ORF-Pressestunde

Kern: 'SPÖ wird Opposition blühen'

Teilen

Bundeskanzler Kern stellt sich auf eine schwarz-blaue Regierung ein.

Bundeskanzler und SPÖ-Spitzenkandidat Christian Kern will im Streit mit der ÖVP über angebliches Dirty Campaigning "runter vom Gas". "Ich denke schon, dass es jetzt ein richtiger Moment ist, inne zu halten", sagte er am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" vor der Nationalratswahl. Kern vertraut bei der Aufarbeitung der Vorkommnisse den Gerichten und sieht darin einen "Bärendienst für Politik".

Schon mehr gelacht
"Natürlich haben wir schon mehr gelacht", bewertete Kern die Stimmung in seiner Partei. Von Medien kolportierte Rücktrittspläne bestätigte er aber nicht, "da geht es ja nicht um Befindlichkeiten". Bedrückend ist für den Bundeskanzler, dass es durch die jüngsten Vorgänge im Wahlkampf noch schwieriger sei, eine schwarz-blaue Regierung zu verhindern. Zu dem von ÖVP-Obmann Sebastian Kurz vorgeschlagenen Straftatbestand zu Dirty Campaigning äußerte er sich nicht konkret.

Zu einem möglichen Untersuchungs-Ausschuss zu den Vorwürfen blieb Kern verhalten, vorstellen kann er sich diesen schon. "Das wichtigste ist, dass sich die Gerichte die Sachen anschauen", meinte der Kanzler. Die Verfahren würden auch zeigen, wer letztendlich dahintersteckt. Berater Tal Silberstein zu nominieren, sei jedenfalls "ein schwerer Fehler" gewesen. Dessen angeblichen Mitarbeiter Peter Puller hat Kern laut eigener Aussage weder engagiert, noch gekannt.

Auch mit einer weiteren kolportierten Aktion will der SPÖ-Chef nichts zu tun haben: Kommunikationsberater Rudi Fußi soll jene Frau unter Druck gesetzt haben, die verdächtigt wird, Dokumente rund um die Dirty-Campaigning-Affäre weitergegeben zu haben. Fußi, der immer wieder Rede-Bausteine für Kern geliefert hatte, sei nicht von der SPÖ bezahlt worden, sagte der Parteichef. Die angebliche Aktion habe dieser "absolut freiwillig getätigt".

Keine Berater mehr

Berater gebe es im SPÖ-Wahlkampf mittlerweile gar keinen mehr, berichtete der Bundeskanzler. Man habe eine Werbeagentur sowie Menschen wie Altkanzler Franz Vranitzky, deren Rat man suche. Alles andere sei eine "Mystifizierung" des Wahlkampfes und "bewusst gespielt". Allgemein seien die Vorgänge "nicht nur unmoralisch, sondern in jeder Hinsicht verrückt und blödsinnig", übte Kern Selbstkritik. Nun sei es aber wieder an der Zeit, auf wichtige Themen zu setzen.

Zu Koalitionen nach der Wahl zeigte sich Kern in alle Richtungen offen und will mit allen sprechen. Dennoch glaubt er, dass die "Vorbereitungshandlungen von Schwarz-Blau" zu schnellen Ergebnissen führen würden und die SPÖ in der Opposition landen könnte: " Ich glaube, dass wird uns blühen, ob es uns passt oder nicht." Ob er als Dritter den Kanzler stellen würde, wie Wolfgang Schüssel (ÖVP)? "Nein, dass kann ich mir absolut nicht vorstellen, ich wüsste auch nicht, welche Partei das machen soll."

Ansonsten betonte Kern jene Sachthemen, deren Umsetzung er sich weiter sicher ist - sollte die SPÖ an der Macht bleiben: Steuer-Privilegien für Internetkonzerne gehörten beendet, auch Erbschafts- und Vermögenssteuern müssten eingeführt werden. Eine Wertschöpfungsabgabe sei nur eine Frage der Zeit, da die zunehmende Digitalisierung für einen Wandel sorge. Zum von Kurz propagierten Subsidiaritätspakt meinte Kern: "Mir geht es um Effizienz und nicht um ein ideologisches Konzept."

Muslime
Eine nach wie vor differenzierte Haltung behält Kern beim Reizthema Islam. "Muslime sind schon seit sehr langer Zeit Teil unserer Realität", meinte er dazu, daneben gebe es aber sicher "unübersehbare Probleme", wie etwa die Radikalisierung mancher. Der Kanzler will "mit eiserner Konsequenz und eiserner Faust dort vorgehen, wo unsere Verfassung infrage gestellt wird". Ansonsten müsse die Lebensweise der Muslime akzeptiert werden.

Die Flüchtlingspolitik der Regierung verteidigte Kern abermals. Man habe bereits viele Menschen aufgenommen, "aber wir können nicht über die Grenzen unserer Möglichkeiten hinausgehen". Daher sei es wichtig gewesen, die Migration zu begrenzen. Dies zeige sich nun auch in den Zahlen, die Monat für Monat sinken. Zur EU-Politik sagte er: "Ich bin der Auffassung, dass wir ein starkes Europa brauchen" - allerdings für Menschen, nicht für Konzerne.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.