70 Jahre Befreiung

Welt gedachte der Holocaust-Opfer

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Am 27. Jänner 1945 befreite die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz.

Die Qualen, die Schrecken sind noch immer da. „Als wäre es gestern“ gewesen, berichten Überlebende an diesem 27. Jänner 2015. 70 Jahre nach der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau versammelten sich gestern über 40 Staatschefs an der Seite von 300 Überlebenden. Auch ehemalige Befreier der Roten Armee sollten vor Ort sein. Auch sie wurden die Bilder in ihrem Kopf – von dieser industrialisierten Vernichtungsmaschinerie – nie ­wieder los.

1,1 Mio. Opfer.
1,1 Millionen Menschen – davon eine Million Juden – wurden hier von den Nazis getötet: Frauen, Kinder, Männer. An der ehemaligen Exekutionsmauer trafen Bundespräsident Heinz Fischer und Bundeskanzler Werner Faymann österreichische Überlebende, die vor Gedenkdienern von ihrem Leid erzählten: von ausgelöschten Familien, von erwachsenen Männern, die bei ihrer Befreiung nur 37 Kilo wogen, von Hunderten Puppen, Tausenden Zähnen. Über eine Mil­lion Menschen wurden hier vergast und dann verbrannt. Eine kurze Führung durch den Ort sollte keinen unberührt lassen.

„Nie wieder“
Für ihn sei es „selbstverständlich, hier zu sein“, sagte Faymann zu ÖSTERREICH und erinnerte an die österreichischen Täter. Der Kanzler betonte innerhalb der alten Grenzen des ehemaligen Vernichtungs­lagers das „Nie wieder!“. Das „never again“ wurde dann auch bei der offiziellen Gedenkfeier in Auschwitz von Polens Präsident Bronislaw ­Komorowski und den ehemaligen Alliierten hervorgehoben.

Drei ehemalige Insassen sollten dann mit sechs Jugendlichen Kerzen anzünden. Das jüdische Totengebet Kaddish wurde gesprochen, in der bitteren Kälte wurde aller Opfer der Nazis gedacht. In der Hoffnung, dass das Erinnern nie erlöschen möge.

I. Daniel, Auschwitz-Birkenau

Interview mit Bundeskanzler Werner Faymann

ÖSTERREICH: Sie und Präsident Fischer haben am Gedenken in Auschwitz teilgenommen. Eine Verpflichtung für österreichische Politiker?
Faymann: Viele Österreicher haben dem „Anschluss“ von 1938 zugestimmt. Allzu viele waren auch an den beispiellosen Gräueltaten des Nazi-Regimes beteiligt. Unser Land hat dadurch eine besondere Verpflichtung, das Gedenken an die Opfer des NS-Terror­regimes hochzuhalten.

ÖSTERREICH: Die Überlebenden des Holocaust warnen vor dem neuen Antisemitismus.
Faymann: Auch heute müssen wir wachsam sein. Wie dünn das Eis der Zivilisation ist, können wir täglich aus den Nachrichten entnehmen. Radikalen Strömungen, egal von welcher politischen Seite oder religiösen Gesinnung, erteile ich eine klare Absage.

ÖSTERREICH: Auch in Österreich gibt es einen Anstieg bei antisemitischen und xenophoben Vorfällen.
Faymann: Wir werden es nicht dulden, dass Minderheiten zur Zielscheibe fanatischer Gruppen werden. Toleranz, Mitgefühl und Solidarität sind Werte, an denen kein Weg vorbeiführt. Dieser Gedenktag ist Beispiel dafür, was passieren kann, wenn man das vergisst.

Isabelle Daniel

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