13. September 2007 10:19
Das Kilogramm nimmt ab. Zwar sehr langsam, aber doch messbar, wie der
Wächter des so genannten Urkilogramms erklärte. Seit 118 Jahren wird der
Prototyp, ein 39 Millimeter hoher Zylinder aus einer Platin- und
Iridium-Legierung, in einem Tresor des Internationalen Büros für Maß und
Gewicht (BIMP) in Sevres bei Paris aufbewahrt. Nur alle vierzig Jahre wird
das Maß aller Kilos aus dem dreifach gesicherten Behältnis hervorgeholt, um
es mit Kopien des Urkilogramms abzugleichen.
Original wird leichter
Bei den jüngsten Messungen zeigte sich,
dass das Original 50 Mikrogramm leichter war als die Vergleichskilos im
Durchschnitt. "Sonderbar, denn alle Kopien sind aus dem gleichen Material
wie das Urkilo", sagt der Physiker Richard Davis der AP. Und viele der
Referenzzylinder wurden ebenfalls 1889 gegossen.
Nur Hypothesen
"Über die Gründe der Masseänderung gibt es nur
Hypothesen", sagt Michael Borys von der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig, wo der deutsche Prototyp gehütet wird.
Veränderungen könnten durch Umgebungseinflüsse während der Aufbewahrung oder
des Gebrauchs hervorgerufen werden, aber sicher sei man sich nicht.
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Die Abmagerung des Urkilogramms hat Folgen: Das Kilo ist das einzige Maß im
internationalen Einheitensystem, das tatsächlich nur durch den
Vergleichsgegenstand festgelegt wird. Das Urkilogramm, nimmt es nun ab oder
zu, "verkörpert als Masseneinheit per Definition weiterhin genau ein
Kilogramm", so Borys. Dadurch entstehe ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor
etwa bei Kalibrierungen.
Ruf nach Preissenkungen noch zu früh
Der Ruf nach
Preissenkungen für ein Kilo Rinderfilet oder eine Neujustierung der
Haushaltswaage wäre indes verfrüht. Die bisher festgestellte Masseänderung
von 50 Mikrogramm macht sich erst in der achten Stelle hinter dem Komma
bemerkbar.
Wissenschaftler sind ratlos
Dennoch zerbrechen sich
Wissenschafter weltweit darüber den Kopf, wie die inkonstante Konstante
stabilisiert werden kann, schließlich sind sie jeden Tag auf exakte
Messungen angewiesen. Auf einer Konferenz im November wollen Experten in
Paris über Lösungen beraten. Geprüft wird etwa eine Kugel aus
Silikon-Kristall mit einer einzigen Form von Atomen. Am Braunschweiger PTB
wird mit Ionenakkumulation experimentiert, um das Kilogramm an eine atomare
Masse anbinden zu können.