28. Mai 2008 15:15
In ihrer am Donnerstag in der britischen Fachzeitschrift "Nature"
erscheinenden Studie belegten die Forscher damit, dass Tiere weit früher als
bisher bekannt lebend gebaren.
200 Mio. Jahre früher
Bisher war die Wissenschaft davon
ausgegangen, dass die ersten Lebendgeburten im Tierreich erst 200 Millionen
Jahre später vorkamen. Der Fund zeige, "dass das Lebendgebären zur gleichen
Zeit anfing wie das Eierlegen und dass sich diese Mechanismen gleichzeitig
und nicht nacheinander entwickelten", sagte die Wissenschaftlerin Kate
Trinajstic, die das Fossil gemeinsam mit ihrem Kollegen John Long im
Nordwesten Australiens fand.
Evolution von Wirbeltieren verändert
In dem gut erhaltenen
Fossil ist das Muttertier mit einem Embryo in der Gebärmutter über eine
verkalkte Nabelschnur verbunden. "Es ist sicher einer der
außergewöhnlichsten Fossil-Funde, die jemals gemacht wurden", sagte Long,
Forschungsdirektor am Victoria-Museum. Das Fossil ändere das Verständnis der
Evolution von Wirbeltieren. Das Fossil bietet der Studie zufolge das erste
Beispiel überhaupt für eine "interne Befruchtung", das heißt für
Geschlechtsverkehr durch Penetration. Die Geburt, bei der das Junge mit dem
Schwanz zuerst den Mutterleib verlässt, ähnelt den Angaben zufolge dem heute
bei einigen Hai- und Rochenarten zu beobachtenden Vorgang.
Unbekannter Panzerfisch
Der von den Forschern "Mutterfisch"
genannte "Masterpiscis attenboroughi" ist eine bisher unbekannte Art. Er ist
etwa 25 Zentimeter lang und gehörte zu einer ausgestorbenen Wirbeltiergruppe
der Panzerfische, die während des Mittleren Paläozoikums vor etwa 420 bis
350 Millionen Jahren lebte. In dieser Zeit beherrschten die auch
"Dinosaurier der Meere" genannten Panzerfische die Seen und Ozeane. Den
Fisch benannten die Forscher nach Sir David Attenborough, der den Fundort
des Fossils vor der Nordwestküste Australiens - ein einstiges Korallenriff -
erstmals entdeckte. Als mögliche Ursache für den Tod des Fisches und seines
Ungeborenen nannten die Forscher Sauerstoffmangel im Wasser. Dadurch sei der
Fisch auf den Grund gesunken und unter dem Schlamm begraben worden.
Entdeckung in letzter Sekunde
Den Wissenschaftlern wären die
unter einer fossilierten Flosse versteckte Nabelschnur und der Embryo fast
entgangen - und damit die eigentliche Sensation der Entdeckung, wie
Trinajstic in einem Telefoninterview berichtete. Kurz vor Abschluss ihrer
Untersuchungen hätten sie und Long sich entschlossen, den Fisch ein letztes
Mal in Säure zu tauchen, um die Schulter stärker hervorzuheben. Es sei
riskant gewesen, sagte die Professorin der Universität von Westaustralien in
Crawley. "Zu viel Säure, und das ganze Ding fällt zusammen." Nach einer
Mittagspause hätten sie dann das Fossil aus der Säure gezogen und die
Entdeckung gemacht: "Der Embryo saß da einfach, er war so perfekt erhalten,
so klar, es konnte nichts anderes sein."