Die Wahl-Meinung

Koalitionen als Wahlkampfthema: Wer mit wem?

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Beim diesem beliebten Spekulationsspiel eröffnet sich ein weites Feld für politische, aber auch psychologische Analysen.

Ein beliebtes Spekulationsspiel ist die immer wiederkehrende Diskussion über allfällige Koalitionen nach der Nationalratswahl. Dabei eröffnet sich ein weites Feld für politische, aber auch psychologische Analysen. Normalerweise sollte vor einer Nationalratswahl nur um Wählerinnen und Wähler geworben werden. Jede Koalitionsdebatte ist auch ein taktischer Vorgriff auf ein vermutetes Wahlergebnis.

Wer zum Beispiel Norbert Hofer in den TV-Duellen beobachtet hat, wird bemerkt haben, dass er in erster Linie Minister und Vizekanzler einer schwarz-blauen Regierung sein möchte. Würde er unmittelbar neben Sebastian Kurz in den Fernsehduellen sitzen, wäre „Händchen halten“ eine nicht ausgeschlossene Symbolik. Sebastian Kurz fühlt sich ob dieser Zuneigung durchaus geschmeichelt, ziert sich aber scheinbar.

Die Wirklichkeit ist eine andere. Kommentatoren haben daher die schwarz-blauen TV-Duelle wie eine Paartherapie beschrieben, in der auch viel Vergangenes aufzuarbeiten ist. ­Unbestritten ist, dass Kurz und Hofer sich insgeheim mögen und politisch die meisten Übereinstimmungen haben. Nebenbei ist es natürlich auch ein Kampf um schwarz-blaue Wechselwähler.

Nicht weniger aufschlussreich sind die Duelle zwischen Werner Kogler von den Grünen und Peter Pilz. Bei beiden geht es mehr oder minder um Sein oder Nichtsein. Da knistert es in den Diskussionen zwischen zwei jahrelangen Weggefährten, ein wenig wie bei Geschiedenen, die sich nach der Trennung wieder einmal treffen. Aufgesetzte Freundlichkeit versucht, die persönlichen Gräben zu überdecken. Trotzdem sind die politischen Gemeinsamkeiten nicht zu übersehen. Tröstlich für beide, sie werden sich nicht in einer gemeinsamen Regierung wiederfinden. Einzig Werner Kogler hat im Gegensatz zu Peter Pilz bereits jetzt einen leicht ministeriellen Habitus. So stark ist offenbar die Hoffnung auf eine künftige Regierungsbeteiligung.

Die Lust an medialer Präsenz und permanenter Teilhabe an diversen Koalitionsspekulationen prägt auch die TV-Auftritte von Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Auch ihr ist unschwer anzumerken, dass sie endlich mitregieren möchte.

Hinter all dem dominieren auch strategische und taktische Überlegungen. Zuneigung und Abneigung großer Wählergruppen gegenüber wahlwerbenden Parteien sind nicht nur von Personen und Programmen, sondern auch von allfälligen Koalitionsperspektiven geprägt. Dies erklärt auch unter anderem, warum die SPÖ eine Koalition mit der FPÖ nach wie vor ausschließt. So konzentriert sich die SPÖ in ihrer Wahlwerbung in ihren Inseraten und auf ihren Plakaten auf sachpolitische ­Inhalte. Koalitionsdebatten versucht die SPÖ möglichst zu vermeiden.

Für den Wahlerfolg entscheidend ist letztlich eine überzeugende und leicht zu kommunizierende Erzählung. Für die ÖVP ist das Kurz zurück ins Bundeskanzleramt, für die FPÖ die Rückkehr in die Regierung, für die Grünen der Wiedereinzug in den Nationalrat, für die Neos endlich einmal regieren und für die Liste Jetzt von Peter Pilz der Verbleib im Nationalrat. Aus den programmatischen Festlegungen der SPÖ ergibt sich, dass es um eine Mehrheit jenseits von Schwarz-Blau geht. Wann auch immer. 

Josef Cap

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