rentner ein Prozent weniger, als die Inflation ausmacht. Allerdings soll diese Anpassung gestaffelt ausfallen: Kleine erhalten Inflationsabgeltung, große weniger.
2014 wird die Anpassung 0,8 Prozent unter der Inflation liegen. Auch in diesem Fall soll sie gestaffelt kommen. Ab 2014 wird es zudem keine abschlagsfreie Frühpension mehr geben – auch nicht bei der Hacklerregelung. Die Invaliditätspension für unter 50-Jährige wird in ein Rehabilitätsgeld umgewandelt.

Bausparen: 5,2 Mio. Menschen betroffen
Halbierte Förderung: 1,5 Millionen Österreicher, die in Zukunftsvorsorge, und 5,2 Millionen, die in Bausparen investieren, sind von gekürzten Förderungen betroffen.
Von 2013 bis 2016 sollen 476 Millionen Euro über diese Maßnahmen eingenommen werden. Statt drei bis acht Prozent staatliche Zuschüsse bekommen die Sparer nur noch 1,5 bis vier Prozent.

Beamte: 1,77Mrd. weniger bis 2016
Null-Lohnrunde: 2013 werden Beamte eine Nulllohnrunde hinnehmen müssen. Dadurch spart sich der Staat 206 Millionen Euro ein. 2014 wird es nur eine moderate Lohnerhöhung geben. Beamte, die weniger verdienen, sollen mehr erhalten, die Besserverdiener weniger.
Damit werden weitere 253 Millionen eingespart.
Aufnahmestopp: Von jetzt bis 2014 kommt ein Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst. Ausgenommen sind hier nur Richter, Staatsanwälte, Polizisten und Lehrer. Der Stopp bringt 471 Millionen Euro.
Durch neue Dienstpläne – weniger Überstunden – werden 72 Millionen Euro zusätzlich eingespart.
1,37 Milliarden Euro werden im Gesundheits- und Sozialversicherungsbereich gespart. Einiges ist aber offen.

Gesundheit: Höhere Beiträge 2013 fix
90 Euro Einmal-Zahlung: Jene, die in die Höchstbemessungsgrundlage fallen – ab 60.000 Euro brutto Jahresgehalt – müssen 2013 eine Einmalzahlung von 90 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen zahlen. Dazu kommt es noch zu einem Anstieg des Sozialversicherungsbeitrags.
Mit den Ländern muss nun günstigere Versorgung mittels Zusammenlegung von Spitälern verhandelt werden. Die Regierung hat hier nur die Zielvorgaben budgetiert, erklärt VP-Finanzministerin Fekter. Oberösterreich habe die Hausaufgaben bereits gemacht, sagt sie, andere Länder müssen erst folgen. An weiteren Strukturreformen wird in diesem Bereich noch gearbeitet.

Politiker: Weniger Minister & Mandatare
Nur noch 165 Abgeordnete: Die genaue Einsparungssumme bezüglich der Politik ist noch nicht klar. Fix ist nur, dass nach einer Wahlrechtsreform die Anzahl der Abgeordneten von 183 auf 165 sinken soll. Auch der Bundesrat wird verkleinert – vermutlich von 62 auf 58 Abgeordnete. In der Regierung soll es künftig (ab 2013) nur noch 16 statt 18 Minister geben.

Förderungen & ÖBB: 3,49 Milliarden
Mehrfachförderungen: Von den ÖBB kommen 1,6 Milliarden Euro. 525 Millionen Euro kommen durch Frühpensions-Ende. 920 Millionen durch Umschichtungen bei Verkehrsprojekten.
Der Rest kommt durch das Streichen der Doppelförderungen von Bund und Ländern. Künftig wird es eine Förderpyramide geben.

Spitzenverdiener: Bis 155.000 Euro im Jahr weniger

Ab 13.280 Euro im Monat muss man drei Prozent Solidarsteuer zahlen. Ab 42.447 Euro im Monat gar 6,3 Prozent zusätzliche Steuer.
Wien. Rund 20.000 Menschen – Arbeitnehmer und Unternehmer – sind von der neuen Solidarsteuer betroffen. Sie soll bis 2016 gelten:
Ab einem Monatsgehalt (brutto) von 13.280 Euro oder 185.920 Euro im Jahr muss man künftig eine höhere Einkommensteuer von drei Prozent zahlen.
In diese Gruppe fallen etwa SP-Kanzler Werner Faymann und VP-Vizekanzler Michael Spindelegger, die 3.000 bzw. 2500 Euro durch die neue Steuer verlieren.
Bundespräsident Heinz Fischer bekommt künftig 4.025 Euro im Jahr weniger.
ORF-Chef Alexander Wrabetz wird bei einem Jahresgehalt von rund 350.000 Euro rund 5.000 Euro verlieren.
Ab einem Monatsgehalt von 25.780 Euro im Monat oder 360.920 Euro im Jahr wird man mit 4,5 Prozent besteuert.
Ab einem Jahresgehalt von 594.258 brutto – oder einem Monatsgehalt ab 42.447 Euro muss man gar 6,3 Prozent höhere Einkommensteuer zahlen.
Telekom-Vorstand Hannes Ametsreiter wird bei einer Jahresgage von 815.000 Euro rund 40.000 Euro verlieren. Erste-Bank-Chef Andreas Treichl verliert bei einer Jahresgage von 2,8 Millionen Euro gar 155.000 Euro im Jahr …

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Vizekanzler Spindelegger über das Sparpaket

ÖSTERREICH: Die Meinungen zum Sparpaket sind geteilt. Wie zufrieden sind Sie? Sie wollten ja echte Strukturreformen …
Michael Spindelegger: Ich bin sehr zufrieden. Es war eine große Anstrengung, aber wir bringen Österreich damit wieder in Richtung Nulldefizit. Dass wir keinen großen Applaus dafür ernten werden, ist mir klar, weil das Paket ja viele trifft.

ÖSTERREICH: Ihre Innenministerin meinte, die ÖVP habe sich 7 zu 3 gegen die SPÖ durchgesetzt. Sehen Sie das auch so?
Spindelegger: Natürlich ist die ÖVP-Handschrift klar erkennbar. Aber der Gewinner dieses Sparpakets ist Österreich, weil das Land so zukunftsfit bleibt.

ÖSTERREICH: Sie wollten aber ursprünglich keine Steuererhöhungen. Jetzt gibt es doch einige. Wieso denn?
Spindelegger: Eine Steuer – die Finanztransaktionssteuer – wollten sowohl SPÖ als auch ÖVP, weil sie wichtig und richtig ist. Aber Sie haben recht, mir wäre es lieber gewesen, sonst keine Steuern zu erhöhen. Ich bin nach wie vor nicht glücklich damit, aber in einer Koalition muss man Kompromisse schließen. Das haben wir gemacht. Und wie Sie gesehen haben, ist die Solidarsteuer für Besserverdiener zeitlich begrenzt …

ÖSTERREICH: In Deutschland hieß es nach dem Mauerfall auch, dass die Soli-Steuer begrenzt werde, es gibt sie immer noch …
Spindelegger: Ja, aber das haben wir anders geregelt. Ich bin kein Prophet für die Zukunft, aber die Solidarsteuer wird 2016 automatisch auslaufen. Eine künftige Regierung müsste sie dann erneut beschließen. Wenn wir erneut in einer Regierung sind, werde ich mich dafür einsetzen, dass sie nicht verlängert wird. Aber durch diese neue Solidarsteuer können wir auch die Universitäts-Milliarde sicherstellen …

ÖSTERREICH: Ist das Geld, das aus der Soli-Steuer kommt, zweckgebunden?
Spindelegger: Nein, aber es ermöglicht uns den Spielraum, diese Milliarde zu zahlen. Bei allem Sparen sind Investitionen wichtig.

ÖSTERREICH: Ist die Finanztransaktionssteuer nicht auf Luft gebaut? Es gibt ja keinen EU-Beschluss dafür …
Spindelegger: Das glaube ich nicht. Die Finanztransaktionssteuer wird zwar kein EU-Beschluss, weil die Briten dagegen sind, dafür kann es in der Eurozone ab 2014 kommen. Neun Staaten sind bereits dafür. Frankreich hat sie bereits eingeführt.

ÖSTERREICH: Sie wollten ursprünglich vor allem bei Frühpensionen eingreifen. Da passiert zwar einiges, aber das faktische Alter wird nicht um vier Jahre erhöht.
Spindelegger: Ich wollte hier einen Paradigmenwechsel, weil wir nun einmal länger arbeiten müssen, das ist mir gelungen. Bis 2016 wird das faktische Pensionsantrittsalter um 1,2 Jahre angehoben. Aber ich halte es aufrecht, dass es bis 2020 um vier Jahre steigen muss.

ÖSTERREICH: Die Pensionisten müssen am meisten zum Sparpaket beitragen. Gerecht?
Spindelegger: Wir müssen alle Opfer beitragen. 2013 wird die Erhöhung für Pensionisten generell 1,7 Prozent betragen. Ich bin dafür, das zu staffeln: Mindestpensionisten sollen mehr bekommen, die anderen weniger. Dasselbe gilt auch für Beamte.

ÖSTERREICH: Das letzte große Budget wurde rasch wieder aufgeschnürt. Droht das jetzt wieder?
Spindelegger: In der Begutachtung werden sicher noch Details sein, die man verändern kann. Man kann auch über einzelne Maßnahmen reden. Aber an den Beträgen oder den Strukturmaßnahmen – etwa dem Versetzungsschutz, der gelockert wird – darf und wird sich nichts mehr ändern.

ÖSTERREICH: Wie viel verlieren Sie durch das Paket?
Spindelegger: 2.500 Euro im Jahr. Jeder muss einen Beitrag leisten.

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