SPÖ und ÖVP fordern Reaktion

'Afrika besetzen': FPÖ hält zu Bösch

Teilen

Während Bundeskanzler Kurz auf Distanz geht, stärkt Strache Bösch den Rücken. 

In der ÖVP-Regierungsriege werden erste Stimmen laut, die eine Erklärung des FPÖ-Wehrsprechers Reinhard Bösch zu dessen Afrika-Aussagen verlangen. "Er sollte dahingehend schleunigst Stellung nehmen", sagte Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger am Mittwoch vor dem Ministerrat.
 
Zudem betonte Köstinger, dass derzeit Diskussionen im "Laufen" seien, was Böschs Aussagen zu einer möglichen militärischen Besetzung eines Raumes in Nordafrika betreffen. Der FPÖ-Politiker hatte in einem Interview gemeint, dass man dort Flüchtlinge unterbringen könnte. Auf die Nachfrage, welche Diskussionen gemeint seien, verwies die Ministerin auf die Veröffentlichung des gesamten Tonbandmitschnittes.
 

Schieder will von Kurz hören

Die Aussagen des FPÖ-Nationalratsabgeordneten und Wehrsprechers, es könnte, um illegale Migration nach Europa zu bekämpfen, "mit militärischen Kräften ein Raum in Besitz genommen werden", schlägt weiter Wellen. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder fordert heute, Mittwoch, im Gespräch mit der APA eine klare Positionierung des Bundeskanzlers in der Causa.
 
Schieder zeigte sich "entsetzt", dass mit Bösch "ein Mann vom Fach und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses von Besetzung spricht und Aussagen tätigt, die neutralitäts- und außenpolitisch untragbar" seien und dem Ansehen Österreichs auch über die Grenzen hinweg schade. Nach der Veröffentlichung des gesamten Tonbandmitschnittes sei es "höchste Zeit", dass nicht nur Umweltministerin Köstinger (ÖVP) eine Distanzierung fordere, sondern Kurz selbst müsse "endlich" Stellung beziehen, so Schieder.
 

Mitschnitt aufgetaucht

Nach der Aufregung um FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch und seinen Vorschlag, mit einem Militäreinsatz in Nordafrika Anlandeplattformen für Flüchtlinge abzusichern, liegt nun ein Tonbandmitschnitt des umstrittenen Interviews vor.
 
Bösch hatte ja nach Kritik an seinen Aussagen bestritten, die militärische Eroberung eines Landes in Nordafrika gefordert zu haben. Er habe lediglich vorgeschlagen, "dass Anlandeplattformen für Asylwerber in Nordafrika auch mit Hilfe von europäischen Sicherheitskräften geschützt und abgesichert werden", so Bösch. Es werde ihm unterstellt, dass er für einen Krieg eintrete oder das Völkerrecht brechen wolle. Das sei nicht der Fall. Sollte er es zu forsch formuliert haben, stelle er es hiermit richtig. Rücktrittsaufforderungen beeindruckten ihn aber nicht, sagte Bösch den "Vorarlberger Nachrichten". Er fühle sich von den Regierungsparteien gut unterstützt.
 

Strache stärkt Bösch Rücken

 
Die FPÖ plant keine personellen Konsequenzen für ihren Wehrsprecher Reinhard Bösch. Rückendeckung bekam der FPÖ-Wehrsprecher und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses auch von Strache: "Für mich ist das definitiv erledigt." Bösch habe offensichtlich etwas "schlecht oder ungeschickt formuliert" und seine Aussagen im Nachhinein richtig gestellt. Allerdings findet der Vizekanzler die Idee, die Anlandeplattformen durch die EU verwalten zu lassen, allgemein "für nicht vernünftig". Somit handle es sich lediglich um einen "Diskussionsbeitrag".
 
 

Stimmen der ÖVP

 
Bundeskanzler Kurz ging unterdessen auf Distanz zu Böschs militärischen Vorschlägen. Vielmehr sei ein gemeinsames Vorgehen notwendig, betonte der ÖVP-Chef nach dem Ministerrat. Einen etwaigen Rücktritt des Freiheitlichen wollte Kurz nicht kommentieren oder beurteilen. Weder gehöre Bösch seiner Partei, noch der Regierung an, sagte Kurz - "und insofern ist er auch nicht meine Angelegenheit".
Umwelt- und Landesministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) forderte Bösch zuvor auf "schleunigst" Stellung zu nehmen. Strache betonte danach, dass die Ministerin die bereits erfolgten Darlegungen des FPÖ-Abgeordneten zu diesem Zeitpunkt noch nicht gekannt habe. Dies habe man in der Ministerrats-Sitzung geklärt.
 
 

Militärisch besetzen

Tatsächlich stellte der Freiheitliche im Interview mit der "Neuen Vorarlberger Tageszeitung" sehr wohl eine militärische Besetzung auf Zeit in den Raum. "Wenn es uns nicht gelingt, Anlandeplattformen in Nordafrika zu errichten, zum Beispiel in Libyen - wenn wir in Libyen mit der einen Regierung das nicht organisieren können, müssen wir es halt mit der anderen libyschen Regierung organisieren. Und wenn das nicht funktioniert, dann ist das auch nach meiner Auffassung mit verschiedensten militärischen und polizeilichen Kräften einfach durchzuführen. Also einen Raum in Besitz zu nehmen vonseiten der Europäischen Union, ihn zu sichern, dort auch Versorgungseinrichtungen für diese Menschen einzurichten und dann diese Menschen zurückzubringen in ihre Heimatländer."
 
Wenn die nordafrikanischen Staaten das ablehnen, müsse man das Ganze mit anderen Staaten organisieren "oder in Nordafrika einen Bereich erzwingen. Dass man dort einen Bereich für die Europäische Union in Besitz nimmt und dort diese Rückführung organisiert." Auf die Frage, wie das funktionieren soll, sagte Bösch: "Praktisch natürlich mit militärischen Kräften einen Raum in Besitz nehmen, ihn sichern, dort Versorgungseinrichtungen für diese Menschen bereitstellen und sie dann in ihre Heimatländer zurückbringen (...). Eine Besetzung auf Zeit, das wird nur eine Besetzung auf Zeit sein müssen, weil wenn einmal klar ist, dass die Flucht über das Mittelmeer nicht eine Eintrittskarte nach Europa bedeutet, dann wird auch dieser Flüchtlingsstrom abebben."
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.