12. Dezember 2007 13:23
Nachrichten im Internet machen den gedruckten Tageszeitungen zunehmend Leser
abspenstig. Das ist das Ergebnis einer Studie, die an diesem Freitag im
wissenschaftlichen Journal "Medien-und Kommunikationswissenschaft"
veröffentlicht wird. Erstmals sei es gelungen, eine Nutzungsverschiebung
zwischen Print und Online nachzuweisen, teilten die Autoren Castulus Kolo
(München) und Robin Meyer-Lucht (Berlin) am Mittwoch mit.
Starke Online-Nutzung
Das Internet bewirke eine schleichende
"Erosion der Intensivleserschaft" der Tagespresse, stellen die Autoren in
ihrer Untersuchung mit dem gleichnamigen Titel fest. Sie nahmen die Nutzung
von Nachrichten-Sites, die zum großen Teil von Zeitungsverlagen ins Internet
gestellt werden, und gedruckten Zeitungen im Zeitraum 2001 bis 2006 unter
die Lupe. Dabei ergab sich, dass Tageszeitungen genau dort besonders viele
treue Leser verlieren, wo eine starke Hinwendung zum Internet als
Nachrichtenmedium zu beobachten ist: "Je stärker die Nutzungszunahme von
Online-Nachrichten in einer Altersgruppe, desto gravierender sind zugleich
auch die Einbußen der Tageszeitungen."
Intensivnutzer von Nachrichten-Sites
Besonders stark betroffen
sind die Altersgruppen der 25- bis 34-Jährigen und der 35- bis 44-Jährigen.
Bei ihnen ist der Anteil der regelmäßigen Leser von
Abonnements-Tageszeitungen von 2001 bis 2006 von 50,5 auf 37,4 und von 64,8
auf 54,2 Prozent zurückgegangen. Im selben Zeitraum stieg der Anteil der
Intensivnutzer von Nachrichten-Sites von 7,9 auf 14,2 und von 7,0 auf 12,3
Prozent. "Online und Print laufen nicht einfach parallel oder ergänzen sich
gar", erklären die Autoren, "sondern machen einander zunehmend
Zuwendungsressourcen streitig." Es zeichne sich der Übergang von einer
"experimentellen Parallelnutzung" hin zur "habitualisierten Entscheidung"
für Print oder Online ab.
Digitalisierung rasch vorantreiben
Die Entwicklung unterstreicht
laut Studie für die Verlage die Notwendigkeit, die Digitalisierung ihrer
Marken rasch und umfassend voranzutreiben, um die Nachrichtenkonsumenten im
Internet an sich binden, die sie als Zeitungsleser verlieren. Die Autoren
erinnern auch an die Prognose des Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias
Döpfner, dass Tageszeitungen in "fünf, zehn oder fünfundzwanzig Jahren"
überwiegend digital vertrieben würden. "Die vorliegende Analyse gibt
entsprechenden Visionen eine empirische Basis in der Gegenwart."