Über 13.000 Attacken pro Jahr

Gewalt gegen Frauen: Die brutale Wahrheit

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Regierung geht gegen Gewalt an Frauen vor. Die Zahlen zeigen, wie dringend nötig das ist. 

Eine Mordserie an Frauen erschüttert in den ersten Tagen des jungen Jahres das Land. Die Regierung hat am Donnerstag angekündigt, rasch handeln zu wollen, und ein Maßnahmenpaket vorgestellt. Ein Blick auf die Kriminalitätsstatistik zeigt: So ein Paket ist längst überfällig, Gewalt an Frauen ist in Österreich keine Seltenheit, im Gegenteil.

Gewalt gegen Frauen: Die brutale Wahrheit
© oe24

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2017 wurden 34 Frauen getötet, 43 weitere waren Opfer eines Mordversuchs. Und der Trend zeigt dramatisch nach oben: In den ersten acht Tagen des Jahres 2019 wurden bereits vier Frauen ermordet. ­Angestiegen ist 2017 auch die Zahl der Anzeigen wegen geschlechtlicher Nötigung (286) und Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (133), der sogenannte „Po-Grapsch-Paragraf“. 2017 wurden zudem 778 Vergewaltigungen zur An­zeige gebracht und 1.936 Fälle von Stalking – vier Fünftel (1.673) davon Frauen. 1.842 Frauen wurden zudem Opfer einer sexuellen Belästigung.

62,8 % aller Gewalttaten passieren in Beziehungen

Was beim Blick auf die Kriminalstatistik auffällt: Fast zwei Drittel aller 42.079 Anzeigen (62,8 %) wegen Tötung, Körperverletzung, sexueller Übergriffe und Raub stehen in Zusammenhang mit Beziehungstaten . Sie kündigen sich dementsprechend auch meist auf lange Sicht an.

Regierungsplan

Dieser Umstand findet auch im türkis-blauen Maßnahmenpaket Niederschlag. Was kommt:

  • Bannmeile. So soll es etwa eine Vereinfachung des Be­tretungsverbotes geben – eine 50-Meter-Bannmeile um die gefährdete Person.
  • Beratungsstellen. Flächen­deckender Ausbau in jedem Bundesland ist geplant.
  • Neuer Notruf für Frauen. Eine dreistellige Nummer, „die sich jeder merken kann“.
  • Täterarbeit. Sie soll nicht erst nach der Verurteilung starten.
  • Prävention. 10 % mehr Budget für Gewaltschutzprävention. Plus: „Gewaltfreie Beziehung“ als Schulfach.

 

Opposition fordert mehr Budget - Frauen stehen auf: "Muss was passieren"

ÖSTERREICH hat bei Politikerinnen nachgefragt, ob sie sich noch sicher fühlen.

Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) stellte gemeinsam mit zwei Regierungskolleginnen das Maßnahmenpaket gegen Gewalt an Frauen vor. Ob sie sich selbst noch sicher fühlt, wollte oe24.TV wissen: „Nach vier Morden in einer Woche fühlen sich wohl jetzt alle Frauen besonders im Dunkeln nicht mehr sicher.“

Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) empfindet das anders: „Ich selbst fühle mich eigentlich ganz sicher, bin aber auch meist mit dem Auto unterwegs.“ In ihrem Umfeld höre sie aber durchaus von gestiegener Unsicherheit bei Frauen: „Erst heute hat mir eine Verkäuferin berichtet, dass sie stets einen Pfefferspray dabei hat.“ Das zeige, dass etwas passieren muss. Dem Paket der Regierung kann die Ex-Frauenministerin nicht viel abgewinnen: Es brauche mehr Geld für Präventionsarbeit und Justiz.

Ein höheres Budget hält auch Ex-Frauenministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) für nötig. Sie ortet „ein gestiegenes Aggressionspotenzial“ bei Männern.

Liste-Jetzt-Chefin Maria Stern fordert: „Wir müssen die Armut von Frauen und das finanzielle Ungleichgewicht bekämpfen. Abhängigkeitsverhältnisse führen dazu, dass Frauen bei Gewalttätern bleiben.“

 

Das sagt Österreich: Frauenrechte endlich ernst nehmen! 

Die blutige Mordserie an Frauen zu Jahresbeginn hat endlich auch die Politik aufgeweckt. Schon das vergangene Jahr war von einer steigenden Gewalt gegen Frauen geprägt.

Die neuen Maßnahmen sind nur ein erster Schritt. Es braucht auch Gleichstellung der Gehälter, bessere Kinderbetreuung, Papamonat für alle, etc. Hier hinkt Österreich im Europavergleich hinterher.

Nur wenn Frauen unabhängiger und selbstbestimmter leben können, schützt sie das vor Gewalt. Denn knapp 63 Prozent der Übergriffe geschehen im privaten Umfeld.

 

Übergriffe auf Frauen sind kein Kavaliersdelikt

Männer müssen begreifen, dass ein Angriff auf eine Frau längst kein Kavaliersdelikt mehr ist. Ein paar Hundert Euro Strafe schrecken da keinen ab.

Die #metoo-Bewegung hat gezeigt, dass trotz Emanzipation Macht immer noch von Männern missbraucht wird. Aber auch, dass Frauen sich jetzt wehren.

 

Trennung oder Streit für viele Frauen Todesfalle

Für die Mordopfer kommt leider jede Maßnahme zu spät. Alle vier Täter waren Ex-Partner, einer sogar der Bruder. Eine Trennung, ein Streit wurde zum Todes­urteil für die Frauen.

Oft war schon zuvor bekannt, dass die Männer zu Gewalt neigen. Wegweisungen wurden ignoriert. Jeder Schritt vor die Haustür war lebensgefährlich.

Morde zu verhindern, wird nie ganz gelingen. Auch nicht durch mehr Abschiebungen. Die Debatte über Gewalt gegen Frauen ist mit Polemik nicht zu gewinnen und muss sensibel geführt werden. Denn Gewalt erzeugt oft Gegengewalt.

(Dani Bardel)

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