27. Juli 2009 08:53
Österreichs erste Liebeskummerpraxis in Wien wird dieser Tage ein Jahr alt.
Anfang August 2008 haben die Psychologin Birgit Maurer und die
Lebensberaterin Auguste Storkan im Alsergrund ihr Gemeinschaftsprojekt
gestartet. Die größte Überraschung nach knapp zwölf Monaten Praxiserfahrung:
"Wir sind davon ausgegangen, dass hauptsächlich Frauen kommen werden. Es
gibt jedoch Phasen, wo wir 90 Prozent Männeranteil haben", gab Storkan
Einblick in ihren Arbeitsalltag.
Oberflächlich...
"Männer tun sich großteils schwer, über
Liebeskummer zu reden", wusste die Lebensberaterin zu berichten. Das Thema
sei nämlich schambesetzt. Wenn überhaupt darüber gesprochen werde, dann
zumeist nur mit einem Freund und tendenziell oberflächlich, begründet sie
das rege Interesse der Herren: "Die größte Hürde ist generell, mit jemandem
Kontakt aufzunehmen. Ist das einmal geschafft, sprudelt es aus den Leuten
nur so heraus." Wesentlich sei, dass durch Außenstehende - also in diesem
Fall durch die Beraterinnen - neue Aspekte "angestochen" würden und die
Auseinandersetzung mehr in die Tiefe gehe.
Mehr Patienten im Sommer
Vor allem in den Sommermonaten
verzeichnen die beiden Kummerhelferinnen vermehrten Zulauf. Dies habe damit
zu tun, dass viele Paare sich nach dem gemeinsamen Urlaub trennen würden:
"Man verbringt plötzlich Wochen miteinander, in denen all das zutage kommt,
das sich ein Jahr lang angestaut hat", erklärt Storkan. Auch in der
Vorweihnachtszeit gebe es verstärkt Probleme.
Storkan und Maurer sind mit ihrem Projekt derart erfolgreich, dass sie
mittlerweile expandiert haben und ein weiterer Standort in der Wiener
Innenstadt und eine Praxis in Graz dazugekommen sind - wobei letztere nur
einmal pro Woche besetzt ist. Termine gibt es jedoch nur nach persönlicher
Vereinbarung. "Für viele Menschen ist das so, als wenn jemand gestorben
wäre", berichtet Storkan von den Trauer- und Schmerzerfahrungen ihrer
"Patienten".
Diese kämen aus allen Altersstufen, das Hauptklientel sei aber zwischen 35
und 45 Jahre alt. Hier stehe oft der Wunsch nach Familiengründung an
oberster Stelle: "Manche sind seit Jahren beruflich erfolgreich, schaffen es
aber nicht, eine Beziehung aufrecht zu erhalten."
Mehrere Sitzungen
Das Liebeskummer-Erstgespräch dauert im
Normalfall eineinhalb Stunden. Danach kommen weitere Sitzungen von je 50
Minuten dazu, wobei die Behandlungsdauer von der persönlichen Situation
abhängt. Kommen viele Leidende anfangs zweimal die Woche, reduziere sich das
Intervall nach und nach auf eine monatliche Sitzung. Ein Teil der Kundschaft
komme auch präventiv, um die nächste Liebeskummerphase besser verkraften zu
können, so Storkan.
Reden, reden, reden, reden
Grundsätzlich hat die Lebensberaterin
drei Tipps für alle Menschen mit gebrochenem Herzen: "Reden, reden, reden."
Außerdem müsse man einerseits der Trauer, dem Weinen genügend Raum geben,
andererseits aber - auch bei Lustlosigkeit - Dinge unternehmen und Freunde
treffen. Dies schaffe Ablenkung. Sich nur zu Hause zu verkriechen, sei keine
Lösung.
Mehr Infos: www.liebeskummerpraxis.at