14. April 2008 08:43
Die Kabarettisten Monica Weinzettl und Gerold Rudle wissen ganz genau, wie
es funktioniert: Streiten. Die beiden machen in ihren Kabaretts gerne
Kommunikationsfehler zum Thema. Auch in ihrem neuen Programm „Wir müssen
reden“ geht es um die Gesprächskultur von Paaren. Die Ideen dafür sammeln
die beiden im Alltag: kleine Wortgefechte, die im Kaffeehaus am Nachbartisch
ablaufen oder Szenen von der Straße.
Das Leben als Bühne
Privat streiten die Comedians, die seit
knapp einem Jahr ein Paar sind, nie, wie Monica Weinzettl betont: „Das liegt
daran, dass wir einander zuhören. Und wer zuhört, hat die Chance, den
anderen zu verstehen.“ Sie selbst musste das auch erst lernen. Bis vor
einigen Jahren wurde ihr oft der Vorwurf gemacht, dass sie nicht zuhöre.
Kommt es doch zu einer Meinungsverschiedenheit, so hat das Kabarettistenpaar
Rudle und Weinzettl eine ganz eigene Art, diese zu lösen: Für die beiden
wird das Privatleben zur Bühne. „Im Zuge einer Diskussion macht einer von
uns einen spaßigen Seitenhieb. Der andere merkt dann, dass etwas nicht passt
und löst die Spannung seinerseits mit Humor.“ Bahnt sich ein ernsterer
Konflikt an, gehen sie sich ein paar Stunden aus dem Weg.
Streiten lernen
Diese Taktik mag vielleicht bei Kabarettisten
funktionieren. Doch es gibt viele Paare, die unter Konflikten leiden.
Deshalb hatte die deutsche Mediatorin und Buchautorin Simone Pöhlmann die
Idee, eine Schule mit dem Unterrichtsfach „Richtig streiten“ zu gründen.
Mittlerweile gibt es im deutschsprachigen Raum zehn Dependancen, vier davon
sind in Österreich. Die Leiterin der Streitschulen in Wien und Salzburg,
Dr. Monika Schwaighofer (www.streitschule-wien.at),
ist Mediatorin und Unternehmensberaterin. Sie ist überzeugt, dass Streiten
wichtig ist – nur eben mit Kultur: „Das gestaltet eine Partnerschaft
lebendig. Die Betonung liegt dabei auf fairem Streiten – also dem
respektvollen und wertschätzenden Auseinandersetzen mit dem Anderssein des
Partners.“ Das heißt: Dampf ablassen ist gut, aber immer mit Gefühl.
Positiver Nebeneffekt: Wie Experten der Uni Michigan (USA) in einer Studie
herausgefunden haben, verlängert Streiten das Leben. Damit Sie davon
profitieren, verrät die Streitexpertin, was Sie beachten müssen.
Was bewirkt Streit?
Auch wenn man es sich nicht erwartet: Streit
kann die Beziehung stärken, wie Schwaighofer bestätigt. „Eine fair
ausgetragene Auseinandersetzung erhöht das Vertrauen in sich selbst, mit
schwierigen Situationen umgehen zu können. Auch das Vertrauen in den Partner
wird gestärkt, wenn der andere ehrliches Interesse an der Sichtweise
des Partners zeigt. Destruktives Streiten hingegen bereinigt den Konflikt
nicht, sondern führt zu Kränkungen.“
Wie vermeidet man Kränkungen?
„Hier gilt: Der Ton macht die
Musik!“, erklärt die Expertin. „Eine Beschwerde sollte nicht voller
Schuldzuweisungen, Vorwürfe und Beleidigungen sein. Besser: Über die eigenen Bedürfnisse,
Gefühle und Erwartungen reden und dem Partner klar machen, welches konkrete
Verhalten man sich in Zukunft wünscht.“
Unterschiedliche Gewohnheiten
Beim einen sind in der Kindheit
immer die Tassen geflogen, der andere ist sachliche Diskussionen gewohnt.
Die Auffassungen, wie eine Auseinandersetzung abzulaufen hat, sind
unterschiedlich. Da hilft nur eines, so Schwaighofer: „Die Spielregeln in
Friedenszeiten vereinbaren: Man muss einander ausreden lassen, darf keine
Beleidigungen aufstellen.“
Ein ungleiches Paar
Nur selten können beide Partner gleich gut
mit Worten umgehen. Neben vereinbarten Streitregeln ist dann für den
Schwächeren auch penible Vorbereitung angesagt, so Monika Schwaighofer:
„Dieser sollte sich vorher genau überlegen, was er dem anderen überhaupt
mitteilen will, worum es ihm geht und wie er das am besten sagt. Auch die
Konsequenzen eines Gesprächs sollte er bedenken. Eventuell kann man die
Situation vorher mit einer Vertrauensperson durchspielen.“
Dos und Don’ts
Statt gleich auf den anderen loszugehen mit
allgemeinen Vorwürfen wie „Du kommst immer zu spät!“, sollte man strittige
Punkte so formulieren, dass die Wünsche klar werden, wie etwa: „Ich hätte
gerne, dass du mir Bescheid gibst, wenn du zu spät kommst.“ Außerdem „sollte
der Wille da sein, eine Lösung zu finden. Es geht nicht darum, immer recht
zu haben. Sprechen Sie auch viel über sich selbst und schaffen Sie
Transparenz über die eigenen Bedürfnisse. Werte, Gefühle und Erwartungen
muss man offenlegen und man sollte dem anderen auch zuhören, ohne ihn
ständig zu unterbrechen!“, fasst die Expertin zusammen. Nicht erlaubt sind
hingegen Überrumpelungstaktiken. „Fragen Sie den anderen, ob er Zeit für ein
Gespräch hat. Auch Wörter wie immer, dauernd und nie sind tabu. Vorschnelle
Lösungen halten oft nicht, was sie versprechen. Hetzen Sie also
keinesfalls!“
Muss eine Einigung sein?
„Manchmal muss man anerkennen, dass
etwas ungelöst stehen bleibt“, erklärt Schwaighofer. Sie plädiert dann für Regelungen
statt Lösungen.
Auszeit erlaubt!
Wenn es einer der Streitparteien zu viel wird,
ist eine kleine Pause hilfreich. Schwaighofer: „Ein Stopp ist dann das
richtige Signal. Um Lösungen zu finden, braucht es einen klaren Verstand und
eine gute Gesprächsatmosphäre. Eine Abkühlphase kann zu einer entspannteren
Situation beitragen.“
Faule Kompromisse?
Sollte man um des lieben Friedens willen
besser nachgeben? „Nein“, sagt Monika Schwaighofer. „Der Klügere gibt nicht
immer nach. Denn ein fairer Gesprächspartner ist an langfristigen Lösungen
interessiert. Wer zu schnell nachgibt, ist auf Dauer nicht zufrieden und
wird das Thema wieder aufwärmen.“ Das ist Zündstoff für neue Konflikte.
Schwaighofer: „Nachgeben ist nur dann okay, wenn ich beim Einlenken
keinerlei Groll gegen den anderen hege.“ Sonst ist neuer Streit programmiert.