Im Mai 1994 quälten Gefängniswärter einen Mann aus dem ehemaligen Jugoslawien.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Österreich wegen Misshandlung eines Asylbewerbers verurteilt. Dem heute 37 Jahre alten Kläger sprachen die Straßburger Richter 10.000 Euro Schmerzensgeld zu. Gegen das Urteil einer kleinen Kammer kann Österreich binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen.
Der aus dem früheren Jugoslawien stammende Mann war im Mai 1994 in Abschiebehaft genommen worden. Dort quälten ihn zwei Wärter dem Urteil zufolge mit einem Kugelschreiber, dessen Spitze sie ihm hinter dem Ohr in die Haut bohrten. Außerdem schleiften sie den Mann über den Boden und eine Treppe hinab. Drei Tage später stellten Besucher des Inhaftierten Spuren der Misshandlung fest und benachrichtigten den Gefängnisarzt. Dieser diagnostizierte Verletzungen hinter dem Ohr und am Rücken.
Verstoß gegen Artikel 3
Eine Beschwerde des Asylbewerbers
vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wurde 1995 abgewiesen - mit dem
Argument, die "Disziplinarmaßnahme" gegen den widerspenstigen Häftling habe
der Hausordnung des Polizeigefängnisses entsprochen. Der Gerichtshof für
Menschenrechte rügte das Vorgehen der Wärter hingegen als Verstoß gegen
Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtkonvention, der Folter und
menschenunwürdige Behandlung untersagt.
Als erschwerend wertete das Gericht, dass sich der Mann zum fraglichen Zeitpunkt seit drei Wochen in Hungerstreik befand und geschwächt war. Dennoch sei ihm zunächst ärztliche Behandlung verweigert worden. Der Kläger war 1994 wegen Haftunfähigkeit entlassen worden. Später erhielt er in Österreich politisches Exil.