Der Mega-Prozess sollte eigentlich am 12. Dezember starten.
Die Generalprokuratur hat an den Obersten Gerichtshof (OGH) eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gerichtet, um die Frage der Richterin-Zuständigkeit im Villa-Esmara-Prozess prüfen zu lassen. Damit wackelt der für 12. Dezember geplante Beginn des Buwog-Prozesses, denn die OGH-Entscheidung könnte die Zuständigkeit der derzeitigen Buwog-Richterin kippen.
Dann würde statt Marion Hohenecker eine neue Richterin oder ein Richter für den Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser u. a. zuständig werden. "Es liegt im Interesse aller Beteiligten, diese Frage vor Prozessbeginn zu klären", sagte der Sprecher der Generalprokuratur, Martin Ulrich, Mittwochvormittag gegenüber der APA. Die Dringlichkeit der Angelegenheit sei wohl allen Beteiligten in der Justiz bewusst.
Rechtsfrage
"Verbunden" sind der Villa-Esmara-Prozess und der Buwog-Prozess durch Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics, der in beiden Verfahren angeklagt ist. Dadurch wurde auch Richterin Marion Hohenecker, die schon bei der Villa Esmara die Richterin von Petrikovics war, für das Buwog-Verfahren mit insgesamt 15 Angeklagten zuständig. Seit Monaten bereitet sich die Richterin auf den Mega-Prozess vor.
Allerdings urteilte Hohenecker in erster Instanz im Villa-Esmara-Prozess nicht über Petrikovics, weil er verhandlungsunfähig war. Der von ihr Verurteilte mitangeklagte Ronald Leitgeb hat gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt, das Urteil wurde aufgehoben und eine andere Richterin, Caroline Csarmann, wurde in erster Instanz neu für Leitgeb zuständig.
Nun stellt sich die Rechtsfrage, ob über die beiden Angeklagten - Leitgeb und Petrikovics - dasselbe Gericht urteilen soll, oder ob Petrikovics bei Hohenecker bleibt, während Leitgeb vor die neue Richterin treten muss. "Die Generalprokuratur ist der Ansicht, ein Schöffensenat sollte über beide entscheiden", sagte Ulrich zur APA. Der OGH entscheide natürlich unabhängig über diese Rechtsfrage.
Die Frage der Richterin-Zuständigkeit wurde bereits vom Verteidiger des Buwog-Angeklagten Ernst Plech vor den Verfassungsgerichtshof getragen, der den Antrag jedoch aus formalen Gründen zurückwies und nicht inhaltlich prüfte. Einige Verteidiger haben bereits angekündigt, das Thema im Buwog-Prozess wieder aufzubringen - das damit wie ein "Damoklesschwert" über dem Prozess hängen würde.
Weitreichende Konsequenzen
Sollte der OGH der Rechtsmeinung der Generalprokuratur folgen - was er in vielen Fällen tut - würde das wohl weitreichende Konsequenzen für das Buwog-Verfahren haben. Vorsichtig formuliert der Jurist, dass man dadurch "eine allfällige Wirkung auf die Buwog-Zuständigkeit nicht ausschließen kann". Im Wiener Straflandesgericht müsste die Zuständigkeit der Richterin neu geprüft und entschieden werden.
Dann wäre das jüngere Verfahren, also die Buwog, mit dem älteren Verfahren, der Villa Esmara, zu verbinden - und durch den gemeinsamen Angeklagten Petrikovics würde wohl Richterin Csarmann auch für die Buwog zuständig, meinen Beobachter.
Der Prozessbeginn im Buwog-Verfahren ist für den 12. Dezember angesetzt, Beobachter rechnen mit einer rund ein Jahr dauernden Hauptverhandlung im Wiener Straflandesgericht. Sollte Hohenecker die Zuständigkeit verlieren und ein anderer Richter den Prozess führen, dann würde dies den Prozessstart wohl einige Monate lang verzögern. Eine Klärung der Frage vor Buwog-Prozessstart würde allerdings alle Beteiligten vor Unsicherheit und auch den mit einer allfälligen Prozesswiederholung verbundenen hohen Kosten bewahren.