Steuern, Pflege Asyl - VP-Chef im Interview

Kurz: Tour mit 100 Reformen

Teilen

Beim Klimaschutz nimmt Kurz die Voest in die Pflicht – sie soll auf Wasserstoff umstellen.

 

Insgesamt 100 Projekte sind es, mit denen ÖVP-Chef Sebastian Kurz in die Wahl in vier Wochen ziehen möchte. Die ersten Themen stellte er jetzt vor. Manches mag einem bekannt vorkommen, sind es doch Maßnahmen, die Kurz noch während der Regierungszeit mit der FPÖ paktiert hatte (siehe Interview unten).

  • Steuerreform. Sollte er wieder Kanzler werden, will Kurz als Erstes die bereits ausverhandelte Steuerreform zur Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen umsetzen.
  • Pflegeversicherung. Das Thema Pflege sei in fast allen Gesprächen Thema, „vor allem bei den Frauen“, so Kurz. Finanziert werden soll eine Versicherung zunächst aus der Unfallversicherung, Beiträgen und dem Budget.
  • Mercosur. Kurz lehnt den Mercosur-Handelspakt „in der derzeitigen Form“ ab.
  • Wasserstoff. Die ÖVP setzt als Klimaschutzmaßnahme auf den Wasserstoff. Der Stahlkonzern Voest sei für zehn Prozent aller Emissionen ­verantwortlich. „Würde die Voest auf Wasserstoff umstellen, fiele ein Riesenteil der Emissionen weg“, sagt Kurz.
  • Politischer Islam. Kurz strebt weiter ein Verbot der extremen Gruppierungen an. Auch eine Dokumentationsstelle ist geplant.
  • Taskforce Sozialleistungen. Zu viele Pensionen würden ungeprüft ins Ausland fließen. Ausländische Krankenkassen seien bei Zahlungen in Höhe von 400 Millionen Euro säumig.

Ab Freitag stellt Kurz einige Projekte bei einer 72-Stunden-Marathontour durch alle Bundesländer vor. (knd)

 

ÖVP-Chef Kurz: "Klare Absage an Mercosur-Pakt"

ÖSTERREICH: Sie starten jetzt Ihren Intensivwahlkampf und beginnen – rechtzeitig vor Ihrem ORF-Sommertalk –, Ihr Wahlprogramm zu präsentieren. Stellen Sie doch einen neuen Weg vor?

Sebastian Kurz: Wir haben 100 Reformprojekte ausgearbeitet, die unter drei großen Zielen stehen. Mit diesen 100 Projekten möchte ich meinen Kurs fortsetzen und eine linke Mehrheit aus Rot-Grün-Neos oder auch Rot-Blau verhindern.

ÖSTERREICH: Wie schauen diese drei Ziele aus?

Kurz: Zum einen geht es darum, unseren Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken und gleichzeitig ein sozial gerechtes Land zu bleiben. Zudem wollen wir ein lebenswertes Österreich und unsere österreichische Identität bewahren. Und dafür haben wir 100 Projekte, die wir möglichst rasch umsetzen wollen.

ÖSTERREICH: Aber wie konkret wollen Sie den Wirtschafts­standort stärken? Sie haben ja bei uns vor einer Rezession gewarnt …

Kurz: Indem wir die Steuerreform, die wir zur Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen bereits ausge­arbeitet hatten, zügig um­setzen, damit die Kaufkraft steigt.

ÖSTERREICH: Sie meinen die Steuerreform, auf die sich ÖVP und FPÖ bereits geeinigt hatten? Wollen Sie auch die kalte Progression doch frühzeitiger abschaffen?

Kurz: Zunächst sollten wir rasch die Steuerreform umsetzen und gerade kleine und mittlere Einkommen entlasten. Mit ein Grund, warum Österreich wirtschaftlich besser dasteht als andere Länder, ist, weil wir bereits Entlastungen für kleine Einkommen und den Familienbonus umgesetzt haben.

ÖSTERREICH: Sie sagten, Sie wollen auch ein „sozial gerechtes“ Land. Planen Sie da etwas Neues?

Kurz: Ja, die Finanzierung der Pflege ist nicht gelöst, und diese Herausforderung wird von Jahr zu Jahr immer größer. Wir wollen eine Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherung einführen. Die Menschen sollen nicht nur bei Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit und für die Pension versichert sein, sondern in Zukunft auch, wenn der Pflegefall eintritt.

ÖSTERREICH: Wie wollen Sie das finanzieren?

Kurz: Der Bund gibt bisher schon rund vier Milliarden pro Jahr für die Pflege aus. Nachdem die Unfälle am Arbeitsplatz abnehmen, aber der Unfallversicherungsbeitrag gleich bleibt, können wir Umschichtungen vornehmen und die Pflege in die AUVA integrieren. So entstehen keine Mehrkosten.

ÖSTERREICH: Und mit lebenswertem Österreich meinen Sie Klimapolitik?

Kurz: Wir wollen die heimische Landwirtschaft stärken. Heimische Produkte sollen gefördert werden, statt Lebensmittel von der anderen Seite der ­Erde zu importieren, das ist auch ein sinnvoller Beitrag zur Klimapolitik. Von mir gibt es daher auch eine klare Absage an Mercosur.

ÖSTERREICH: Heimische Lebensmittel alleine lösen aber nicht das Klimaproblem.

Kurz: Mein Zugang beim Kampf gegen den Klimawandel sind keine neue Steuern oder staatliche Zwänge. Unser Ansatz sind Innovationen und Investitionen in neue Technologien. Wir wollen Österreich bis 2030 zur Wasserstoffnation Nummer 1 machen und damit 30.000 neue Arbeitsplätze schaffen.

ÖSTERREICH: Und mit „Unsere österreichische Identität bewahren“ meinen Sie eine strenge Migrationspolitik?

Kurz: Da wollen und müssen wir unsere Maßnahmen gegen illegale Migration fortsetzen. Ich habe mich sowohl im Inland als auch in der EU dafür eingesetzt und so die Ankünfte bei uns drastisch reduzieren können. Zudem brauchen wir ein Screening sämtlicher Sozialleistungen für Zuwanderer. Dazu wollen wir eine Taskforce einsetzen. Mit der Bewahrung unserer Identität meine ich aber auch einen entschiedenen Kampf gegen Extremismus, etwa gegen den politischen Islam, aber auch gegen Rechtsextre­mismus.

ÖSTERREICH: Wie wollen Sie den politischen Islam bekämpfen? Den kann man ja nicht einfach verbieten.

Kurz: Ein Betätigung im Sinne des politischen Islam soll verboten werden, aber auch mit dem Kopftuchverbot, das wir auch für Mädchen bis 14 Jahren in der Schule wollen. Und mit einem Kopftuchverbot für Lehrerinnen.

Isabelle Daniel

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.