"Image schärfen"

Wiener ÖVP: Marek versucht Neustart

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Marek will bürgerliche Kraft für "die Jungen im MQ" und "Döblinger Regimenter" sein.

Gut vier Monate nach dem - laut Parteichefin Christine Marek - "desaströsen Wahlergebnis" im vergangenen Oktober nimmt die Wiener ÖVP nun ihren inhaltlichen Neustart in Angriff. Im Zuge eines einjährigen Arbeitsprozesses, an dessen Ende eine "Agenda Wien plus" stehen soll, will die Volkspartei ihr Image schärfen und Kernthemen erarbeiten. Mit Attributen wie leistungsorientiert, christlich-sozial, urban, traditionell und modern, versuchte Marek am Freitag die künftige Positionierung der Rathaus-Schwarzen zu umreißen. Man wolle jedenfalls das bürgerliche Potenzial - "die Jungen im Museumsquartier ebenso wie die Döblinger Regimenter" - ansprechen.

Marek: Image "diffus"
Das Image der Wiener ÖVP sei derzeit "sehr diffus", analysierte Marek vor Journalisten: "Wir waren in vielen Bereichen alles, deshalb waren wir nichts." Viele Menschen wüssten nicht, wofür die Wiener Volkspartei - sie stürzte bei der Gemeinderatswahl auf 14 Prozent ab - eigentlich stehe. "In zwei Jahren soll man diese Frage beantworten können", erklärte die Parteichefin das Ziel des Arbeitsprozesses, der bei der Klubklausur am 18. und 19. Februar startet. Insgesamt fünf Arbeitskreise sollen sich bis Ende des Jahres Gedanken zu den Themenfeldern "Leistung und Arbeitswelt" (inklusive Bildung), "Stadtentwicklung", "Zusammenleben in der Stadt" (u.a. Familie, Integration), "Neue soziale Fragen" (z. B. Gesundheit, Pflege) und "Stadtleben" (also Lifestyle, Kultur, Umwelt) machen.

"Zukunftskongress"
Mitwirken dürfen nicht nur Mandatare, sondern auch Vertreter aus Teilorganisationen, den Bezirken, externe Experten und Bürger. Gleichzeitig sind auch inhaltliche Konzepte für jeden einzelnen Bezirk vorgesehen. Die Ergebnisse der Anstrengungen sollen dann in einen "Zukunftskongress" münden, der für Februar 2012 angesetzt ist. Danach will man als "einzige konstruktive Oppositionskraft" zwischen der rot-grünen Stadtregierung und einer "Brachialopposition" seitens der FPÖ an die Umsetzung gehen.

"Ja" zur Ganztagsschule
In einigen Teilbereichen gewährte Marek bereits Einblick in die künftige Positionierung ihrer Partei. So gebe es im Bildungsbereich ein "Ja" zur Ganztagsschule - auch mit verschränkten Unterrichts- und Freizeiteinheiten, jedoch nicht verpflichtend. Dass die Hauptstadt-ÖVP hier "andere Akzente" setze als die Volkspartei in einigen anderen Bundesländern, liege an den speziellen Bedürfnissen in Wien. Familienpolitisch dürfe man nicht am "Idealbild Vater, Mutter, Kind" festhalten, sondern müsse Realitäten anerkennen. In Sachen Integration gehe es auch darum, Pflichten einzufordern.

Marekt ortet "Irritationen über Positionierung"
Als Versuch, das Law-and-Order-Image, mit welchem die ÖVP im Wien-Wahlkampf des Öfteren in Verbindung gebracht worden war, mit Hilfe der Neupositionierung abzulegen, wollte Marek den Agendaprozess nicht interpretiert wissen. Sie habe vielmehr nie einen "Law-and-Order-Wahlkampf" geführt, dies sei lediglich so wahrgenommen worden. Es habe parteiintern aber zugegebenermaßen "da und dort Irritationen über meine Positionierung" gegeben.

Mittlerweile sei der rund um den Urnengang alles andere als geeinte Klub jedoch wieder zusammengewachsen. Auf die Frage, warum das im ÖVP-Wahlkampf durchaus präsente Sicherheitsthema nun kein eigener Schwerpunkt im Agendaprozess sei, ließ die Parteichefin mit einer nicht unüberraschenden Antwort aufhorchen. "Sie wissen schon, dass Wahlkampf eine Sache ist und Visionen für die Zukunft zu erarbeiten eine andere", erklärte sie den anwesenden Journalisten.

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Christine Marek (ÖVP) bei der Stimmabgabe