11. Dezember 2007 17:28
Auch nach Ende des Vermittlungsmandats der Kosovo-Troika am Montag geht das
internationale Ringen in der Frage des künftigen Status des Kosovo weiter.
Während die EU sich auf eine einseitige Unabhängigkeitserklärung der
UN-verwalteten serbischen Provinz unter anderem mit der Entsendung von 1.800
Polizisten, Richtern und Zöllnern vorbereiten will, kündigt Russland an, auf
die Annullierung einer derartigen Proklamation durch den UN-Sicherheitsrat
drängen. Serbien wiederum will zur Abspaltung des Kosovo die Stellungnahme
des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag (IGH) einholen.
Russland droht mit Aufhebung des Beschlusses
Der russischen
Vermittler in der Kosovo-Troika, Alexander Bozan-Chartschenko gab bekannt,
Russland werde vom UN-Sicherheitsrat die Aufhebung des Beschlusses einer
Unabhängigkeit fordern. "Eine einseitige Ausrufung der Unabhängigkeit würde
gegen die Resolution 1244 des Weltsicherheitsrates verstoßen." Russlands
Präsident Wladimir Putin und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel stimmten
am Montag in einem Telefonat aber überein, dass "eine Eskalation unter allen
Umständen vermieden werden muss", wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am
Dienstag in Berlin sagte.
Gemeinsame EU-Aussenpolitik auf dem Prüfstand
Am Montag war
die UN-Frist für letzte Verhandlungen zwischen Serbien und den
Kosovo-Albanern unter Vermittlung der Troika verstrichen. Außer Russland
sind EU und die USA in der internationalen Troika vertreten. Ihr Bericht
ging bereits an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Am 19. Dezember soll sich
dann der UN-Sicherheitsrat damit befassen. Eine Woche vor der Debatte im
Entscheidungsgremium der Vereinten Nationen steht aber auch die
Geschlossenheit der gemeinsamen Außenpolitik der EU auf dem Prüfstand.
Zypern sieht gefährlichen Präzendenzfall
Kurz vor dem
EU-Gipfel am Freitag äußerte Zypern im EU-Außenministerrat in Brüssel
Vorbehalte. Die Insel, deren Nordteil türkisch besetzt und international
nicht anerkannt ist, sieht in der Entsendung der EU-Experten und in einem
unabhängigen Kosovo einen gefährlichen Präzedenzfall. Darauf berief sich am
Dienstag auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Er sprach sich gegen eine
EU-Krisenmission im Kosovo und für eine Autonomie des Kosovo im serbischen
Staatsverband aus.
Serbien sieht "gesetzeswidrigen EU-Beschluss"
Die
EU-Mission soll die seit 1999 bestehende UN-Verwaltung (UNMIK) in Pristina
ablösen. Ihr Engagement führt die EU auf die Resolution 1244 des
UN-Sicherheitsrats von 1999 zurück, wonach der UNO-Generalsekretär selbst
über die im Kosovo nötige "internationale Präsenz" entscheiden könne.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow entgegnete dieser Auffassung mit den
Worten, "eine einseitige Interpretation der Resolution" sei "sehr
gefährlich." Serbiens Regierungschef Vojislav Kostunica bezeichnete eine
Mission der EU rundweg als "gesetzeswidrigen EU-Beschluss".
Pristina bildet Regierung
Unterdessen hat in Pristina die
Regierungsbildung auch offiziell begonnen. Der designierte Premier Hashim
Thaci von der Demokratischen Partei des Kosovo (PDK) wollte mit der
Präsidentenpartei Demokratische Liga (LDK) und der Allianz Neues Kosovo
(AKR) von Beghet Pacolli zusammenkommen. Die Zeichen mehren sich, dass die
kosovoalbanische Führung mit einer Unabhängigkeitserklärung bis nach den
anstehenden Präsidentschaftswahlen in Belgrad warten will.
Radikale Kräfte bei Serbien-Wahl im Vormarsch?
Die EU
befürchtet, eine frühere Unabhängigkeitserklärung der Kosovo-Albaner könnte
radikalen Kräften in Serbien zum Wahlsieg verhelfen. Kostunicas
Demokratische Partei Serbiens (DSS) hat zuletzt entgegen den Bekundungen
seiner Koalitionspartner angekündigt, die Wahlen erst nach der Sitzung des
UN-Sicherheitsrates kommende Woche auszuschreiben. Inoffiziell heißt es, die
Wahl soll um den 20. Jänner stattfinden.