In ÖSTERREICH macht Kogler klar: Hass-Welle gegen Zadic will er nicht länger hinnehmen.
Wien. Im Talk mit ÖSTERREICH erzählt der neue Vizekanzler Werner Kogler über seine ersten 100 Tage.
ÖSTERREICH: Haben Sie sich schon daran gewöhnt, Vizekanzler genannt zu werden?
Werner Kogler: Vizekanzler genannt zu werden, ist schräg für mich. Verantwortungsträger ist ein Begriff, mit dem ich mich wohlfühle, Amtsträger klingt für mich seltsam.
ÖSTERREICH: Sind Sie bewusst als erstes Regierungsmitglied ohne Krawatte zur Angelobung gegangen?
Kogler: Mir war das nicht bewusst, dass ich das erste Regierungsmitglied war. Ich bleibe so, wie ich bin. Früher hatte ich schon auch Krawatten getragen, in den letzten Jahren nicht mehr. Ich fühle mich in Jeans besser, aber ich habe bewusst einen Anzug angezogen.
ÖSTERREICH: Mitterlehner hatte nach einer Regierungserklärung vom „Zauber des Anfangs“ geredet. Was wollen Sie Kurz nach dessen Regierungserklärung heute sagen?
Kogler: Wir haben lange sondiert, da kann man nicht mehr von Anfang reden. Und Zauber, da fällt mir der Zauberlehrling ein, das ist nie gut. Die ÖVP und wir sind so unterschiedlich und haben es doch gewagt, das ist das Neue: aus Verantwortung für Österreich. Möge die Übung gelingen.
ÖSTERREICH: Was soll nach den ersten 100 Tagen über Türkis-Grün gesagt werden?
Kogler: Dass wir ins Tun gekommen sind. Dass wir ein erstes Budget beschlossen haben, in dem bereits kleinere finanzielle Umschichtungen und Maßnahmen gesetzt werden, die größeren Vorhaben werden erst ab 2021 kommen können. Wir sollten in den ersten 100 Tagen einiges auf den Weg bringen: Gerade im Pflegebereich muss man den Betroffenen rasch Perspektiven geben. Wir sind als Grüne auch dafür, die Ausbildung der Polizei zu verbessern und mehr Kräfte einzusetzen. Auch erste frauenpolitische Maßnahmen – mehr Hilfe für Einrichtungen, die Frauen vor Gewalt schützen – sind wichtig. Und wir sollten auch schon beginnen, das Öffi-Ticket vorzubereiten, mit dem man um 3 Euro pro Tag durch ganz Österreich fahren kann.
Video zum Thema:
Hasswelle gegen Justizministerin Zadic
ÖSTERREICH: Hat Sie die Hass-Kampagne gegen Alma Zadic überrascht?
Kogler: Leider nicht, weil Frauen insgesamt stärker mit Hass im Netz konfrontiert sind. Dann kommt bei ihr der Migrationshintergrund dazu und, dass sie eine junge erfolgreiche Frau ist. Entscheidend ist, dass es ausreichend Solidarität gibt, die ich in ihrem Fall auch sehe. Wir werden uns zur Wehr setzen. Das hatten wir schon früher, siehe unsere erfolgreiche Klage gegen Facebook, und das werden wir fortsetzen.
ÖSTERREICH: Kurz solidarisiert sich mit Zadic, sagt aber, das müsse man aushalten …
Kogler: Müssen ist nicht der richtige Begriff. Man ist damit konfrontiert, aber es ist eine individuelle Sache, wie man damit umgeht. Mann
Frau sollte dem nicht ausgesetzt werden. Wehret den Anfängen.
Isabelle Daniel