24. März 2008 16:19
© AP Photo/Xinhua, Gesang Dawa
Nach Kritik aus China haben mehrere deutsche Medien Fehler bei der
Berichterstattung über die Unruhen in Tibet eingeräumt. Die privaten
Fernsehsender n-tv und RTL bedauerten am Montag, Bilder in einen falschen
Zusammenhang gestellt zu haben. Die staatliche chinesische
Nachrichtenagentur Xinhua (Neues China) hatte am Sonntag mehreren westlichen
Fernsehsendern, Zeitungen und deren Online-Angeboten vorgeworfen, Tatsachen
verfälscht zu haben. So seien Videosequenzen Tibet zugeordnet worden, die
tatsächlich gewaltsame Auseinandersetzungen im benachbarten Nepal gezeigt
hätten.
Falsche Bildunterschriften
Fotos aus der tibetischen Hauptstadt
Lhasa seien mit der Bildunterschrift in einen falschen Zusammenhang gestellt
worden, berichtete Xinhua. Kritisiert wurden unter anderen die
US-Fernsehsender CNN und Fox-TV, die Zeitungen "Washington Post" und
"Berliner Morgenpost". Deren Chefredakteur Carsten Erdmann verwahrte sich
gegen den Vorwurf der Manipulation. Von Medien aus den USA gab es zunächst
keine Reaktionen auf die Vorwürfe.
Nepal statt Tibet gezeigt
Der deutsche Nachrichtensender n-tv
teilte mit, am 20. März in einem Beitrag über den Tibet-Konflikt ein Bild
und einen Filmausschnitt aus dem benachbarten Himalaya-Staat Nepal gezeigt
zu haben. Der Fehler sei bemerkt und das Bildmaterial sofort ausgetauscht
worden. "Wir bedauern dies unendlich", sagte ein n-tv-Sprecher am Montag in
Köln. Es habe sich um Bilder von internationalen Agenturen gehandelt. Der
Sprecher betonte, es habe sich um ein Versehen gehandelt. "Wir wollten keine
Stimmung machen", fügte er hinzu.
RTL teilte mit, auf seiner Internetseite "in einem Fall ein Bild in einem
falschen Kontext verwendet" zu haben. Ein Tibet zugeordnetes Foto habe in
Wirklichkeit Sicherheitskräfte in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu
gezeigt, die mit Knüppeln gegen Demonstranten vorgingen. RTL stellt auf
seiner Webseite klar: "Wir haben versehentlich den Eindruck erweckt, bei der
Szene handle es sich um die Unruhen in Tibet und chinesische
Sicherheitskräfte. Diesen Fehler bedauern wir und stellen gleichzeitig fest:
RTLaktuell.de berichtet unabhängig."
Zurechtgestutzte Bildinhalte
Xinhua berichtete auch über ein Foto
auf der CNN-Website, das Menschen zeige, die vor einem Militärlastwagen
wegliefen. Das Originalbild zeige im Hintergrund aber Randalierer, die
Steine auf den Lastwagen geworfen hätten. Dieser Teil sei herausgeschnitten
worden. Die "Berliner Morgenpost" wurde für eine Bildunterschrift vom 17.
März kritisiert. Auf dem Foto ist nach Darstellung von Xinhua zu sehen, wie
Polizisten in Lhasa einen Chinesen vor einem Angriff von Randalierern
retten. In der Online-Ausgabe der deutschen Zeitung hieß es dagegen: "Ein
Aufständischer wird während der Proteste in Tibets Hauptstadt Lhasa von
Sicherheitsbehörden abgeführt." In der Zeitungsausgabe stand unter dem Foto:
"Aufnahmen des chinesischen Fernsehens zeigen einen Jungen, der von
bewaffneten Streitkräften in Kampfanzügen durch die Straßen von Lhasa gejagt
und verhaftet wird." Was das Foto wirklich zeigt, war zunächst nicht
aufzuklären.
"In Tibet herrscht Zensur"
Chefredakteur Erdmann
stellte dazu fest: "Eine freie Berichterstattung aus Tibet ist nicht
möglich, es herrscht Zensur." Westliche Fotoagenturen und Medien seien
"darauf angewiesen, ihren Zuträgern zu glauben. Das eröffnet natürlich die
Gefahr von Ungenauigkeiten in den Reportagen aus Tibet. Die Alternative
wäre, die Berichterstattung aus diesem oder anderen Krisengebieten, die
unter Diktaturen leiden, einzustellen. Hier eine Absicht oder Manipulation
zu unterstellen, ist grotesk."
Bilderquellen: Reuters und AFP
Die "Berliner Morgenpost"
erklärte, dass die beanstandeten Bilder ursprünglich von dem staatlichen
chinesischen Fernsehsender CCTV stammten. Die Fotoagenturen Reuters und AFP
hätten Standbilder aus TV-Berichten von CCTV am 16. März verbreitet. Die
Redaktion von Reuters habe zu dem Foto vom 16. März im begleitenden Text
geschrieben, hier werde ein Mann "eskortiert". Bei AFP heiße es zu einem
Foto der gleichen Szene, ein Jugendlicher werde "gewaltsam" in Lhasa durch
eine Straße geführt.