06. November 2007 10:14
30.000 Menschen in Österreich leiden laut Schätzungen am Messie-Phänomen.
Betroffene überfüllen ihre Wohnung mit Gegenständen - Zeitungen, Müll oder
Sammlerstücken - bis sie sich kaum mehr bewegen können. Die zweite
deutschsprachige Messie-Tagung kommenden Freitag und Samstag in der Wiener
Sigmund Freud Privatuniversität will der psychischen Störung auf den Grund
gehen.
Zwanghaft
Noch sei kein spezifischer Auslöser bekannt, so Uni-Rektor
Alfred Pritz. Man will daher erst einmal dieses Syndrom von anderen
Erkrankungen abgrenzen. Das bisherige Ergebnis: Das Messie-Leiden hat eine
eigenständige Struktur, gekennzeichnet durch Verlustängste, oft auch
depressive und zwanghafte Impulse. Gearbeitet wird an der Privatuniversität
derzeit u.a. an einem Messy-House-Index, bei dem eine Bewertungsmethode für
den Zustand von vollgeräumten Wohnungen gefunden werden soll.
Alles wird gehortet
Messies sammeln in der Regel wertlose Dinge
und leiden dann darunter, dass sie diese nicht wegwerfen können, erklärte
Pritz. Viele sammeln Zeitungen, es gebe aber auch Betroffene, die Gitarren
oder Glaskugeln anhäufen. Virtuelle Messies wiederum können sich nicht von
SMS oder E-Mails trennen.
Noch relativ unbekannt sei das sogenannte "Animal-Hoarding", das Horten von
Tieren. Dabei gebe es Fälle, wo in einem Bauernhof an die 60 Hunde und 40
Katzen gefunden werden, berichtete der Rektor. Entdeckt werden diese
Vorkommnisse meist nur dann, wenn die Polizei bzw. das Veterinäramt
einschreite.
Therapie uneinheitlich
Bei der Behandlung sei mittlerweile klar,
dass es keine allgemeingültige Therapie gebe, betonte Pritz. Jeder Messie
habe seine eigene Geschichte, daher gehe die Hilfe individuell zugeschnitten
von einem einfachen "Ich helf' dir aufräumen" bis hin zu Gruppentherapien
und Selbsthilfegruppen. Das Schlimmste sei, dass Betroffene sozial verarmen
und aus Scham niemanden mehr in ihre Wohnung lassen.
Schwierig für Partner
Auch die Angehörigen von Messies sind
Thema der Tagung. Eine Patentlösung gibt es nicht. Funktionieren kann
beispielsweise das Überlassen eines Raums, in der der Messie tun und lassen
kann, was er will. Die Partnerin muss sich darum kümmern, dass das Problem
nicht auf die restliche Wohnung ausufere.
Wichtig für die Behandlung ist auf jeden Fall eine Krankheitseinsicht. Das
ist aber oft schwierig, da Betroffene sich in ihrem Chaos meist wohl fühlen.
Eine Möglichkeit, die derzeit gerade getestet wird, ist die Konfrontation
mit anderen Messie-Wohnungen.