ÖSTERREICH-Interview

Kern: "Mit unserem Land spielt man nicht"

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Im Interview mit ÖSTERREICH sagt Kanzler Christian Kern seine Pläne an.

ÖSTERREICH: Werden Sie um jeden Preis eine Mehrheit gegen Neuwahlen suchen, oder können Sie sich doch einen gemeinsamen Neuwahlantrag mit der ÖVP vorstellen?

Christian Kern: Für mich ist im Moment eines wichtig: Finden wir Mehrheiten für die vereinbarten Maßnahmen? Es steht ja viel an – Bildungsreform, Senkung der Lohnnebenkosten, 20.000 neue Jobs für ältere Langzeitarbeitslose, Steuerentlastung für die Mittelschicht. Da können und werden wir jetzt nicht Monate warten, nur weil Sebastian Kurz nicht mehr will. Die Situation stellt sich ja so dar: Einer bekommt Neuwahlen, und 350.000 Menschen, die unter 1.500 Euro monatlich ver­dienen, bekommen keinen Mindestlohn. Einer bekommt Neuwahlen, und 20.000 Menschen über 50 Jahre, die seit einem Jahr auf einen Job warten, bekommen wieder keine Chance.

ÖSTERREICH: Werden Sie nach einem Neuwahlantrag die ÖVP-Minister entlassen?

Kern: Ich habe gelernt, dass in der Politik die Dinge etwas anders laufen. In einem Unternehmen wäre es undenkbar, dass ein leitender Angestellter sagt: „Ich will hier nicht mehr arbeiten, aber die nächsten fünf Monate will ich weiter alle Benefits – vom Dienstauto zum Sekretariat.“ Mein Angebot an Sebastian Kurz und die ÖVP war weitreichend: Setzen wir das Regierungsprogramm um, und machen wir jene großen Reformen, die wichtig wären. Dieses Angebot wurde ausgeschlagen. Aber hier geht es nicht um einen egoistischen Poker – hier geht es um Österreich. Und mit unserem Land und seinen Menschen spielt man nicht.

ÖSTERREICH: Sie wollen sich wechselnde Mehrheiten suchen. Welche Vorhaben sind Ihnen besonders wichtig?

Kern: Das ist eine wichtige Frage – auch an die Oppositionsparteien: Da gibt es eine Verfahrensordnung und da endet die Zeugenbefragung mit dem Neuwahlantrag. Mir ist wichtig, dass der Trend – also besser beim Wirtschaftswachstum und eine sinkende Arbeitslosigkeit – fortgesetzt wird. Da bin ich Reinhold Mitterlehner auch dankbar, dass er am Freitag das Lehrlingspaket freigegeben hat. Während das Finanzministerium den Beschäftigungsbonus – also eine Lohnnebenkostensenkung für Unternehmen beim Schaffen neuer Jobs – verhindert hat. Zwei Milliarden Euro für Tausende neue Jobs nimmt man nicht in politische Geiselhaft.

ÖSTERREICH: Ist eine Neuauflage von Rot-Schwarz nach der Wahl vorstellbar?

Kern: Für mich ist viel vorstellbar, aber entscheidend ist: Wem ist das Land das große Anliegen? Da werden wir schauen, wer nach den Wahlen der richtige Partner ist.

ÖSTERREICH: Waren Sie mit dem Idi-Amin-Vergleich Ihres Sohnes glücklich?

Kern: Die ÖVP hat meinen Sohn zum Regierungsstürzer hochhysterisiert und ihn auf das Cover von Zeitungen gezerrt. Das war seine Reaktion, die ihn offenkundig selbst nicht glücklich gemacht hat, denn er hat den Tweet nach einigen Minuten gelöscht. Aber ich sage Ihnen auch: Als Familienvater von vier Kindern habe ich das immer so gehandhabt: Wenn es etwas mit den Kindern zu besprechen gibt, dann im Wohnzimmer. Ich finde es letztklassig, wenn manche glauben, im Wahlkampf meine Familie angreifen zu können. Das ist niveaulos und unanständig.W. Schima

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