Das sagt Österreich

Wie ich Strache im Interview erlebt habe

Teilen

Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Seit dem Interview-Duell mit Heinz-Christian Strache werde ich mit der Frage bombardiert: Wie hast du ihn erlebt?
 
Ich kenne HC Strache seit über 20 Jahren, habe ihn in allen Höhen und Tiefen interviewt, aber ich habe ihn noch nie so fertig erlebt. Er hat viele Kilo verloren, das Gesicht ist schmal geworden. Er wirkt hektisch, fahrig, auch ängstlich, fast menschenscheu. Man merkt sofort: Dieser Mensch ist drei Monate durch die Hölle gegangen. Strache selbst meint, er kommt sich vor wie in einem permanenten Wirbelsturm, will endlich Ruhe, um „zu sich selbst zu finden“.
 
Der Weg zum Interview war ein Zickzack aus zahllosen Zu- und Absagen. Strache ist psychisch ohne Frage schwer angeschlagen, sprunghaft, extrem misstrauisch geworden.
 
Dabei wird immer klarer: HC Strache hat in Ibiza – in welchem Zustand auch immer – in Wahrheit ein Sittenbild der heimischen Politik abgeliefert. Nicht nur die gute Heidi Horten, auch die anderen Genannten – sie spendeten tatsächlich für alle und tatsächlich am Rechnungshof vorbei. Und natürlich an „harmlose“ Vereine.
 
Der wahre Skandal an Ibiza ist ja, dass es der FPÖ bis heute gelungen ist, sich an einer Offenlegung ihrer Spenden-Vereine „vorbeizuschwindeln“. Und dass der Kassier dieses Spenden-Schwindels, Markus Tschank, mit einem FPÖ-Mandat als Belohnung in den Nationalrat einzieht.
 
Deshalb ist Strache für die FPÖ auch die größtmögliche ungesicherte Handgranate. Die FPÖ wird gut beraten sein, ihrem HC jeden Wunsch zu erfüllen – denn wenn der einmal wirklich über die Partei, ihre Spenden, ihre Vereine und ihre Tricks auspacken sollte (und zwar ohne Wodka Red Bull), dann hätte wohl die letzte Stunde der Blauen geschlagen.
 
Weshalb ich mir sicher bin: Es wird ein Comeback für Strache geben. Er sagt im Interview den bemerkenswerten Satz: „Das Wichtigste im Leben ist, verzeihen zu können – auch sich selbst.“
 
Und ich finde: Egal wie blöd, deppert, korrupt, vielleicht sogar verbrecherisch im Leben jemand war – er hat sich immer eine faire zweite Chance verdient. Sogar in der Politik.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.