VP-Chef im großen Interview

Kurz: 'Im Wahlkampf wird mit Dreck geworfen'

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Der VP-Chef zwischen Berlin, Ländertouren und einem Ausflug ins Silicon Valley.

Ein Abstecher nach Berlin, um Kanzlerin Angela Merkel und die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu treffen. Ein großes Wahlkampffest mit 1.500 Anhängern in Korneuburg. Keine Frage, Sebastian Kurz ist derzeit im Dauer-Wahlkampf. Immerhin will er seinen satten Umfragevorsprung – derzeit liegt seine ÖVP bei 37 Prozent – halten. Und dabei setzt der Ex-Kanzler, der nach dem 29. September wieder Kanzler werden will, auf einen Mix aus Ländertour und internationalen Terminen.

In der letzten Juliwoche will der Türkise denn auch nach Kalifornien reisen. Zunächst will er dort privat ein paar Tage entspannen. Danach geht es offiziell weiter ins Silicon Valley. Dort will er dann Internetgiganten wie Netflix besuchen , bevor er wieder on tour geht.

Kurz: "Die Personaldeals im Hinterzimmer à la Macron lehne ich ab."

ÖSTERREICH: Sie haben Merkel und von der Leyen in Berlin getroffen. Warum haben CDU und EVP letztlich Weber für Ursula von der Leyen fallen gelassen?

Sebastian Kurz: Es hatten einige Sozialdemokraten, aber auch Emmanuel Macron die Absicht, das Spitzenkandidatensystem zu zerstören. Sie hatten auf Personaldeals in Hinterzimmern gesetzt. Diese Vorgangsweise lehne ich klar ab. Sie schadet auch der EU. Aber Ursula von der Leyen ist eine bessere Entscheidung als der Wahlverlierer Frans Timmermans, der dann zur Debatte stand. Denn Timmermans hätte aufgrund seiner wirtschaftspolitischen Vorstellungen, aber auch bezüglich seiner Zuwanderungspolitik einen Linksruck in der EU bedeutet. Und das hatten die Menschen erst recht nicht gewählt.

ÖSTERREICH: Frau von der Leyen sei „eine bessere Wahl als Timmermans“ klingt aber nicht gerade begeistert, nicht?

Kurz: Es ist bekannt, dass ich immer Manfred Weber unterstützt habe. Wer die Wahl, wie er, gewonnen hatte, hätte auch die Verantwortung in der EU erhalten sollen. Aber von der Leyen wird sicher die Inhalte vertreten für die, die EVP gewählt haben.

ÖSTERREICH: Sie haben von der Leyen ein Gespräch mit Kanzlerin Bierlein empfohlen. Ein guter EU-Kommissarsposten für Österreich wird schwer, oder?

Kurz: Viele Verhandlungen sind schon gelaufen. Ich weiß, wovon ich spreche. Und da haben sich einzelne EU-Staaten bereits starke Portfolios gesichert. Ich hoffe, dass eine verantwortungsvolle Aufgabe für Österreich übrig bleibt.

ÖSTERREICH: Sie reden in Österreich derzeit verstärkt über Klimapolitik. Kritiker kaufen Ihnen nicht ab, dass dieses Klimaengagement ernst sei. Wieso haben Sie das Thema jetzt entdeckt? Wegen dem Umfrageerfolg der Grünen?

Kurz: Nein, für uns war Klima- und Umweltpolitik immer ein wichtiges Thema. Aber im Unterschied zu den Grünen war es nicht unser einziges Thema. Uns sind viele Themen – etwa auch eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts, der Kampf gegen illegale Migration und ein gutes, würdiges Pflegesystem – wichtig, aber eben auch eine ökosoziale Marktwirtschaft, die wir immer vertreten hatten.

ÖSTERREICH: Sie waren eigentlich ein Verfechter von Freihandelsabkommen. Jetzt warnen Sie vor dem EU-Mercosur-Abkommen. Wieso?

Kurz: Ich bin weiterhin ein Befürworter von Freihandel, aber so wie das Abkommen ausschaut, wäre es kein gutes Abkommen für Österreich. Mit Österreich wird es kein Billigfleisch aus Südamerika geben. Wir setzen uns für die Erhaltung unserer europäischen Standards bei Umweltschutz, Tierschutz und Lebensmittelqualität ein. Außerdem müssen wir unserer heimischen Landwirtschaft den Rücken stärken und die europäischen Mittel für eine nachhaltige Produktion von Lebensmitteln in Europa auch in Zukunft sicherstellen.

ÖSTERREICH: SPÖ und FPÖ haben im Parlament ein Verbot von Großspenden durchgesetzt. Das richtet sich in erster Linie gegen die ÖVP, oder?

Kurz: Wir haben kein Problem damit, wenn es keine Spenden mehr an Parteien gibt. Was mich stört, ist, dass SPÖ und FPÖ das verhindert haben, was die Neos und wir wollten: nämlich die Parteiförderung, die die höchste in Europa ist, zu kürzen. Und, was mich stört, ist, dass SPÖ und FPÖ weiterhin intrans­parente Vereinsstrukturen ermöglichen. Und die Rechte des Rechnungshofes nicht ausbauen wollten.

ÖSTERREICH: Laut unserer Umfrage liegen Sie mit 37 Prozent klar vorne. Sie haben bei Ihrem Wahlkampf-Fest Ihre Anhänger ja aufgerufen zu rennen. Besorgt?

Kurz: Ich bin natürlich dankbar über diesen Rückenwind. Aber am Ende zählen nicht Umfragen, sondern der Wahltag am 29. September.

ÖSTERREICH: Sie befürchten einen brutalen Wahlkampf. Wieso?

Kurz: Aufgrund der kritischen Situation von SPÖ und FPÖ fürchte ich, dass diese nicht mit eigenen Positionen wahlkämpfen, sondern dass mit viel Dreck geworfen wird. Ich kann die Menschen nur bitten, nicht alles zu glauben, was sie hören.Isabelle Daniel

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