Wahl-Beben in NÖ

Kommt jetzt die ''Koalition der Verlierer''?

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Nach der geschlagenen Landtagswahl in Niederösterreich sehen Experten eine Koalition aus ÖVP und SPÖ als am wahrscheinlichsten an.

"Eine Koalition, die die FPÖ dann als 'Koalition der Verlierer' darstellen kann", sagte der Politikberater Thomas Hofer am Wahlabend im Gespräch mit der APA. Die Schuld an dem historisch schlechtesten Ergebnis der ÖVP NÖ ist für Meinungsforscher Peter Hajek zum Teil hausgemacht, vieles liege aber auch "außerhalb ihrer Hemisphäre".

Der niederösterreichischen Volkspartei sei es nicht gelungen, die Vertrauensverluste "nach dem Sturz des türkisen Projekts" wieder wett zu machen, so Hajek. Größter eigener Fehler sei ein strategischer gewesen: Hätte man wie die Tiroler Volkspartei die Wahl nach vorne legen lassen, wäre die Niederlage deutlich niedriger ausgefallen, ist sich Hajek sicher. "Im September war die Teuerung nicht so stark, das Thema Asyl fast gar nicht am Parkett und die Affäre um den ORF Niederösterreich gab es auch nicht".

Aber auch bei der Themenlage habe man sich vergriffen. Die ÖVP setzte auf "Law & Order" und Asyl, Themen die mittlerweile von der FPÖ besetzt seien. Dieser spielte im Wahlkampf die Themenlage um Migration und Teuerung in die Karten, man habe die Situation bestens ausgenutzt. Ihr sei es endgültig gelungen, von einer "fast monothematischen, zu einer Partei zu werden, die viele Themen abdeckt". Ein "Treppenwitz der Geschichte" ist für Hofer, dass die FPÖ auch trotz Ibiza und der Grazer-Affäre mit dem Thema Korruption punkten konnte.

Für die ÖVP schmerze am meisten, das "geheime Wahlziel", den fünften Regierungssitz zu halten, verpasst zu haben, so Hofer. Dass an Johanna Mikl-Leitners (ÖVP) Landeshauptfrausessel gesägt wird, glauben weder Hofer noch Hajek. Die ÖVP wird "die Macht erstmals teilen müssen", und das wohl mit der SPÖ, sind sich die beiden Experten einig. Würde die SPÖ Udo Landbauer (FPÖ) zum Landeshauptmann machen, so würde es sie "im Bund und im Land zerreißen", sagte Hofer. Für eine Koalition aus ÖVP und SPÖ gäbe es auch Unterstützung von Grün und NEOS.

Davon, dass die ÖVP die Mehrheit im Landtag verlieren würde, sei auszugehen gewesen, betonte Hofer. "Immerhin ist aber das schwarze Horrorszenario einer rot-blauen Mehrheit ausgeblieben".

Die SPÖ müsse sich hingegen langsam die Frage stellen, ob man mit dem derzeitigen Kurs bei der Nationalratswahl Stimmen gewinnen könne. Trotz drastischer Niederlage der Volkspartei und einer Themenlage, die mit der massiven Teuerungswelle im vergangenen Jahr "ein Urthema der SPÖ" abdeckt, Stimmenverluste einzufahren, werde auch der Parteispitze zu denken geben, sind sich die Experten einig. "Die Wahlmotive haben gezeigt, dass selbst die Teuerungsbekämpfung eher mit der FPÖ als mit den Sozialdemokraten in Verbindung gebracht wird", so Hajek.

Für die Grünen und die NEOS war Niederösterreich immer ein schwieriges Kampagnenumfeld, sagte Hofer. Dass man Klubstatus erreicht und leichte Zugewinne einfährt, wird für "leichtes Durchatmen im grünen Vizekanzleramt" sorgen, "grüne oder pinke Bäume werden aber auch in Niederösterreich nicht in den Himmel wachsen".

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