Doppel-Interview:

Verena & Norbert Hofer: Frischer Wind für die Hofburg

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Norbert Hofer und seine Frau Verena über die Hofburg-Wahl, ihr Patchwork-Glück und Schicksalsschläge, die zusammenschweißen.

Norbert Hofer bewirbt sich ums höchste Amt im Staat. Was das für seine Familie bedeutet, verrät er im Doppeltalk mit Ehefrau Verena.

Ganz privat
Er, der FPÖ-Shootingstar, sie, die bodenständige Altenpflegerin. Dazu vier Kinder, darunter eine Tochter, Anni (12), die mitten in der Pubertät steckt: "Ich wäre sicher ein untypischer Präsident", sagt Hofburg-Kandidat Norbert Hofer (45) selbst über sich. "Aber ich möchte mich nicht verstellen. Ich möchte auch als Bundespräsident so sein, wie ich bin. Hier und zu Hause."

Team Hofer

Gemeinsam mit seiner Frau Verena (43) hat er beschlossen, sich der Hofburg-Wahl zu stellen. Verenas Zustimmung (per SMS!) war ihm wichtig. Stellt doch das Rennen um das Bundespräsidentenamt gerade das ganze Leben der Familie auf den Kopf.

Doch die Hofers halten zusammen wie Pech und Schwefel: Seit 14 Jahren sind sie verheiratet. Er brachte in die Ehe noch seine drei Kinder aus erster Ehe mit. Der größte Schicksalsschlag seines Lebens - 2003 stürzte er beim Paragleiten ab und war vorübergehend querschnittsgelähmt - schweißte sie noch mehr zusammen.

Im Doppeltalk sprechen Norbert und Verena Hofer über Hofburg, Familienalltag und ihr mögliches neues Leben als "First Couple".

Norbert Hofer: "HC Strache hat gesagt, ich solle erst mal meine Frau fragen..."

ÖSTERREICH: Herr Hofer, stimmt es, dass ein SMS Ihrer Frau über Ihre Hof burg-Kandidatur entschieden hat?
Norbert Hofer: Ich bin so wie mit Ihnen jetzt mit dem H.-C. Strache gesessen und er hat mich gefragt, ob ich es machen möchte. Ich habe gesagt, o. k, und er meinte, ich solle erst mal meine Frau fragen. Das habe ich per SMS getan. Nach fünf Minuten kam die prompte Antwort: "Mache es!"
ÖSTERREICH: Was haben Sie in diesen fünf Minuten gedacht, Frau Hofer?
Verena Hofer: Dass der Norbert ein Kämpfer ist und es schon richtig machen wird.
ÖSTERREICH: Und wie viel Mitspracherecht hatte Ihre 12-jährige Tochter?
N. Hofer: Unsere Tochter bestimmt schon in weiten Bereichen unser Leben. Jetzt kommt sie voll in die Pubertät, und wir zwei haben oft Diskussionen. Ich bin natürlich weniger zu Hause, aber deswegen hört sie auch sofort auf mich. Die Verena kommt zu mir und sagt, dass die Anni schon wieder nicht ihre Hausübungen macht. Ich sage dann zur Anni, dass sie bitte ihre Hausübungen machen soll und sie ist weg und macht die Hausübungen. Aber die Beziehung zwischen Vater und Tochter ist immer eine besondere. Ich habe schon die größte Angst, wenn sie einmal heiratet. Wenn da jemand kommt, dann erwürge ich den wahrscheinlich eigenhändig -also wenn der Falsche kommen würde (lacht). Zumindest würde ich ihm die Luft beim Moped auslassen.
V. Hofer: Ich habe der Anni von der Entscheidung ihres Papas erzählt und sie ist gleich zum Handy und hat ihre Freundinnen informiert. Am nächsten Tag hat sie stolz erzählt, dass sie in der Schule schon drauf angesprochen wurde.
ÖSTERREICH: Was hat sich seither verändert?
N. Hofer: Wir sehen uns noch weniger als früher, weil ich meistens in Wien bin. Ich gehe mit Verena so gern einkaufen. Das ist jetzt ein Spießrutenlauf, weil ich dauernd angesprochen werde.
V. Hofer: Es melden sich auf einmal Freunde, zu denen man lange keinen Kontakt hatte.
ÖSTERREICH: Angenommen, Ihr Mann würde die Wahl gewinnen: Welchen Preis müssten Sie dann als Familie zahlen?
V. Hofer: Ich denke, wir würden nach Wien ziehen und ich müsste leider meinen Job aufgeben. Und Anni müsste dann in Wien zur Schule gehen.
N. Hofer: Ich wäre sicher ein untypischer Präsident. Meine Frau erlaubt mir auch wieder, meinen Flugschein zu machen. Dann würde ich mal selbst f liegen. Ich wäre der erste Präsident, der eine pubertierende Tochter hat und die dann auch zum ersten Mal in eine Disco geht. Wie wird es dann der Anni gehen? Werden dort dann Fotografen sein? Aber wir schreiben das Jahr 2016, und bei einem jungen Präsidenten wird vieles anders. Wir würden die Hofburg einmal ordentlich entstauben. Ich möchte mich als Politiker und auch als Bundespräsident nicht verstellen. Ich möchte so sein, wie ich bin. Hier und zu Hause.
ÖSTERREICH: Reden wir über jenen Tag im Sommer 2003, als Sie mit dem Paragleiter abgestürzt sind. Wie hat Sie der Unfall und der Kampf zurück verändert?
N. Hofer: Das Fliegen war schon immer meine Leidenschaft. Fliegen ist das Leben im Jetzt. Es gibt nur das, und das war auch beim Absturz so. Es gab in diesem Moment nur den einen Gedanken, und der war, zu überleben. Der Fall hat eineinhalb Sekunden gedauert und es kommt dir sehr lange vor -wie eine Ewigkeit. Und wenn man dann dort liegt und querschnittsgelähmt ist, ist alles, was war, weg. Das ist so, als würde man eine Festplatte formatieren. Alles, was dir davor Sorgen bereitet hat, ist auch weg. Du hast dann ganz andere Gedanken. Wie reagiert wohl meine Frau, wenn sie einen Pflegefall hat? Kann ich meinen Beruf jemals wieder ausüben? Kann ich jemals wieder Auto fahren und meine Tochter wieder auf die Schultern nehmen?
ÖSTERREICH: Sie haben in sechs Monaten Reha wieder gehen gelernt.
N. Hofer: Für mich waren die ersten zwei Wochen die Hölle, denn ich konnte nur am Rücken liegen. Wenn du in der Früh aufwachst, dann sind die ersten paar Minuten die schlimmsten. Denn man glaubt, dass alles nur ein Traum war. Dann beginnt man sein Leben langsam wieder neu zusammenzusetzen. Die Verena hat immer meine Füße gebürstet, um die Nerven von außen anzuregen. Und dann kann man seine Füße ein bisschen bewegen. Dann sagte der Arzt: "Herr Hofer, es ist keine komplette Querschnittslähmung, sondern eine inkomplette. Sie werden wieder gehen können." Das ist wie ein Lottogewinn, aber Euromillionen. Und dann beginnt man zu kämpfen.
ÖSTERREICH: Ihre Tochter war da noch ein Baby. Wie war die Situation für Sie, Frau Hofer?
V. Hofer: Ja, es war ein Schock. Ich bin jeden zweiten Tag mit Anni zu ihm in die Rehabilitation gefahren. Es hat uns zusammengeschweißt. Wir haben dann schnell gesehen, dass er Fortschritte macht.
N. Hofer: Meine Frau war mein Anker, an ihr konnte ich mich orientieren. Ich war sehr motiviert, weil ich mit Anni Rad fahren und mit meiner Familie in die Therme fahren wollte. Aber wir sind auch keine "Überdrüber-Familie". Wir sind eine normale Familie, mit allen Problemen, die es gibt. Meine Frau und ich streiten auch. Vor allem, wenn ich Telefoninterviews gebe und sie staubsaugt.
ÖSTERREICH: Sie sehen sich sehr selten. Wie oft aber sagen Sie einander "Ich liebe dich"?
V. Hofer: Oft sogar zweimal am Tag. Sehr regelmäßig.
N. Hofer: Das passiert bei uns via SMS oder Whats-App. Wenn ich in Wien bin, jeden Tag. Dann schreibe ich ihr "HDL" und solche Dinge.
ÖSTERREICH: Welche Werte vermitteln Sie Ihrer Tochter? V. HofER: Ich will ihr Dankbarkeit, das Grüßen, Ordnung und Fleiß in der Schule vermitteln.
N. Hofer: Ich sage ihr immer, dass sie lernen muss, da die Schule sehr wichtig ist, aber wenn es einmal schiefgeht, dann macht das auch nichts. Es muss nicht alles perfekt sein.
ÖSTERREICH: Sie haben drei Kinder aus erster Ehe. Wie funktioniert die Patchwork-Familie?
N. Hofer: Jetzt sind sie zwischen 20 und 23. Als sie kleiner waren, waren sie jedes Wochenende bei uns. Jetzt sind sie nicht mehr auf mich angewiesen. Aber wir telefonieren über Liebeskummer, Studium. Es ist eine gute Sache.
V. Hofer: Die Anni hängt sehr an ihren Geschwistern. Für mich war es nie ein Problem, denn ich habe den Norbert ja schon sehr lang gekannt und wusste, dass er drei Kinder hat.
ÖSTERREICH: Wie muss ein Bundespräsident 2016 sein?
N. Hofer: Von den Charaktereigenschaften muss einem Präsidenten klar sein, dass er nicht so wie früher über den Dingen steht. Sondern er ist ein ganz normaler Mensch, wie jeder andere auch, aber mit einer Riesenverantwortung. Und er muss sich auch außerhalb dieses Korsetts im Amt bewegen. Denn sonst wird er in drei, vier Jahren einer sein, der abhebt, und das darf nicht passieren.
ÖSTERREICH: Frau Hofer, allein aus Gründen der Solidarität: Würden Sie sich nicht auch über eine Frau als Präsidentin freuen?
V. Hofer: Wenn es die Richtige ist.
N. Hofer: Also ich bin auch dafür, dass nach mir eine Frau die Chance bekommt (lacht).

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