SP-Poker

Häupl sucht Braut, die sich traut

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"Koalition neu" soll die SPÖ aus der Strache-Falle retten.

Die Lieblingskoalition von Michael Häupl wäre Rot-Grün sicher nicht. Sein Sager, dass "Verwandte nicht heiraten sollen", geistert seit Jahrzehnten als Kalauer durch die SPÖ. Und dass er mit manchen Schwarzen wie seiner Präsidiumskollegin beim FK Austria Wien, Brigitte Jank, hervorragend kann, weiß nicht nur Raiffeisen-Chef Christian Konrad – mit dem Häupl schon EU-weit beachtete Mega-Projekte wie den Twin City Liner einfädelte, der als Raika-Wien-Kooperation nach Bratislava düst.

Häupl spielt auf Zeit – und für Koalition mit neuer VP
Trotzdem ist dem Wiener Bürgermeister – noch – keine klare Koalitionspräferenz zu entlocken: Bis zur Auszählung der allerletzten Stimme am kommenden Montag hofft er noch auf die absolute SP-Mandatsmehrheit – die Koalitionen unnötig machen würde. Das wäre Häupls Lieblingsmodell: "Denn Wien braucht Tempo."

Zumal er die Stadt und seine SPÖ jetzt zum Kampf mit der FPÖ herrichten will. Sollte er dafür einen Koalitionspartner brauchen, will er sich jetzt noch keinesfalls in die Karten schauen lassen: Er will die ÖVP mit Rot-Grün unter Druck setzen – je länger die ÖVP in internen Querelen verstrickt ist, desto häufiger werden SP-Politiker für eine farbliche Alternative zur ungeliebten Koalition im Bund vorpreschen.

Von den Stadträten Ulli Sima und Andreas Mailath-Pokorny, denen freilich bei Rot-Grün der Verlust ihres Stadtrat-Sessels droht, bis hin zur Parteijugend werden die Ratschläge für eine rot-grüne Alternative als Munition im Kampf gegen Strache kommen.

Und trotzdem: Häupl will letztlich die ÖVP zwingen, eine rot-schwarze Koalition zu seinen Bedingungen zu schließen. Mareks striktes Nein zur Schulreform etwa hat den SP-Stadtchef schwer erzürnt – es könnte das Aus für Marek bedeuten. Denn Wirtschaftskammer-Chefin Brigitte Jank vertritt genau die gegenteilige Position, die sich just mit Häupls wichtigstem Reformprojekt fast zu hundert Prozent deckt.
Und Jank könnte am Ende statt der kratzbürstigen Marek, die Häupl so gar nicht mag, jene schwarze Braut sein, mit der sich auch der Bürgermeister traut.

Krimi um 90.010 Briefwahl-Stimmen
Bis in die Nacht hinein hoffte die Wiener SPÖ noch auf ein Wunder: Exakt 90.010 Briefwahlstimmen wurden am Dienstag ausgezählt.

Womit die Wahlbeteiligung sprunghaft anstieg: Von 56,9 Prozent am Sonntag auf 65 Prozent – was im Vergleich zur Wahl 2005 ein Plus von 4,2 Prozent bei der Wahlbeteiligung bringen sollte.

Die Hoffnung der SPÖ: Sollte bei diesen Briefwahlstimmen, was Experten davor für durchaus wahrscheinlich hielten, ein Mandat von der FPÖ zur SPÖ wandern, hätte die SPÖ 50 der 100 Wiener Gemeinderatsmandate erobert – gegen sie könnte weder ein Landeshauptmann gewählt noch ein Gesetz beschlossen werden. Das käme in der Praxis sogar einer absoluten Mehrheit gleich.

Letzter Strohhalm für Gewinner und Verlierer sind schließlich noch 10.000 Wahlkarten, die erst am kommenden Montag ausgezählt werden.

Interviews mit Michael Häupl und Heinz-Christian Strache auf der nächsten Seite.

Häupl: "Pakt muss 
fünf Jahre halten"

ÖSTERREICH: Diese Woche starten Sondierungsgespräche mit der ÖVP und den Grünen. Wann beginnen Sie mit welcher Partei die Koalitionsverhandlungen?
Michael HÄUPL: Das weiß ich kommende Woche. Zum aktuellen Zeitpunkt lasse ich mich ganz sicher nicht in ein Zwangskorsett schnüren. Nur eines: Von der FPÖ lasse ich mir nicht Ausgrenzung vorwerfen. Ich möchte alle daran erinnern, dass im Jahr 2000 auf Bundesebene die zweit- und drittstärkste Partei (Anmerkung der Redaktion: FPÖ und ÖVP) eine Koalition gebildet haben, und die stärkste Partei, nämlich die SPÖ, nicht Teil der Regierung wurde.

ÖSTERREICH: Steht schon ein Verhandlungsteam?
HÄUPL: Nein. Da hängt viel davon ab, mit welcher Partei wir letztendlich in die endgültigen Verhandlungen gehen werden.

ÖSTERREICH: Welche Ressorts wird die SPÖ nicht an den künftigen Koalitionspartner abgeben wollen?
HÄUPL: Grundsätzlich sind uns natürlich alle Ressorts wichtig, im Kern steht hier aber sicher das Finanzressort.

ÖSTERREICH: In welchen Bereichen gibt es Übereinstimmung mit den Grünen?
HÄUPL: Im Bildungsbereich passen wir ganz gut zusammen.

ÖSTERREICH: Und auf welcher Ebene kann man gut mit der ÖVP?
HÄUPL: Mit den Kollegen von der ÖVP stimmen wir vor allem im Wirtschaftsbereich überein.

ÖSTERREICH: Welche Grundbedingung werden Sie Ihrem kommenden Koalitionspartner abringen?
HÄUPL: Ich werde verlangen, dass mir zu 100 Prozent zugesichert wird, dass die vereinbarte Koalition auch die nächsten fünf Jahre halten wird. Das ist mir ganz wichtig!

ÖSTERREICH: Wann wird die neue Koalitionsregierung stehen?
HÄUPL: Wie ich schon am Wahlabend angekündigt habe: rechtzeitig vor der ­Erstellung des Budgets – also noch vor Ende November.

Interview: C. Mierau

Auf der nächsten Seite das Interview mit H.C. Strache.


Strache: ,Dann werde ich 2013 Kanzler‘

ÖSTERREICH: Sie wollen neuerdings Vizebürgermeister in Wien sein. Sie wissen, dass Häupl sie ablehnt.
Heinz-Christian STRACHE: Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Wahlverlierer die Botschaft der Wähler ernst nehmen. Wenn Häupl eine Koalition der Verlierer eingeht, wäre das ein Schlag ins Gesicht der Wähler. Das wäre undemokratisch und arrogant.

ÖSTERREICH: Es ist Häupls Recht zu entscheiden, mit wem er koaliert, oder?
STRACHE: Aber das würde bedeuten, dass er nichts gelernt hat. Der frische Wind der Frau Marek ist bekanntlich nach hinten los gegangen. Wir haben massiv bürgerliche Wähler gewonnen. Wenn es zur ­Koalition der Verlierer kommen sollte, dann werden wir in fünf Jahren 30 bis 40 Prozent haben und ich werde Bürgermeister.

ÖSTERREICH: Derzeit wirken Sie und Ihre Wahlerfolge wie ein Remake von Haider. Die Parallelen sind klar, nicht?
STRACHE: Diese Parallele sehe ich nicht. Wir haben am Sonntag Geschichte geschrieben. Die 27,9 Prozent hatte 1996 Rainer Pawkowicz als FP-Spitzenkandidat in Wien erreicht – nicht Haider. Haider hatte als Spitzenkandidat bei Nationalratswahlen als bestes Ergebnis 24 Prozent in Wien.

ÖSTERREICH: Und jetzt träumen Sie vom Kanzler-Job …
STRACHE: Wenn die rot-schwarze Mauschelei im Bund so weiter geht, wird die Regierung 2013 ihre Rechnung präsentiert kriegen. Dann kämpfen wir um Platz eins mit. Aber ich werde die Fehler meiner Vorgänger nicht wiederholen. Ich würde die drittstärkste Partei nicht zur Nummer eins machen. Das wäre eine Wählerverhöhnung. Wenn die FPÖ Nummer eins wird, werde ich Kanzler.

Interview: (isa)

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