29. Jänner 2007 11:08
Cannes Directlions - ein paar Tipps, wie man die Shortlist-Hürde
leichter überspringen kann
1. Bedenken Sie, dass die Juroren in der Flut an Informationen und
Einreichungen in so kurzer Zeit kaum die Möglichkeit haben, alle Details die
vielleicht Ihnen wichtig sind wahrzunehmen. Ein kleiner Vergleich: das
Informationsmaterial zum Lesen entspricht in Summe etwa der Hälfte vom Buch
‚Der Herr der Ringe’ – dies allerdings meist in schlecht übersetztem English
– also ähnlich kompliziert zu Lesen, wie so manche fernöstliche
Betriebsanleitung.
2. Juroren sind sehr wählerisch. Vor allem in Cannes kommen viele aus der
Kreativbranche und sind auch sonst für den kreativen Output in ihrer Agentur
verantwortlich. Demnach beurteilt man sehr schnell, ob eine Arbeit
interessant ist oder nicht. ‚Learn’ or ‚Drop’ – wenn ein Juror von etwas
beeindruckt ist, oder es selbst gerne gemacht hätte, dann wird dafür höher
gewertet.
3. Juroren sind auch nur Menschen. Sie verhalten sich sogar wie ganz normale
Konsumenten. Sie langweilen sich, wenn etwas zu lange oder zu langsam geht,
sie freuen sich, wenn sie etwas zum Schmunzeln bringt und sie Werten hoch,
wenn sie aus dem üblichen Level plötzlich etwas Besonderes entdecken. Allein
der Level um die Aufmerksamkeitsschwelle eines Juroren zu durchbrechen ist
in Cannes sicher höher als an einem gewöhnlichen Fernsehabend zu Hause.
Video kills
4. Video kills – oft wird in Cannes in den weniger
medialastigen Kategorien damit gepunktet, dass ein Video die Arbeit
darstellt und erklärt. Im Moment ist das noch stets eine willkommene
Abwechslung – auch, wenn künftig wahrscheinlich immer mehr Agenturen und
Einreicher auf diesen Effekt setzen werden. Dann wird es auch hier immer
wichtiger sein, dass das beigestellte Videomaterial entsprechend seine
Wirkung erzielt und nicht verfehlt! Im Moment werden diese Videos parallel
zu den Einreich-Boards in der Vorrunde zur Auswahl der Shortlist-Kandidaten
gezeigt. Aber auch danach werden sie zur Beurteilung von einigen Juroren
immer wieder ‚eingefordert’.
Tipps für Videodarstellungen von Cases
a.) Bei einem Video kommt es auf eine gute Dynamik an – das lange Herzeigen
eines aufklappbaren Folders kann schnell langweilen. Seien Sie kritisch:
würde Sie das selbst überzeugen?
b.) Musikunterlegung, Farben, Emotionen können helfen etwas ‚Stimmung’ in
die 4 Tage lang abgedunkelten Juryräume zu bringen.
c.) Aber bitte nicht übertreiben. Jurymitglieder in Cannes sind schnell
dahinter gekommen, ob Sie Ihre Arbeit nur ‚aufmöbeln’ wollten – Juroren
arbeiten im übrigen ja in der gleichen Branche wie Sie und kennen auch all
diese Tricks.
d.) Um zu wissen was für eine Einreichung wichtig ist kann es helfen, sie
einer nicht beteiligten Person zu erklären (eine Art Interview) – Sie werden
merken, wie Sie beginnen sich auf das wesentliche zu konzentrieren. Wenn Sie
beim erzählen Ihrer Arbeit ins Schwärmen kommen ist das das beste Indiz
dafür, dass es eine gute Arbeit für Cannes ist.
Professionelles Video
e.) Achten Sie auf den Stil ihrer
Videoaufbereitung. Ist sie professionell färbt das auch auf die Qualität
ihrer Arbeit ab.
f.) Machen Sie eine möglichst kurze Darstellung – am besten starten Sie mit
einem maximalen Zeit-Limit von 5 Minuten – dann zeigen Sie sie 2-3
unterschiedlichen Personen und kürzen nach deren Feedback um jeweils 20-30%.
Dass man eine integrierte Arbeit in allen Medienkanälen auch in 44 Sekunden
schafft, bewies LYNX Jet in der Jury 2006.
g.) Bringen Sie Ergebnisse, Aufgabenstellung und Lösung in Form von
Einblendungen ins Video ein – achten Sie darauf, dass die Texte aber so kurz
wie möglich sind – sie ersparen damit den Juroren, alle Einreichunterlagen
genau durchzulesen – ein Pluspunkt für Sie.
h.) Noch einfacher ist ein Voice-over. Damit ist es einfach, die Arbeit zu
‚verkaufen’!
Roman Sindelar, Partner und Creative Head bei PKP
proximity, vertrat die heimische Agenturbranche als Juror der Lions
Direct bei den Cannes Lions 2006.