"Kann meine Verlobte nicht besuchen"

Terror-Ermittlungen: Sellner verliert Visum

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Wegen des Verdachts auf eine Verbindung zum Neuseeland-Attentäter, wurde dem Identitären-Chef sein USA-Visum nicht gewährt.

Nach dem Bekanntwerden einer Spende des Neuseeland-Attentäters an Martin Sellner, den Sprecher der rechtsextremen österreichischen "Identitären", hat die Regierung angekündigt, die Auflösung der Organisation zu prüfen. Die Identitären sehen dieser Prüfung gelassen entgegen, auch ein Vereinsrechtsexperte glaubt nicht an die Auflösung.

Gegen Sellner laufen nun Ermittlungen wegen Terror-Verdachts. Dies hatte prompt Auswirkungen für den Chef der Identitären. Neben einer Hausdurchsuchung, musste er am Donnerstag feststellen, dass sein ESTA-Visum für die USA nicht mehr gültig ist. Er sei durch den Background-Check der Behörden gefallen. "Jetzt kann ich meine Verlobte und ihre Familie nicht mehr besuchen, oder dort wie geplant heiraten", schreibt er auf Twitter und zeigt sich erzürnt. Er kritisiert die Politik und greift die türkis-blaue Regierung an. "Danke HC Strache für die tolle Rechtsstaatlichkeit", sagt Sellner sarkastisch.

Mit rechter US-Bloggerin liiert

Sellner ist mit der rechten US-Bloggerin Brittany Pettibone verlobt. Die beiden waren zuletzt auch gemeinsam am Akademikerball in Wien. Pettibone ist eine Anhängerin der rechten Alt-Right-Bewegung in den USA. Zudem ist sie, so wie Sellner, Anhängerin einer beliebten Verschwörungstheorie in der rechtsextremen Szenen. Darin fürchtet man, dass die "weiße" Bevölkerung durch Masseneinwanderung ausgetauscht wird. Auch der Brendon Tarrant, der Attentäter von Christchurch, berief sich auf diese wahnwitzige Theorie und machte dies sogar zum Hauptthema seines Hass-Manifests "The Great Replacement" (übersetzt: "Der große Austausch").

Sellner bestreitet eine Verbindung zum Neuseeland-Attentäter. Er habe zwar eine Spende erhalten, dabei aber nicht gewusst, dass es sich dabei um den Nazi-Terroristen handelt. Hatte Tarrant etwa über US-amerikanische Rechtsextreme von Sellner erfahren? Diese und andere Fragen sollen nun die Ermittler klären.




 

Kurz & Strache: Prüfen Auflösung

Man könne eine finanzielle Unterstützung und somit Verbindung des neuseeländischen Attentäters mit den Identitären bestätigen, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch nach dem Ministerrat. Es brauche Aufklärung, ob es hier "Machenschaften im Hintergrund" gegeben habe.

Für die Prüfung der Vereinsauflösung ist das Innenministerium zuständig. Es werde geprüft, ob eine terroristische Vereinigung vorliege, es gebe Ermittlungen gegen den Chef der Identitären und ob es weitere Kontakte zwischen dem Neuseeland-Attentäter und österreichischen Staatsbürgern gegeben habe, sagte Kurz.

Strache: "FPÖ hat nichts mit den Identitären zu tun"

Auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) kündigte schonungslose Aufklärung an. Gefragt, ob er Verbindungen der FPÖ zu den Identitären ausschließen könne, unterstrich Strache: "Die freiheitliche Partei hat mit den Identitären nichts zu tun." Auf die Frage, ob er es bereue, dass er in der Vergangenheit etwa ein Werbevideo der Identitären auf seine Facebook-Seite gestellt und ihren "friedlichen Aktionismus" gelobt hatte, verteidigte Strache seine damaligen Beiträge. Auf der Bewertungsgrundlage im Jahr 2016 habe es sich offensichtlich um eine Jugendbewegung als Gegenkultur zur politisch Linken gehandelt.

Die rechtsextreme "Identitäre Bewegung Österreich" (IBÖ) sieht die von der Regierung angekündigte Prüfung der Auflösung ihres Vereins gelassen. "Wir Identitären haben jedenfalls keine Angst vor der Überprüfung. Wir haben nichts zu verbergen und sind uns sicher, dass unser Protest im Rahmen von Verfassung und Meinungsfreiheit ist", betonte Sprecher Philipp Huemer in einer Aussendung.

Experte: Aufösung unwahrscheinlich

Auch Vereinsrechtsexperte Maximilian Kralik sieht die Auflösung als unwahrscheinlich an. Die bloße Tatsache, dass Sellner eine Spende vom Christchurch-Attentäter erhalten habe, erfülle noch nicht den Auflösungstatbestand.

Die Regierung hatte freilich schon einmal prominent die Prüfung einer Vereinsauflösung eingeleitet, die dann letztlich nicht zustande kam: Damals ging es um die Burschenschaft "Germania" und den Skandal um rassistische und NS-verherrlichende Liedertexte. Das Verfahren wurde schließlich eingestellt.

Opposition skeptisch

Der Grüne Bundessprecher Werner Kogler ortete daher "den altbekannten Regierungs-Aktionismus, der nun wieder zur Anwendung kommt". Gleichzeitig werde "das jahrelange Naheverhältnis des Koalitionspartners zu den Identitären" weiterhin ignoriert. "Wenn Strache jetzt sagt, dass seine Partei nichts mit den Identitären zu tun hat, ist das - freundlich gesagt - völlig unglaubwürdig", meinte Kogler.

Auch die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz zeigte sich angesichts der Ankündigung der Regierung "skeptisch". "Glaubwürdig ist die Regierung in dieser Sache erst dann, wenn sie Fakten schafft und Konsequenzen zieht, glaubwürdig gegen Rechtsextreme vorgeht und auch Regierungsinserate in rechte Medien stoppt, in denen bekanntlich auch Identitäre in den Redaktionen sitzen", so Schatz in einer Aussendung. Den Stopp von Inseraten in Magazinen, die den rechtsextremen "Identitären" nahe stehen, forderte auch SOS Mitmensch.

Am Montag tagt der von SPÖ und JETZT einberufene Nationale Sicherheitsrat. Die Oppositionsparteien wollten in dem Gremium allfällige Verbindungen des Attentäters zu österreichischen Rechtsextremen hinterfragen.
 

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