FPÖ-Politiker: "Kurz-ÖVP bewegt sich thematisch auf uns zu"
Die FPÖ will Teil der umstrittenen gemeinsamen Fraktion mit den EU-Gegnern Marine Le Pen und Geert Wilders bleiben, hat aber zugleich eine Aufweichung ihrer bisherigen europapolitischen Positionen eingeräumt. "Dass wir in manchen Politikbereichen mehr EU haben als früher und tiefer gehen, damit können wir leben", sagte FPÖ-Europaabgeordneter Harald Vilimsky dem "Standard" (Freitag-Ausgabe).
"Die Kurz-ÖVP bewegt sich thematisch auf uns zu", sagte der FPÖ-Generalsekretär, der die Freiheitlichen als "erste Europapartei überhaupt im Land" bezeichnete. "Jein" antwortete er auf die Frage, ob sich die Position der FPÖ zur Europäischen Union durch die Regierungsfunktion verändert habe. "Wir haben uns in Bezug auf geplante EU-Reformen auf das Szenario vier verständigt", sagte er mit Blick auf eines der fünf Reformszenarien von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Das vierte Szenario wird unter anderem auch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) befürwortet, der in den vergangenen Tagen Antrittsbesuche beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel absolvierte.
Distanz zu Le Pen
Der FPÖ gehe es nicht um eine Rückabwicklung des Euro oder des Maastricht-Vertrags, distanzierte sich Vilimsky von entsprechenden Plänen der französischen Rechtspopulistin Le Pen. Die Fraktionsgemeinschaft zwischen der FPÖ mit Le Pens Front National und Wilders' Freiheitspartei (PVV) solle aber bis zur Europawahl 2019 aufrecht bleiben. Die FPÖ bleibe in der Fraktion, "weil es eine gute arbeitstechnische Basis für uns ist" und sich die Partei auch "völlig frei bewegen" könne. "Wir haben in den Gesprächen mit Kurz vereinbart, dass internationale Allianzen kein Thema sind", sagte Vilimsky mit Blick auf die scharfe Kritik von ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas an der rechtsgerichteten ENF-Fraktion, der die FPÖ angehört.
Vilimsky äußerte die Hoffnung, dass das Ausscheiden der UK Independence Party (UKIP) und der Tories durch den Brexit auch die Möglichkeit für einen Zusammenschluss der derzeit drei EU-kritischen Fraktionen bieten werde. "Dann gilt es zu schauen, wo sind bei den Abgeordneten kritische EU-Geister, die etwas Positives im Sinn haben. Wer das sein wird, wer da dabei sein wird, das werden die Gespräche im Lauf dieses Jahres sein."
Lobend äußerte sich Vilimsky über das ÖVP-Regierungsteam. Dieses würde es "sehr ehrlich meinen" und es sei "ein Weg wechselseitigen Vertrauens" gefunden worden. Allerdings habe es Kanzler Kurz "selbst es in seiner Partei nicht leicht. Ich sehe die ÖVP geteilt in eine türkise und schwarze Sektion und, dass wir beide einander brauchen", so Vilimsky. So würde etwa Karas "in absolutem Widerspruch zu seiner Partei agieren".