21. Dezember 2007 15:32
Nahezu jeder zweite Österreicher ist potenziell kaufsüchtig. Zu diesem
Ergebnis kommt eine Studie der Arbeiterkammer. Im vergangenen Jahr waren 32
Prozent kaufsuchtgefährdet, dieses Jahr stieg die Anzahl um fast ein Drittel
der Gesamtbevölkerung auf 42 Prozent. Insgesamt sind 8,7 Prozent der
Befragten stark, 32,9 Prozent deutlich kaufsuchtgefährdet. Befragt wurden
1.000 Österreicher ab 14 Jahren.
Frauen stärker betroffen
"Eine besonders deutliche
Steigerung hat es bei den 25- bis 44-Jährigen gegeben", sagte Karl
Kollmann, stellvertretender Leiter der Abteilung Konsumentenschutz der AK
Wien, gegenüber dem Vorjahreswert von 34 Prozent sind 46 Prozent als
kaufsuchtgefährdet eingestuft. Während soziodemografische Werte wie
Einkommen oder soziale Schicht keine Rolle spielen, tritt der
Geschlechterunterschied umso deutlicher in den Vordergrund: 60 Prozent aller
Kaufsuchtgefährdeten sind Frauen, besonders betroffen ist die Altersgruppe
zwischen 14 und 24 Jahren. Hier sind bereits 50,4 Prozent deutlich
gefährdet.
Der Kauf ist das Ziel
Österreich stehe mit diesen Werten im
internationalen Spitzenfeld, auch zum Beispiel vor der Schweiz und
Deutschland, erklärte Studienautor und Leiter des Anton-Proksch-Instituts
Wien, Michael Musalek. Wichtig sei zu erkennen, dass es sich bei akuter
Kaufsucht um eine schwere Erkrankung handle, die oft zusammen mit Depression
oder Angstzuständen einhergehe. "Das Entscheidende ist nicht, dass
jemand gerne einkauft, sondern dass das Kaufen selbst das Ziel ist."
Kaufsüchtige würden die Produkte gar nicht mehr auspacken, sondern daheim
horten. Ähnlich wie bei der Alkoholsucht käme auch die Kaufsucht
schleichend, sagte der Experte, "letztendlich sind wir alle betroffen".
AK forderte Prävention
"Gründe für den Shoppingwahn
sind vielfältig. Kaufen dient als Ersatz etwa für Einsamkeit oder als
Belohnung für Stress und Arbeitsleid", fügte Kollmann hinzu. Die
Studie sieht ebenso einen Zusammenhang zwischen der Internetnutzung und der
Kaufsucht. "Vor allem die Jungen wachsen mit dem Internet und
bargeldlosem Zahlungsverkehr auf und kaufen dann relativ ungehemmt ein",
berichtete Kollmann. Einen großen Teil der Schuld sehen die Studienautoren
auch bei dem steigenden Konsumdruck, den fast drei Viertel der Österreicher
als zu stark empfinden würden. Zusätzlich sei bereits ein Teil der
Kaufsuchtgefährdeten in Richtung Überschuldung unterwegs, zeigte Kollmann
auf. Die AK fordert aus diesem Grund, "dass die Prävention im breiten
Umfang ausgebaut wird", besonders würde das die Schule betreffen.