19. Dezember 2007 10:11
© AP Photo/Keystone, Alessandro Della Bella
Das zu Ende gehende Jahr 2007 war nicht nur das Jahr heftiger Debatten über
den Klimawandel, es war auch das wärmste seit Beginn regelmäßiger Messungen
im 19. Jahrhundert. In Mitteleuropa ist vor allem der ungewöhnlich
sommerliche und trockene April im Gedächtnis geblieben - "dieser Frühling
spiegelt in etwa das wider, was in circa 50 Jahren die Norm sein könnte",
sagte Klimaexperte Gerhard Müller-Westermeier vom Deutschen Wetterdienst.
Durchschnittswerte 2007 deutlich übertroffen
Dass die
Durchschnittswerte immer wieder übertroffen werden, ist nicht mehr
ungewöhnlich. Überraschend war 2007 nur noch, wie deutlich sie übertroffen
wurden.
Weltweit betrachtet war bereits der Jänner extrem warm - um 1,89 Grad über
dem sogenannten Normalwert. Es war das erste Mal seit Beginn der weltweiten
Messungen im Jahr 1880, dass irgendein Monat so stark vom Durchschnitt
abwich. Im April waren es 1,37 Grad, die weltweit über dem Mittelwert
gemessen wurden. Auch wenn die Dezemberwerte noch nicht feststehen, ist
bereits klar, dass 2007 das bisher wärmste Jahr der nördlichen Hemisphäre
war und deutlich über dem Durchschnittswert von 2005 liegt.
Hitze, Wirbelstürme und Schnee in Südafrika
Und es ist
nicht nur die Temperatur, die aus der Reihe tanzt. Wirbelstürme tauchen an
Orten auf, wo sie bisher völlig unbekannt waren - etwa in Oman oder im Iran.
In Südafrika hat es zum ersten Mal seit 25 Jahren heftig geschneit. Und auf
der Insel Reunion im Indischen Ozean wurden innerhalb von drei Tagen 390
Zentimeter Regen gemessen - ein Weltrekord für diese Zeitspanne.
USA dürregefährdet
Auf mehr als 60 Prozent der Fläche
der USA war es 2007 ungewöhnlich trocken. Die Großstadt Atlanta stand im
November am Rand einer Trinkwasserkrise, weil das wichtigste Reservoir, der
Lake Lanier auf einen Tiefststand sank. Ähnlich erging es im August und
September dem Lake Superior, dem größten und tiefsten der Großen Seen. Auch
Los Angeles erlebte das bisher trockenste Jahr seiner Geschichte.
Klimakatastrophe in Australien
In Australien gab es die
schlimmste Dürre seit einem Jahrhundert, die drohende Klimakatastrophe
entschied im November die Parlamentswahl. Trockenheit und Hitze verursachten
in Südeuropa wieder zahllose Wald- und Buschbrände, am schlimmsten war
Griechenland betroffen. Regen in Rekordmengen fiel hingegen in China,
England und Wales. Und zum ersten Mal erlebte die Karibik zwei Hurrikane der
höchsten Kategorie 5. Die Tropensturmsaison reichte mit "Olga" bis in den
Dezember hinein.
Örtliche Wetterextreme können nicht auf die globale Erwärmung zurückgeführt
werden, sagen viele Wissenschafter. Aber die Häufung solcher vereinzelten
Wetterextreme trage das Zeichen des von Menschen verursachten Klimawandels,
sagt der britische Klimaexperte Phil Jones von der University of East
Anglia. Nach den vier Berichten des Weltklimarats in diesem Jahr kann
niemand mehr sagen, dass der Klimawandel nichts mit der Lebensweise der
Planetenbewohner zu tun hat. Entsprechend massiv war im Dezember der Druck
auf die Teilnehmer der Weltklimakonferenz auf Bali, zügig und entschlossen
die Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll
vorzubereiten. Der zähe Verlauf der Konferenz aber wollte nicht so recht zur
gefühlten Dringlichkeit passen.
In der Arktis ist das Eis auf dem Rückzug. Die Nordwestpassage war noch nie
so gut beschiffbar wie in diesem Jahr. Auf Grönland, einem der Reiseziele
von Bundeskanzlerin Angela Merkel in diesem Jahr, schmelzen die Gletscher.
Und Russland meldete schon mal seine territorialen Ansprüche auf den Nordpol
an.
Die Meteorologen haben seit mehr als einem Jahrzehnt viele merkwürdige
Wetterjahre festgehalten. Aber noch nie war es so extrem wie 2007. Daran
wird man sich gewöhnen müssen, sagen Forscher wie Michael McCracken vom
Klimainstitut in Washington: "Wir haben einen zunehmenden Trend mit
seltsamen Jahren. Ziemlich bald werden die seltsamen Jahre die Norm sein."