Grasser-Diplomarbeit

Uni prüft Grassers Magister

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Plagiat-Jäger: "Er hat kopiert". Uni Klagenfurt prüft jetzt Arbeit.

Ex-Finanzminister Grasser könnte sein Magister-Titel aberkannt werden. Ein Experte behauptet, er habe abgeschrieben. Die Diplomarbeit wird nun geprüft.

Vor einer Woche berichtete ÖSTERREICH über den "Magister-Vater" des ehemaligen Finanzministers, jetzt prüft die Klagenfurter Universität die Diplomarbeit Karl-Heinz Grassers nach möglichen Plagiatsstellen.

Konkret geht es um den Verdacht, Grasser habe Text-Passagen seiner Arbeit "Die Klein-AG der Schweiz" ganz bzw. teilweise von anderen Autoren abgeschrieben, ohne sie zu zitieren (es gilt die Unschuldsvermutung).

Experte: Grasser hat wohl absichtlich abgeschrieben
"Grassers Passagen sind eindeutig intentionale Plagiate", urteilt der Salzburger Plagiatsjäger Stefan Weber. Bereits vor fünf Jahren hatte Weber Grassers Arbeit aus dem Jahr 1991 unter die Lupe genommen. Und fand just acht verschiedene, plagiatverdächtige Textstellen. Dabei hatte Weber nur zwei Originalquellen untersucht. Für einen Plagiatsvorwurf hätten seine Funde damals nicht gereicht. Denn: "Die Öffentlichkeit war damals noch nicht sensibilisiert für das Thema. Man hätte das nicht ernst genommen", so Kofler gegenüber ÖSTERREICH.

Doktor-Vater: "Er war ein hervorragender Student"
Grassers damaliger Betreuer und Gutachter der Arbeit, Herbert Kofler, zeigt sich über die Plagiatsvorwürfe überrascht und lobt Grasser als "hervorragender Student". Auffällig: Nach Grassers absolviertem Studium erlebte der Uni-Professor einen kometenhaften Aufstieg.

Als Kofler dann 2003 auch Grassers Doktorarbeit begutachten wollte, sorgten Kritiker dafür, dass Kofler seine Funktion als Grassers Gutachter wegen Befangenheit zurücklegen musste.

Uni lässt Steuer-Experten 
die Arbeit intensiv checken
Die Uni Klagenfurt lässt die Diplomarbeit jetzt noch einmal von Steuerrechtsexperten nach inhaltlichen und verbalen Plagiaten untersuchen. "Händisch", wie Vizerektor Hubert Lengauer betont.

Plagiatsvorwürfe um seine Doktorarbeit veranlassten vergangenen Dienstag den deutschen Verteidigungsminister Theodor von Guttenberg zu seinem Rücktritt.
"Man wird jetzt künftig sicherlich noch mehr entdecken", glaubt Plagiatsjäger Weber. Sogar seine eigene Dissertation steht seit Mittwoch im Visier der Öffentlichkeit: Auf der Internet-Seite "PlagiPedia-Wiki" wird seine Arbeit über Medientheorie angezweifelt. Und sogar die Echtheit der Doktorarbeit von Papst Josef Ratzinger zum Thema "Wirtschaftliche Ziele und Effekte der Gebietsreform in Bayern" wird dort in Frage gestellt.
 

Prof. Herbert Kofler: "Nicht genau geprüft"

ÖSTERREICH: Herr Kofler, hätten Ihnen als Gutachter die Plagiate nicht auffallen müssen?
Herbert Kofler: Ich hätte das genauer ansehen müssen. Mir ist aber nichts aufgefallen. Ich kannte nicht die gesamte Literatur zu seinem Thema. Welcher Professor hat schon in allen Spezialgebieten Überblick über alles?

ÖSTERREICH: Und Sie schöpften keinen Verdacht?
Kofler: Ich bin ja sehr erstaunt. Herr Grasser war in jeder Hinsicht ein hervorragender Student. Seine Referate waren eloquent und rhetorisch und inhaltlich gut. Da besteht dann bei einer Diplomarbeit viel weniger Verdacht.

ÖSTERREICH: Sie machten dann eine steile Karriere …
Kofler: Das hatte aber alles nichts mit Intervention zu tun, sondern nur mit meiner fachlichen Qualifikation.
 

Auch EU-Kommissar Hahn im Visier

"Wenn bei Karl-Heinz Grasser der Plagiatsverdacht diskutiert wird, dann muss man bei EU-Kommissar Johannes Hahn eindeutig sagen, seine Dissertation ist bereits ein Plagiat", sagt Stefan Weber zu ÖSTERREICH.

"Schlampige Arbeit"
Der als "Plagiatsjäger" bekannte Medienwissenschafter geht mit der Dissertation des EU-Kommissars Hahn (Titel: "Perspektiven der Philosophie heute – dargestellt am Phänomen Stadt") nicht zimperlich um. Weber spricht von einer "schlampiger Arbeit" und deckt auf, dass der ehemalige Wissenschaftsminister "mehrere Seiten" abgeschrieben hat: "Hahn hat an vielen Stellen seiner Dissertation auch wörtliche Textpassagen aus der Literatur ohne Anführungszeichen übernommen und diese mitunter unzureichend oder auch gar nicht gekennzeichnet."

Auf seiner Homepage veröffentlicht er jetzt eine genaue Liste, von welchen Quellen Hahn abgeschrieben hat – bei der Durchsicht dürfte es dem ÖVP-Politiker die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Den ersten Verdacht hegte Weber 2007, jetzt überprüft er Hahns Dissertation im Auftrag von Grünen-Aufdecker Peter Pilz auf Punkt und Komma. Und sagt: "Damals hat man das pardoniert. Jetzt, nach Guttenberg, schaut man genauer hin und muss das neu bemessen."

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