Meinl-Reisinger und Strolz

Nach Rücktritt

Meinl-Reisinger wird NEOS-Chefin

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Der scheidende Neos-Chef spricht sich für Beate Meinl-Reisinger als Nachfolgerin aus.

Jetzt ist es fix: Wie oe24 erfuhr, wird Beate Meinl-Reisinger neue Chefin der NEOS. Das haben mehrere hochrangige NEOS-Politiker gegenüber oe24 bestätigt. Am Mittwoch um 11 Uhr wird sie gemeinsam mit dem scheidenden NEOS-Chef Matthias Strolz eine gemeinsame Pressekonferenz in Wien geben (oe24.TV überträgt LIVE).

In einem internen Mail verkündete Meinl-Reisinger ihre Entscheidung als Nachfolgerin anzutreten gegenüber ihren Parteifreunden. "Ich möchte euch hier VOR der Öffentlichkeit darüber informieren, dass ich mich entschlossen habe mich für die Nachfolge von Matthias als Bundesvorsitzende zu bewerben", heißt es darin. Die Nachricht vom Rücktritt Strolz' habe bei ihr viele Emotionen ausgelöst. "Natürlich Schock und Trauer, ich spüre aber auch Zuversicht und starkes Vertrauen in NEOS. Das berührt mich sehr und zeigt mir auch die Kraft unserer Bewegung", so Meinl-Reisinger in dem internen Schreiben.

Vor der Entscheidung Strolz' habe sie "tiefen Respekt". Zudem sei sie "voller Dankbarkeit für seine Kraft und Stärke, mit der er NEOS geprägt hat", schreibt Meinl-Reisinger.

 

 

Strolz gab bereits "persönliche Empfehlung" ab

Der scheidende NEOS-Chef Matthias Strolz hat bereits vor den Gremien am Mittwoch eine "persönliche Empfehlung" für Beate Meinl-Reisinger als Nachfolgerin abgegeben. "Ja, sie ist meine Favoritin", sagte Strolz Dienstagabend im Gespräch mit Journalisten. "Ich habe das klare Bild, dass sie die größte Kraft hat, die Nachfolge optimal anzugehen", so Strolz. "Wenn sie aufsteht, werde ich das großartig finden."

Mittwochfrüh tagt der erweiterte Vorstand, um sich mit der Nachfolge des Parteichefs auseinanderzusetzen. Formal wird der neue Parteichef von der Mitgliederversammlung am 23. und 24. Juni gewählt, bewerben kann sich bis 9. Juni theoretisch jeder. Die derzeitige Wiener NEOS-Chefin Meinl-Reisinger galt von Anfang an als logische Nachfolgerin von Strolz.

 

Video zum Thema: NEOS: Weichenstellung für die Zukunft

 

Auch immer wieder "Reibung"

Strolz räumte im Gespräch mit Journalisten zwar ein, dass es zwischen ihm und Beate Meinl-Reisinger durchaus auch immer wieder "Reibung" gegeben habe - "ich kann berichten, dass die schon ihre Frau steht". Gleichzeitig lobte er seine Favoritin für seine Nachfolge an der Partei- und Klubspitze in höchsten Tönen: "Ich find' sie großartig."

Meinl-Reisinger sei eine "großartige Kommunikatorin" und habe als Wiener NEOS-Chefin auch bewiesen, dass sie eine Organisation zum Wachstum bringen könne. Die 40-Jährige sei ein "politischer Kopf durch und durch" und "ein Stachel im Fleisch - kann ich aus eigener Erfahrung berichten", sieht Strolz optimale Voraussetzungen für die Leitung der Oppositionspartei.

Strolz: Er allein ist nicht NEOS

Die Rolle des "Oppositionsführers" werde seine Nachfolge - formal entscheidet eine Mitgliederversammlung - mindestens so gut machen wie er, gab sich Strolz überzeugt. Seine Person allein sei nicht NEOS, er könnte sofort zehn ministrable Persönlichkeiten bei den NEOS nennen, und diese sollten nun vermehrt in den Vordergrund treten, sah er durch seinen am Montag überraschend angekündigten Rückzug kein großes Problem für die Partei. Die NEOS sollten nach der Aufbauphase nicht in die "Gründerfalle" tappen, weil etwa das Ego des Gründers zu groß werde, zählte Strolz mehrere Beispiele aus der Wirtschaft auf. "Irgendwann ist die Start-Up-Phase vorbei", es brauche einen Übergang in die nächste Phase, und "ich hab nicht vor, das zu vergeigen".

In den nächsten Wochen werde es schon noch ein paar interne Reibungen geben, erwartet Strolz, aber eine lebendige Partei brauche das auch, denn sonst sei das eine "Todesanzeige". Er habe das Gefühl, dass die Mitarbeiter auch motiviert seien für Neues. Einmal mehr meinte er, die NEOS hätten das Potenzial für 20 Prozent, in einem Zeitraum bis 2030.

Zu seinen Beweggründen für seinen anstehenden Rückzug habe er alles gesagt, was zu sagen war. Er sei "zutiefst überzeugt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist". Einmal mehr bekräftigte Strolz, dass keine interne Streiterei, keine Krankheit, kein neues Kind oder auch keine "Me Too-Affäre" hinter seinem Rücktritt stehe. Es schwirrten Gerüchte umher, etwa "Strolz wurde schmusend gesehen am Amsterdamer Flughafen", erzählte Strolz. "Das Gerücht stimmt - das war meine Frau", fügte er aber sogleich hinzu. Gewisse "Abnutzungserscheinungen" aufgrund des Alltags in der Spitzenpolitik räumte der scheidende Parteichef aber durchaus ein.

Wechsel vor dem Sommer war ihm klar

Mit Anfang des Jahres habe er jedenfalls "zunehmende Klarheit gewonnen", dass er 2018 die Übergabe angehen wolle. Die Stimmung in ihm habe sich über Monate aufgebaut, erklärte Strolz. Es sei ihm klar gewesen, dass er nicht vor der Salzburger Landtagswahl (dem letzten Urnengang heuer) gehen werde, aber zu einem Zeitpunkt, dass der Wechsel noch fristgemäß vor dem Sommer stattfinden kann.

Die Übergabe sei geordnet, betonte Strolz einmal mehr. Er habe auch mit dem Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) telefoniert, der ja gerade an einer Koalition mit Grünen und NEOS bastelt. Er habe Haslauer versichert, dass man trotz der Situation auch ausreichend Kapazitäten für die Regierungsverhandlungen habe, sagte Strolz.

Dass er sein Mandat behält und einfach leiser tritt, war für den Parteigründer keine Option: "Zum Hinterbänkler taug' ich nicht." Er werde sich nicht völlig abnabeln, sondern der Organisation verbunden bleiben. Zu seiner "politischen Schwiegermutter", LIF-Gründerin Heide Schmidt, habe er gesagt: "Ich setz' mich jetzt neben dich auf die Ahnengalerie." Seine berufliche Zukunft ließ Strolz weiter offen, vor Jahresende wolle er keine Vollzeitbeschäftigung. Eventuell werde er auch erst nächstes Frühjahr entscheiden. Er freue sich nun jedenfalls über mehr Zeit für seine Familie.

Meinl-Reisinger: Forsche Neu-40erin beerbt Strolz

Beate Meinl-Reisinger ist also die Auserkorene, die den NEOS in den kommenden Jahren zumindest das Überleben, im Bestfall weiteres Wachstum sichern soll. Dass die Wahl auf die 40-jährige Wienerin fällt, überrascht wenig. Neben Strolz gilt sie als das prominenteste Gründungsmitglied der pinken Truppe.

Dass sie bei Wahlen reüssieren kann, hat die Mutter von zwei Kindern schon bewiesen. Trotz einer für die NEOS ungünstigen Stimmungslage führte sie die Partei 2015 sicher in den Wiener Landtag. Das Ergebnis bei der vergangenen Nationalratswahl, als sie die Landesliste anführte, war freilich eher durchwachsen.
 

Nicht auf den Mund gefallen

An ihrem Selbstbewusstsein geknabbert hat das nicht. Meinl-Reisinger verzichtete auf ihr Mandat im Nationalrat, dem sie von 2013 bis 2015 bereits angehörte und wo sie sich vor allem im Kultur-Bereich Meriten holte, und warf sich zurück in die Wiener Landespolitik, wo sie nicht unerfolgreich kleinere und größere Skandale in Nahbereich der Stadt anprangerte. Zuletzt verkündete sie wortreich unter dem Motto "Ehrlich gesagt", was ihr politisch gerade nicht passt.

Auf den Mund gefallen ist die studierte Juristin soundso nicht. Selten lieblich, meist eher resch, aber angenehm offen agiert sie im politischen Geschäft, das sie in der ÖVP lernte. Unter anderem assistierte sie Othmar Karas im EU-Parlament und war Mitglied des Kabinetts von Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP).
 

Klare Nummer zwei hinter Strolz

Doch die Volkspartei wurde Meinl-Reisinger wie eben auch Strolz zu eng. Waren die NEOS vor allem in ihrer Anfangsphase eher ein Hort selbstbewusster Männer, bahnte sich Meinl-Reisinger schnell ihren Weg nach vorne. Dass sie forsch und fordernd ist, passt in der eigenen Partei nicht jedem. Dennoch war sie während der vergangenen Jahre die klare Nummer zwei hinter Strolz.

Schwierig könnte für sie werden, dass sie zumindest noch nicht über die Autorität des Parteigründers verfügt. Meinl-Reisinger steht wie Strolz eher für einen moderaten liberalen Kurs, der für den stärker werdenden wirtschaftsliberalen Flügel tendenziell zu weich ist. Hier eine Klammer zu bilden und divergierende Meinungen nicht nach außen dringen zu lassen, wird zu den größeren Herausforderungen der neuen Spitzenfrau werden.

Ein anstrengender Spagat wird für Meinl-Reisinger auch, sowohl im Bund zu reüssieren als auch die Wiener Truppe am Laufen zu halten. Durchaus möglich ist, dass sie wie Gernot Blümel (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) eine Doppelrolle in Bund und Stadt einnehmen wird. Regierungsverantwortung zu erlangen könnte in Wien für die NEOS sogar greifbarer sein als in der Bundesregierung.
 

Keine Kopie von Strolz

Für die Mehrfachaufgabe wäre die eifrige Sportlerin, die vor einigen Monaten beim Skifahren sogar eine unliebsame Begegnung mit einem Blitz hatte, durchaus geeicht. Meinl-Reisinger ist bekannt dafür, ein großes Pensum gehen zu können. Eine Kopie von Strolz wird sie mit Sicherheit nicht sein, alleine schon, weil das ihr Selbstbild nicht zuließe. Eine Chance, dass sie eine erfolgreiche Eigenmarke begründet, scheint aber gegeben.

Zur Person: Beate Meinl-Reisinger, geboren am 25. April 1978 in Wien, verheiratet, zwei Kinder. Abgeschlossenes Jus-Studium. Politische Tätigkeit u.a. als Assistentin des ÖVP-EU-Abgeordneten Othmar Karas sowie als Kabinettsmitglied bei Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP). 2012 Wechsel zu den NEOS, wo sie als stellvertretende Vorsitzende und Wiener Landeschefin dient. Von 2013 bis 2015 Abgeordnete im Nationalrat, nach erfolgreicher Spitzenkandidatur bei der Wien-Wahl Landtagsabgeordnete. Spitzenkandidatin der Wiener Landesliste bei der Nationalratswahl 2017.



 

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