Beitrittsprozess

Ukraine zur EU? Edtstadler warnt vor Doppelstandards

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Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat angesichts der Empfehlung der EU-Kommission, der Ukraine und Moldau den EU-Beitrittskandidatenstatus zu verleihen, deutlich darauf hingewiesen, dass es "keine Doppelstandards oder gar Kandidaten erster und zweiter Klasse geben darf".

 "Gerade beim Westbalkan ist die Einhaltung unserer Versprechen eine Frage der Sicherheit für Europa und eine Frage der Glaubwürdigkeit der Europäischen Union", teilte Edtstadler der APA mit.

"Dafür braucht es Kandidatenstatus für Bosnien-Herzegowina, Start der Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien und Visaliberalisierung für den Kosovo", zählte die Ministerin am Freitag auf und kündigte an, die Anträge der Ukraine, Moldau und Georgien "in den nächsten Tagen im Detail zu analysieren". Für Georgien empfiehlt die EU-Kommission aktuell nur eine "europäische Perspektive".

Schallenberg gegen "geopolitischen Tunnelblick"

"Als EU tragen wir Verantwortung für den Osten & Südosten Europas", twitterte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Freitag gemäß der österreichischen Linie. "Österreich unterstützt ganz klare Signale in Richtung Ukraine, Moldau aber selbstverständlich auch für die Staaten des Westbalkan. Wir können uns keinen geopolitischen Tunnelblick leisten", so der Minister.

Seiner Ansicht nach ist die Auflage der EU-Kommission, dass die Ukraine rasch Schritte bei der Korruptionsbekämpfung, Justiz und bei den Grundrechten setzen muss, "eine vernünftige Herangehensweise", hieß es am Freitagnachmittag in einer Stellungnahme. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Kandidatenstatus treffen die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten Ende der kommenden Woche beim EU-Gipfel. Es gebe "noch einige Skeptiker innerhalb der EU", teilte Schallenberg mit und erinnerte, dass der Beitritt "ein langer Prozess, verbunden mit der Erfüllung einer herausfordernden Reformagenda durch die Kandidaten selbst" sei. Die Geschwindigkeit des Prozesses hänge stark von der Ukraine, wie auch von Moldau, ab.

Schallenberg erinnerte an die "geopolitische Verantwortung" der EU gegenüber dem Westbalkan und forderte die EU-Länder dazu auf, beim Gipfel "klare Signale an die Länder des Westbalkan - vor allem an Nordmazedonien, Albanien und an Bosnien-Herzegowina, das auch auf die Verleihung des Kandidatenstatus wartet - zu senden". Russland habe "großes Potenzial zur Destabilisierung", - und "zwar nicht nur im Osten Europas, sondern auch im Südosten - dem Innenhof Europas", so der Minister.

Österreich stellt Bedingungen

Österreich will dem EU-Beitrittskandidatenstatus der Ukraine somit nur unter Bedingungen zustimmen und fordert die Anwendung derselben Maßstäbe. Für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wäre es "nicht vorstellbar, der Ukraine einen Kandidatenstatus zu gewähren und zugleich Länder wie Bosnien-Herzegowina weiterhin außen vor zu halten", wie er gegenüber der deutschen Tageszeitung "Welt" erklärte.

Bosnien-Herzegowina und der Kosovo gelten bisher nur als "potenzielle EU-Beitrittskandidaten", die anderen Westbalkanstaaten haben bereits einen offiziellen Kandidatenstatus. Nordmazedonien und Albanien warten aber seit Jahren auf die Eröffnung von konkreten Beitrittsverhandlungen.

Auch Christoph Leitl unterstützt in seiner Funktion als Präsident der Europäischen Bewegung Österreich (EBÖ) die Idee, auch den Westbalkanstaaten den Kandidatenstatus zu gewähren. "Das wäre strategisch richtig, ein gutes Signal in diese sensible Region und würde Europa nach innen und außen stärken", so Leitl am Freitag gegenüber der APA. Rechtsstaatlichkeit und Freiheit von Korruption seien auch hier elementare Voraussetzungen für den Weg in die EU.

Karas sieht wichtiges Signal

Der erste Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas (ÖVP), sieht in der Empfehlung der EU-Kommission ein "wichtiges Signal", für das auch die EU-Staaten "grünes Licht" geben sollten. Bis zur EU-Mitgliedschaft sei es aber noch ein "langer Weg". "Es gibt für niemanden einen Freifahrtschein, aber faire Chancen zum richtigen Zeitpunkt", twitterte Karas.

Der SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried hält die Empfehlung der EU-Kommission hinsichtlich der Ukraine und der Republik Moldau für "nachvollziehbar". Seiner Ansicht nach ist nun auf diplomatischem Wege alles zu tun, damit der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine beendet werde und es zum Frieden komme. "Danach müssen die Reformprozesse in der Ukraine gestartet werden, dass die Kopenhagener Kriterien erfüllt werden", so Leichtfried.

"Der EU-Kandidatenstatus der Ukraine wäre nicht nur ein wichtiger politisch-symbolischer Akt, sondern auch ein positiver Schritt für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit", sagte Michel Reimon, Europasprecher der Grünen. "Die Mühen, bis Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden können, stehen der Ukraine erst dann bevor." Sollten sich die EU-Länder beim Gipfel nächster Woche darauf einigen, der Ukraine den Beitrittskandidatenstatus zu verleihen, müssten "die Länder des Westbalkans - insbesondere Bosnien-Herzegowina und der Kosovo - die nächsten sein". "Wenn sich in der Europäischen Union in Zukunft 30 oder mehr Länder befinden, muss auch eine Reform die Folge sein, die sich vor allem darauf fokussiert, schneller zu Entscheidungen zu gelangen", betonte Reimon.

Im Vorfeld der Kommissionsmitteilung hatte der Grüne EU-Mandatar Thomas Waitz erklärt, einen EU-Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau zu begrüßen und auf Bosnien-Herzegowina hingewiesen. Er forderte die EU-Länder auf, dem Westbalkan zu "beweisen, dass wir es mit dem Erweiterungsprozess ernst meinen". Den fragilen Frieden in der Region, der direkt durch den russischen Einfluss bedroht sei, gelte es zu schützen. "Der Kandidatenstatus Bosniens wäre ein wichtiges Signal für die Bevölkerung in Bosnien", so Waitz.

Zuspruch von NEOS, Kritik von FPÖ

Auch die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon begrüßte die Empfehlung der EU-Kommission von Freitag und forderte, dass die EU "Fortschritte möglich macht". Eine Beitrittsperspektive sei "nur dann eine Perspektive, wenn sie auch sichtbar bleibt". Der langsame Fortschritt der Beitrittsprozesse am Westbalkan zeichne eher das Bild, dass die EU der Erweiterung müde sei, so Gamon. "Wir klagen über schwindenden Einfluss in der Region, dabei hätten wir die Hebel, das zu verändern, selbst in der Hand", erinnerte sie.

Kritik an der Empfehlung kam dagegen von der FPÖ. Parteichef Herbert Kickl bezeichnete die Entscheidung als "grundlegend falsch". Der EU warf er vor, den Krieg aktiv in die Union zu holen. "Das ist weder vernünftig, noch nachvollziehbar". Kickl bezweifelte, dass die Ukraine in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und dem Umgang mit Oligarchen in den vergangenen Jahren viele Fortschritte erzielt habe. Zudem verwies er darauf, dass ein EU-Beitritt des Landes zu "einer erhebliche finanzielle Mehrbelastung für die Netto-Zahler in der EU - zu denen auch Österreich gehört - führen werde".
 

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