Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Wer soll Österreich regieren? Noch nie war der Koalitions-Poker so schwierig. Zwar stehen Wahlsieger Kurz drei Optionen offen – doch jede hat mehr Nachteile als Vorzüge.
Für Türkis-Blau spricht, dass das die Fortsetzung einer erfolgreichen Regierung wäre – und dass diese Koalition das Wahlversprechen von Kurz war.
Gegen Türkis-Blau spricht, dass in der FPÖ Kickl die Macht übernommen und Hofer abgeschoben hat. Kurz müsste also mit dem verhassten Kickl regieren. Zusätzlich droht der FPÖ die Spaltung, wenn Strache seine eigene Liste startet.
Für Türkis-Grün spricht, dass diese Regierung der zwei Sieger ein Modell für die Zukunft wäre. Mit einem Programm, das endlich die Umweltpolitik an erster Stelle hätte. Und mit vielen Initiativen, die unserem Land guttun würden: Bildungs-Reform. Mehr Chancengleichheit für Frauen.
Gegen Türkis-Grün spricht, dass die Grünen als Partei nicht paktfähig sind – und hinter ihrem Wahl-Genie Werner Kogler das Chaos droht: Wiens Grüne, die das Sagen haben, sind so zerstritten, dass sie (vor der Wien-Wahl 2020) jeden Ansatz einer konservativen Politik blockieren werden. Damit droht in all den Bereichen, die Kurz wichtig sind – Wirtschaftspolitik, Unternehmens-Offensive, Steuersenkung, Asyl-Stopp – eine Blockade. Da kann Kogler noch so lieb durch seine grüne Brille lächeln, die Basis wird diese Regierung zum Polit-Rodeo machen.
Bleibt nur Türkis-Rot? Für Kurz (noch) ein Horror, wenn man an unsere Vergangenheit denkt. Gegen Türkis-Rot spricht die Angst, dass die Sozialpartner wieder alles blockieren, keine Reformen kommen, wieder Streit regiert.
Für Türkis-Rot spricht nur ein Neustart der SPÖ nach der Steirer-Wahl: Mit neuer Spitze könnte die SPÖ mit Kurz ein echtes Reform-Programm schaffen: Umweltpolitik, Bildungsoffensive, Steuerreform – ohne die Wirtschaft zu blockieren.
Kurz muss entscheiden: Zwischen der medial bejubelten sexy Koalition mit Grün oder der medial verprügelten unerotischen Koalition mit den Roten. Doch manchmal sind weniger Polit-Erotik und Stabilität besser als sexy Abenteuer …