13. November 2007 17:45
Am Donnerstag legt ORF-Boss Alexander Wrabetz intern den Budgetplan für 2008
vor. Und der birgt viel Sprengstoff. Nach ÖSTERREICH vorliegenden
Informationen muss der ORF im kommenden Jahr die Kosten um mindestens 25 bis
30 Millionen Euro drücken. Das heißt: Sparprogramm.
Der Grund sind sinkende Einnahmen. Schon die Bilanz für 2007 schaut nicht
sonderlich gut aus. Bei den Werbe-Erlösen wird der ORF zu Jahresende
voraussichtlich um rund zehn Millionen Euro hinter den budgetierten 311,4
Millionen Euro zurückliegen
Werbeeinnahmen sinken
Besonders bitter: Nicht nur das Fernsehen
liegt wegen der Marktanteilsverluste hinter den Erwartungen. Auch die
weitgehend stabilen ORF-Radios verlieren. Diese mussten laut Focus Media
Research 2007 bis jetzt ein Minus von 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr
hinnehmen.
Alexander Wrabetz und Sissy Mayerhoffer, die Kaufmännische Direktorin des
ORF, hatten für heuer 2,5 Prozent Plus bei den ORF-Einnahmen auf der
Rechnung, mussten aber schon Anfang Oktober „rückläufige Werbeerlöse“ im
ersten Halbjahr einräumen.
Und gleichzeitig kündigen Media-Agenturen – sie verplanen die Werbebudgets
großer Unternehmen – schon jetzt an, 2008 den ORF-Werbeanteil um 20 bis 30
Prozent reduzieren zu wollen: Weil das Preis-Leistungs-Verhältnis wegen der
Quotenverluste nicht mehr stimmt, wird argumentiert. Die Folge: Das
Finanzloch könnte sich noch auf über 50 Millionen Euro erhöhen.
Teurer Sport
Dem stehen ein Anstieg der Personalkosten auf 367,3
Millionen Euro (plus 4,3 Prozent) und teure Sportrechte gegenüber.
Fußball-Europameisterschaft und Olympische Spiele in Peking schlagen 2008
jeweils mit mindestens zehn Millionen Euro Sonderbudget zu Buche.
Noch dazu erweisen sich (im Gegensatz zur EURO 08) die Olympischen Spiele
angesichts fehlender heimischer Medaillen-Anwärter und der Übertragungen zu
nachtschlafender Zeit als wenig attraktiv für die Werbewirtschaft.
Sparprogramm
Erste Opfer des ORF-Sparplans sind die Magazine "szene"
und "Wie bitte?", beide im Vorabend von ORF 1. "szene"
verschwindet mit Jahresende komplett von der Bildfläche, "Wie
bitte?" wird auf ein Wochenmagazin reduziert.
Sparmaßnahmen wird es in nächster Zeit auch beim Personal geben. Wrabetz hat
die Weisung ausgegeben, freiwerdende Stellen nicht mehr "automatisch"
nachzubesetzen. Dadurch sollen unter anderem auch Strukturveränderungen im
ORF leichter möglich werden. Empörung löst dieses Vorhaben indes beim
Zentralbetriebsrat aus. Obmann Heinz Fiedler, der über die Pläne vorab nicht
informiert war, beschwerte sich in einem Brief an den ORF-Chef über dessen
Vorgehen.
Nächste Seite: Kritik der Betriebsräte am ORF-Chef
Bis zu 400 Posten betroffen
Von den Evaluierungsmaßnahmen
könnten in den nächsten Jahren bis zu 400 Posten betroffen sein,
Zentralbetriebsratsobmann Fiedler schreibt in seinem Brief an den
ORF-Generaldirektor von einem "Stellenabbau in dreistelliger
Größenordnung". Für Fiedler steht fest, dass Wrabetz den
Betriebsrat - gemäß der ORF-Betriebsverfassung - von seinen Plänen in
Kenntnis hätte setzen müssen.
"Unwilligkeit oder Unfähigkeit"
"Es stellt
sich mir in dieser ernsten Situation die Frage, ob die gewählte
Vorgangsweise auf Unwilligkeit oder Unfähigkeit beruht, die
Betriebsverfassung einzuhalten und einen kooperativen Stil im Umgang mit der
Personalvertretung zu pflegen", schrieb er. Die Betriebsräte fordern
den ORF-Chef daher auf, "die offensichtlich geplanten Maßnahmen vor
ihrer Weiterverfolgung gegenüber der Belegschaft offen zu legen und sich in
Zukunft auf einen gesetzestreuen Führungsstil zu besinnen", so die
deutlichen Worte Fiedlers.
"Klassische und Notwendige Managementaufgaben"
ORF-Kommunikationschef
Pius Strobl bezeichnete das Vorhaben im Gespräch mit der APA als "klassische
und notwendige Managementaufgaben, die vom Generaldirektor und der
Kaufmännischen Direktorin umgesetzt werden". "Sparen heißt
nun mal sparen, und zwar auf allen Ebenen und in allen Strukturgliederungen."
Kein "Kündigungsplan"
Von einem "Kündigungsplan"
könne aber keine Rede sein. Vielmehr solle jede Nachbesetzung "kritisch
auf ihre Notwendigkeit für das Kerngeschäft des ORF hinterfragt werden",
der Programmoutput werde dadurch aber keinesfalls gefährdet, sondern im
Gegenteil langfristig abgesichert. Die Maßnahme ist Teil des Budgetplans
2008, der in der Nacht auf Mittwoch fertiggestellt wurde und am Donnerstag
an die ORF-Stiftungsräte versandt wird.
Albert Sachs in ÖSTERREICH (14. November 2007)