Alle Jahre wieder werden zahlreiche Gesetze kurz vor dem Jahreswechsel beschlossen. Abgeordnete sind verärgert über die Gesetzesflut und werden oft zum Stimmvieh degradiert.
Für die Parlamentarier beginnen die Weihnachtsferien schon am 7. Dezember – bis Ende Jänner tagt das Plenum nicht mehr. Zuvor mussten die Abgeordneten drei Tage lang in Sitzungen bis weit nach Mitternacht 61 Gesetze beschließen. Dass sich unsere Volksvertreter dabei maximal einen groben Überblick bewahren können, liegt auf der Hand. „Die Koalition konfrontiert die Abgeordneten überfallsartig mit ewig langen Gesetzesänderungen. Zum Teil gibt es zuvor nicht einmal Beratungen im Ausschuss“, beklagt die Dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig.
Verschlafen
Die Grüne findet harte Worte für die Arbeitsweise
der Regierung, die zu dem Marathon-Kehraus zwingt: „Das ist unseriös, so
stelle ich mir das nicht vor.“ Für Glawischnig trägt der Dauer-Streit in der
Koalition die Schuld: „SPÖ und ÖVP einigen sich erst in letzter Sekunde auf
Kompromisse. Die vergangenen Monate haben sie verschlafen und nichts
beschlossen.“
ÖVP-Generalsekretär und Mandatar Hannes Missethon ficht die Kritik nicht an. „Bei den Plenartagen geht es doch nur noch um das Abstimmungsprozedere. Wir müssen jetzt viele Gesetze, die ab 1. Jänner gelten, ins Finale bringen.“
Wenig Zeit zur Geisterstunde
Hingegen zeigt
SPÖ-Familiensprecherin Andrea Kuntzl Verständnis für die Kritik der
Opposition. „Mir wären mehr Plenartage lieber – so hätten wir genug Zeit,
uns mit der Materie auseinanderzusetzen, die wir beschließen.“ Kuntzl
erinnert sich an Debatten rund um Mitternacht, wo Abgeordnete nur so kurz
reden dürfen, „dass eine Auseinandersetzung unmöglich ist“.
Durchpeitschen
BZÖ-Mann Gernot Darmann ärgert sich, dass SPÖ und
ÖVP viel zu spät über Gesetzesänderungen informieren. „Das ist unfair. Und
nur deshalb kommt es zu diesen Endlos-Sitzungen.“ Auch FPÖ-Mandatar Lutz
Weinzinger ist „unglücklich“ über das Durchpeitschen der Gesetze: „Dabei
geht doch die Aufmerksamkeit verloren.“
Tabubruch
Die Große Koalition habe für das Parlament nichts
verbessert, bilanziert Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. „Im Gegenteil,
sie pflegt einen schludrigen Umgang mit der Opposition – etwa, indem sie von
heute auf morgen die Verfassung ändert. Das macht man einfach nicht.“