Spindelegger-Interview

"FP-Attacke gegen Justiz untragbar"

Teilen

Ein Rücktritt wäre "gut für die Hygiene der Politik", sagt der Vizekanzler.

ÖSTERREICH: Die Freiheitlichen attackieren die Justiz nach dem Scheuch-Urteil. Stellen Sie sich vor die Justiz?
Michael SPINDELEGGER: Selbstverständlich. Wenn ein Richter ein Urteil gefällt hat, dann muss man das so akzeptieren. Man kann berufen, dann wird man sehen, was das Oberlandesgericht dazu sagt. Aber jetzt zu sagen, das war ein völliges Fehlurteil und das ist Politjustiz , das halte ich für untragbar.
ÖSTERREICH: Würde das dem Ansehen der Politiker nutzen, wenn Scheuch jetzt schon zurücktreten würde?
SPINDELEGGER: Das ist von ihm zu entscheiden. Wenn man aber zu solch einer Straftat verurteilt wird und dazu mit diesem Strafausmaß, auch wenn es nicht rechtskräftig ist, dann liegt ein solcher Schritt schon sehr nahe. Für die Hygiene in der Politik wäre ein solches Zeichen sicherlich etwas Gutes.
ÖSTERREICH: Sie schließen eine Koalition mit der FPÖ nicht aus. Gilt das auch nach der Causa Scheuch?
SPINDELEGGER: Das ist mit ein Punkt, den man berücksichtigen muss. Bei uns ist Ernst Strasser innerhalb von 24 Stunden zum Rücktritt aufgefordert worden. Das müssen die Freiheitlichen am Ende mit sich selber ausmachen und es vor ihren Wählern verantworten.
ÖSTERREICH: Die Regierung hat für die Hungerkatastrophe in Afrika 1,5 Mio. Euro bereitgestellt. Wohin fließt das Geld?
SPINDELEGGER: Wir wickeln das über die Organisationen der UNO ab, die vor Ort tätig sind. Das ist auf der einer Seite UNICEF, das Kinderhilfswerk. Die andere Hälfte läuft über UNHCR, das ist die Flüchtlingshilfe der UNO. Ich glaube, da können wir sicher sein, das die Hilfe unmittelbar dorthin kommt, wo es halt möglich ist.
ÖSTERREICH: Könnten die Mittel nochmals aufgestockt werden, wenn es nötig ist? Caritas und Co. fordern acht Mio. Euro – das wäre das Niveau von Deutschland.
SPINDELEGGER: Ich bin dafür, noch einmal zu helfen, wenn es notwendig ist. Jetzt schauen wir einmal, wie diese Lieferungen auch wirklich abgesetzt werden können.
ÖSTERREICH: Am Dienstag wird Alexander Wrabetz zum ORF-Chef gewählt. Auch mit Stimmen der ÖVP-nahen Stiftungsräte?
SPINDELEGGER: Ich glaube, dass das möglich ist. Die Verhandlungsteams sind in intensiven Gesprächen mit Generaldirektor Wrabetz. Verhandlungsführer für die ÖVP ist unser Generalsekretär Hannes Rauch. Er wird das davon abhängig machen, wie schlüssig Wrabetz’ Konzept für den ORF ist.
ÖSTERREICH: Ist eine Bedingung: keine große Gebührenerhöhung?
SPINDELEGGER: Wichtig ist ein Gesamtkonzept für das Überleben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.

Aufstieg und Fall des Uwe Scheuch

Uwe Scheuch wurde am 15. Juni 1969 in Villach geboren.

Nach seiner Matura studierte er an der BOKU Wien und schloss 1996 sein Studium ab.

Ab 2001 war er Landeshauptmann-Stellvertreter der Freiheitlichen in Kärnten.

Diese Position hatte er bis 2008 inne.

Seit der Wahl 2003 ist Scheuch Abgeordneter zum Nationalrat.

2008 stieg er zum stellvertretenden Regierungschef und zum Landesparteichef des damaligen BZÖ auf.

Seit Jänner 2010 ermittelte die Wiener Staatsanwaltschaft gegen Scheuch.

Er stand im Verdacht, Staatsbürgerschaften als Gegenleistungen für Parteispenden geboten zu haben.

Am 2. August 2011 wurde Scheuch nicht rechtskräftig zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Sechs Monate der Strafe sprach der Richter als unbedingt aus.