11. März 2008 12:39
Etwas mehr als ein Monat nach dem Start in das Vollprogramm stellt Puls 4
Teile seines selbstproduzierten Abendprogramms ein. Das Infotainmentformat "Studio
4" und der Lifestyle-Ableger "Studio 4 De Luxe" werden "zusammengelegt",
bestätigte der Privatsender gegenüber der APA Medienberichte, derer es in
der kurzen Sendergeschichte bereits zahlreiche gab. Wie ein Rückblick auf
die ersten Wochen zeigt, legte der junge Sender eine erstaunlich bewegte "Launchphase"
und einen holprigen Start hin.
Mausi Lugner moderiert
Zwar wurden die Rechte für die
Ausstrahlung der Amadeus Awards und Christina Lugner als Moderatorin zum
Sender geholt sowie Natascha Kampusch als Gastgeberin einer Talkshow
zumindest angekündigt, die meisten Schlagzeilen machte Puls 4 aber
zweifelsohne mit diversen Personalkonflikten. Dass die Geschäftsführung
nicht unbedingt daran dachte, die Herzen der Belegschaft mit Feingefühl zu
erobern, wurde zwei Tage nach dem Launch klar, als zwei Betriebsräte "Kündigungsschreiben"
erhielten. Ein bisher in Österreich erst selten aufgetretener Fall, wie es
bei der Gewerkschaft heißt, da Personalvertreter nicht so einfach
hinausgeschmissen werden können.
Verfahren vor dem Arbeitsgericht
Nach zweiwöchigem Tauziehen in
dem es auch zu öffentlichen Kundgebungen der Belegschaft und der
Gewerkschaft kam, warfen die geschassten Betriebsräte schließlich das
Handtuch. Mit einer Abfindung im Gepäck verzichteten sie auf eine Klage, um
sich nach neuen Jobs umzusehen. Ein neuer Betriebsrat wird nun am 28. März
gewählt. Immer noch anhängig ist ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht auf
Anerkennung von Kollektivverträgen.
Moderatoren abgezogen
Irritationen im Senderteam gab es bereits
unmittelbar vor dem Start am 28. Jänner. Das Moderatorenduo Isabella Richtar
und Zain Makari wurde kurzfristig aus dem "Studio 4" abgezogen und
durfte nur das "Studio 4 De Luxe" moderieren. Geschäftsführer
Markus Breitenecker hatte "Trainingsbedarf" geortet, aber
versprochen, dass die stets mit Stolz präsentierten Eigenproduktionen, "wie
geplant" bis zum Ende des Launches am 4. April on Air sein würden.
Jetzt muss eine der beiden Sendungen ganz den Platz räumen. Bei Puls 4
spricht man von einer "Zusammenlegung". Wer moderiert, an welchem
Platz gesendet wird und mit welchem Angebot die Lücke gefüllt wird, wollen
die Verantwortlichen nicht sagen.
Nachrichtenangebot verstärkt
Fix ist, dass - entsprechend
der Gesamtausrichtung der ProsiebenSat.1-Austria Gruppe, zu der Puls 4
gehört - das Nachrichtenangebot verstärkt wird. Doch auch dieser Schritt
verlief nicht ganz friktionsfrei. Weil sich schon bei den selbstproduzierten
Programmen gezeigt hatte, dass qualifizierte Moderatoren rar sind, sah sich
Breitenecker offenbar unter Profis um.
Unklare Kausa Thurnher
Gespräche mit ORF-Moderatorin und
Publikumsliebling Ingrid Thurnher führten aber außer gehörigem Medienecho zu
keinem konkreten Ergebnis. Während Breitenecker erklärte, Thurnher habe sich
seiner Sendergruppe angeboten, man habe aber abgelehnt, weil man lieber auf
eigene Stars setze, wunderte sich Thurnher über diese Darstellung. Sie wäre
nie von sich aus auf einen Mitbewerber zugegangen, meinte sie. Und es sei
nicht schwer gewesen, sich nach dem Angebot von Puls für den ORF zu
entscheiden.
0,9 Prozent Marktanteil
Beim Sender selbst gibt man sich
unterdessen unbeirrt zufrieden. Einzelne Spielfilme und News-Sendungen
hätten über drei Prozent Marktanteil erzielt. Der Februar sei mit
durchschnittlich 0,9 Prozent Marktanteil insgesamt "sehr erfreulich"
gewesen, sagte Pressesprecherin Christina Patzl gegenüber der APA. An immer
mehr Tagen komme man bei den 12- bis 49-Jährigen auf einen Marktanteil von
über einem Prozent - wohlgemerkt über alle Ebenen.
Deutlich hinter ATV
Nimmt man den als Messgröße allgemein
anerkannten Marktanteil in den Kabel- und Satellitenhaushalten (KaSat) hält
Puls 4 im Februar nach den der APA vorliegenden Zahlen bei den 12- bis
49-Jährigen bei nur 0,6 Prozent. In der Zeit von 18.00 bis 20.15, dem
Intervall, in dem Eigenprogramme wie die Nachrichten, "Studio 4", "Talk
of Town", oder "Studio 4 Deluxe" laufen, wurde ein
KaSat-Marktanteil von 0,4 Prozent erzielt. Bei den Erwachsenen ab 12 Jahren
kam der Sender im Februar auf einen Tagesmarktanteil von 0,5 Prozent. In
Summe liegt man damit deutlich hinter dem Privatsender ATV.
Weiter unklar: Kampusch-Sendung
Um in der Zusehergunst besser
abschneiden zu können, setzt der Sender nun in den nächsten Wochen auf neue
Formate wie "Christina Lugners VIP Club". Ab 12. März diskutiert
Lugner jeden Mittwoch live mit und über Promis. Unklar ist noch der seit
Monaten angekündigte Start der Talkshow des Entführungsopfers Natascha
Kampusch. Dass diese, wie ursprünglich avisiert, bis 4. April kommt, wird
derzeit beim Sender nicht mehr bestätigt. Erste Probesendungen seien aber
schon abgedreht, heißt es.