Die Chronolgie

Elsners 1608 Tage im Knast sind vorbei

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Die Chronologie des Elsner-Dramas: Sechs Jahre im Zeitraffer.

Helmut Elsner kann mit 76 Jahren wieder ungesiebte Luft atmen. Sechseinhalb Jahre ist es her, dass in den USA der Broker Refco Konkurs anmelden musste - und damit den Hauptgläubiger BAWAG (fast) mit nach unten zog. In Folge wurde bekannt, dass die Geschäfte der BAWAG mit Refco zur Verschleierung von Spekulationsverlusten dienten. Elsner, für manche ein "Bauernopfer", wanderte als einziger aller in Österreich Beteiligten hinter Gitter - und steht nun aufgrund seines schwer angeschlagenen Gesundheitszustandes vor der Enthaftung. Im folgenden eine Chronologie der Ereignisse, die die Republik in Atem hielten.

November 2005 - Die Wiener Staatsanwaltschaft nimmt in der Causa BAWAG-Refco Ermittlungen wegen Verdachts auf Untreue auf. BAWAG-Generaldirektor Johann Zwettler tritt per Jahresende 2005 zurück, sein Nachfolger an der Bankspitze wird der nunmehrige Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) Ewald Nowotny.

März 2006 - Die Finanzmarktaufsicht zeigt Elsner, Zwettler, den Spekulanten Wolfgang Flöttl und die mittlerweile abgelösten BAWAG-Vorstände an. Der ÖGB beschließt, die BAWAG zu verkaufen.

Juni 2006 - Die BAWAG kauft sich in einem 625 Mio. Dollar teuren Vergleich von Klagsrisiken in den USA im Refco-Konkurs frei.

September 2006 - Elsner wird in Südfrankreich in seiner Villa wegen Fluchtgefahr verhaftet und gegen eine Mio. Euro Kaution wieder freigelassen.

Dezember 2006 - Die BAWAG wird vom ÖGB an ein Konsortium unter Führung des US-Fonds Cerberus für 3,2 Mrd. Euro verkauft.

Februar 2007 - Elsner wird in Frankreich verhaftet und per Flugzeug nach Wien gebracht. Zuvor hatten Kardiologen aus Österreich und Frankreich den damals 71-jährigen untersucht und für transportfähig befunden. Elsner wird im AKH einer Dreifach-Bypass-Operation am Herzen unterzogen.

März 2007 - In einer über 100 Seiten starken Anklageschrift wird Elsner und Zwettler, dem früheren BAWAG-Aufsichtsratspräsidenten und ÖGB-Finanzchef Günter Weninger, Flöttl, den ehemaligen BAWAG-Vorstandsmitgliedern Peter Nakowitz, Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker sowie dem Bilanzprüfer von der KPMG, Robert Reiter, der die Jahresabschlüsse der BAWAG geprüft hatte, in abgestufter Form Untreue, schwerer Betrug und Bilanzfälschung vorgeworfen. Die Prozessführung obliegt Richterin Claudia Bandion-Ortner, die später auf einem ÖVP-Ticket zur etwas glücklosen Justizministerin aufsteigen sollte und mittlerweile den Ministerstuhl wieder räumen musste.

Mai 2007 - Die Staatsanwaltschaft bringt gegen Elsner eine neue Anklage ein, ihm wird wegen eines Geldgeschenks an Ex-Konsum-Chef Hermann Gerharter Untreue vorgeworfen, auch Gerharter und Nakowitz werden angeklagt.

Juli 2007: Am 1. Tag im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts sitzen erstmals die neun Angeklagten vor Bandion-Ortner. Alle Angeklagten bekennen sich "nicht schuldig" im Sinne der Anklage.

November 2007: Ex-BAWAG-Chef Zwettler legt als erster Angeklagter ein Teilgeständnis ab.

Februar 2008: Staatsanwalt Georg Krakow verschärft die Anklage: Elsner wird nun auch Untreue bezüglich der "Karibik 1"-Geschäfte vorgeworfen, das Schadensausmaß erhöht sich von 1,442 auf 2,5 Mrd. Euro.

Juli 2008: Am 117. Tag der Verhandlungen werden alle neun Angeklagten vom Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Bandion-Ortner schuldig gesprochen, acht erhalten Haftstrafen. Bis auf Elsner hat aber keiner von Ihnen ein Gefängnis von innen gesehen. Lediglich Ex-BAWAG-Vorstand Christian Büttner erhält nur eine bedingte Strafe. Der Hauptangeklagte Elsner wird zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Zwettler erhält fünf Jahre Haft, Nakowitz vier Jahre. Für Flöttl werden von zweieinhalb Jahren Haft zehn Monate unbedingt ausgesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Angeklagten legen Rechtsmittel ein.

September 2010: Das Wiener Straflandesgericht lehnt Elsners Antrag auf Fußfessel ab, die Fluchtgefahr bestehe bei dem 75-jährigen U-Häftling weiterhin.

Oktober 2010:  Die Generalprokuratur "zerpflückt" in ihrer 328 Seiten starken Stellungnahme das erstinstanzliche Urteil im BAWAG-Prozess. "Mängel an den Feststellungen" in Bandion-Ortners Urteil veranlassen die Behörde, bei allen Angeklagten die Aufhebung des Strafausspruchs zu empfehlen.

November 2010: Auch das Oberlandesgericht lehnt eine Enthaftung Elsners unter Einsatz der elektronischen Fußfessel ab, Elsner bleibt weiter als einziger der neun Angeklagten in U-Haft.

Dezember 2010: Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat der Nichtigkeitsbeschwerde von Elsner gegen seine erstinstanzliche Verurteilung teilweise stattgegeben. Das Urteil wurde in erheblichen Teilen aufgehoben. Trotzdem wird die zehnjährige Haft bestätigt.

Mai 2011: Elsner blitzt mit seiner Beschwerden vor Menschenrechtsgerichtshof ab. Die 15-monatige Untersuchungshaft des Ex-Bankers sei gerechtfertigt gewesen, urteilten die Straßburger Richter.

7. Juli 2011: Helmut Elsner ist laut einer Gerichtsentscheidung "derzeit strafvollzugsuntauglich". Mit einer Enthaftung wird am morgigen Freitag gerechnet, sollte die Staatsanwaltschaft nicht noch ein Rechtsmittel einlegen.

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