So wählten 427 Mio. Europäer

Rechtsruck in Europa

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Die Europäische Volkspartei hat die Wahl gewonnen. Jetzt Kampf um Kommissionschef.

Bisher hatten die konservativen Parteien mit den Sozialdemokraten Europas eine deutliche Mehrheit im Europaparlament. Dieser Vorsprung ist nach der Schicksalswahl weg. Erstmals in der Geschichte verfügen sie in der EU-Volksvertretung über keine Mehrheit mehr. Die EVP, zu der auch die Österreichische Volkspartei gehört, hat gewonnen, kommt künftig auf 173 Mandate (bisher 217 Sitze), die Sozialdemokraten auf 147 (bisher 189). Beide Fraktionen haben aber merkbare Verluste hinnehmen müssen.

Jetzt startet der Kampf um den Posten des EU-Kommissionspräsidenten.

Wer löst Jean-Claude Juncker als Chef ab?

Favorit für den neuen Kommissionschef ist Manfred Weber, Spitzenkandidat der EVP. Der deutsche Politiker ist aber noch lange nicht am Ziel. Europas Sozialdemokraten wollen ihren Spitzenkandidaten Frans Timmermans zum Nachfolger von Juncker als EU-Kommissionschef machen.

Rechtsruck in Europa
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Rechtsruck

Die größte Angst vor der Schicksalswahl war aber: Wie weit rutscht Europa nach rechts? Trotz großer Zugewinne der Rechten und EU-Kritiker wie Nigel Farage in Großbritannien ist aber weiter eine deutlich pro-europäische Mehrheit vorhanden.

Am bemerkenswertesten am Vormarsch der Rechten ist der Sieg von Marine Le Pen in Frankreich. Erst lag sie Kopf an Kopf mit Präsident Macron. Am Wahltag zog sie mit ihrem rechten Bündnis an Macron vorbei (siehe rechts). Frankreichs Präsident wird den Führungsanspruch in Europa verlieren.

Den größten Vorsprung aller Rechtsparteien in Europa erzielte Ungarns Viktor Orbán: Seine Fidesz-Partei kam auf 53 Prozent. In Italien fuhr Lega-Chef Matteo Salvini den erwarteten Sieg ein: 27 bis 31 Prozent.

Den deutlichsten Sieg der Sozialdemokraten erzielte Pedro Sánchez in Spanien: 33 Prozent. Die Konservativen stürzten ab: 20 Prozent.

Schock: Le Pen siegt klar vor Präsident Macron

Präsident Macron ist nicht mehr Mister Europa: Marine Le Pen, Frontfrau des rechten Parteibündnisses Rassemblement National, hat deutlich mehr Stimmen geholt als Macron. An dritter Stelle landeten die Grünen mit 13 Prozent. Das Wahlergebnis dürfte Macron weiter schwächen. Gegen die seit sechs Monaten anhaltenden Gelbwestenproteste fand er kein Rezept. Auch wird die Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich, die als Motor der 
EU galt, deutlich geschwächt.

Die konservativen Republikaner kamen laut TV-Sender France 2 auf 8,3 Prozent. Dahinter landeten die Parti Socialiste und die linke und europakritische La France insoumise abgeschlagen mit 6,7 Prozent.

So hat Frankreich gewählt

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Matteo Salvini: Star der Rechten in Europa

Bei der Europawahl 2014 kam die Lega von Matteo Salvini auf lediglich 6,15 Prozent. Jetzt der Erdrutsch: Laut Exit-Polls, die um 23 Uhr von RAI veröffentlicht wurden, sollte die Lega 31 Prozent der Stimmen erobern. Die oppositionelle Demokratische Partei (PD – Partito Democratico) dürfte zwischen 21 und 25 Prozent der Stimmen erhalten haben. Die mit der Lega regierende Fünf-Sterne-Bewegung landete nur an dritter Stelle, dürfte zwischen 18,5 und 22,5 Prozent der Stimmen bekommen haben. Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi stürzte auf 12 Prozent ab.

Salvini ist auch Wortführer des europaweiten rechten EU-Bündnisses. Teil der extrem EU-kritischen Vereinigung ist auch die FPÖ und Marine Le Pens Rassemblement National und die AfD.

So hat Italien gewählt

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Wahl-Debakel für Merkel

Schock-Ergebnis für Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel. Ihre Große Koalition wurde bei der EU-Wahl regelrecht abgestraft. Die Unionsparteien CDU

CSU kommen laut Hochrechnung nur noch auf 28,8 Prozent. Verheerend das Ergebnis für die SPD: Sie kommt nur noch auf 15,5 Prozent, das reicht nur für Rang drei. Die Diskussionen um die Große Koalition werden in Berlin nun erneut aufflammen.

Triumph. Großer Wahlsieger sind die Grünen. Sie sind zweitstärkste Kraft, fahren mehr als 20 Prozent der Stimmen ein. Es ist das beste Ergebnis der deutschen Grünen bei landesweiten Wahlen. Die rechte AfD erreichte ein schwächeres Ergebnis als nach Umfragen erwartet, kommt auf 10,8 Prozent.FDP und Linke landeten mit jeweils 5,4 Prozent dahinter. Die Wahlbeteiligung stieg um mehr als 13 Prozent auf 61,5 Prozent.

So hat Deutschland gewählt

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Farage: Durchmarsch der EU-Hasser

Obwohl sie aus der EU rauswollen, haben die Briten gewählt. Es wurde zum fulminanten Wahlsieg für EU-Hasser Nigel Farage und seiner Brexit-Partei: Sie kam auf 31 Prozent der Stimmen. An zweiter Stelle landete laut Hochrechnung die Labour-Opposition (19,1 Prozent) und die Liberaldemokraten (19Prozent).

Fürchtlich abgeschlagen landeten die konservativen Tories nur an vierter Stelle. Da half es auch nichts, dass (noch) Parteichefin Theresa May tränenreich ankündigte, am 7. Juni zurücktreten zu wollen. Farage wird nun mit zumindest 25 Mandaten ins EU-Parlament einziehen. Endgültig ausscheiden aus der EU wollen die Briten nun am 31. Oktober.

 

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