Französisches Dorf wird zur Riesen-Krippe

Weihnachtsgeschichte

Französisches Dorf wird zur Riesen-Krippe

Schon von weitem ist Josef auf einem Balkon zu sehen, über einem Brunnen pendelt Jesus in einer Glaskugel: Im südfranzösischen Luceram ist die nach eigenen Angaben größte Krippe der Welt aufgebaut. Ab diesem Samstag sind in dem kleinen Dorf mehr als 400 Krippen zu besichtigen. Sie finden sich auf Fensterbrettern, am Brunnen, auf dem Brückengeländer und selbst in Regenrinnen und Holzstapeln.

Einmaliges Projekt

"Wir sind die begehbare Weihnachtsgeschichte", sagt Christiane Ricort. Die Vorsitzende des örtlichen Museums erzählt begeistert von ihrem einmaligen Projekt. Die Bürger engagieren sich ehrenamtlich für das beleuchtete religiöse Spektakel, das jedes Jahr mehr als 50.000 Touristen aus aller Welt besichtigen.

Schöner Schmuck
Vor 13 Jahren hat Christiane Ricort die Krippen-Leidenschaft im Dorf ausgelöst. Ricort bastelte damals mit ihrer Familie ein zehn Meter langes Miniaturdorf von Luceram und ließ dort die Jesusgeschichte Platz finden. Die Bürger waren begeistert. Einige stellten spontan ihre eigenen Krippen vor die Haustür oder auf den Balkon, mehr und mehr Touristen strömten in das Dorf im Hinterland der Cote-d'Azur. Im ersten Jahr waren 33 Krippen zu sehen, inzwischen hat sich die Zahl mehr als verzehnfacht. Bis zum 9. Jänner bleibt das steinerne Dorf noch mit der Jesusgeschichte geschmückt.

Im Krippenmuseum ist die Geschichte dieser Kunst nachzuempfinden. Sie wurde im 13. Jahrhundert in dem italienischen Ort Greccio begründet. Der heilige Franz von Assisi holte von Papst Honorius III. eigens eine Erlaubnis für die Darstellung der Weihnachtsgeschichte ein. Er soll sie mit lebenden Personen und Tieren nachgestellt haben. Franz von Assisi wollte vor allem die Gläubigen in der Jesu-Geschichte unterrichten. Erst im 19. Jahrhundert haben Familien auch privat ihr Zuhause mit den Hirten, der Jungfrau Maria, den heiligen drei Königen und dem Jesuskind geschmückt.

In Luceram ist zu sehen, wie Christen weltweit die Geburt Jesu feiern. Eine afrikanische Krippe ist mit Sand ausgelegt, die Figuren sind aus Pappe geklebt oder aus Holz geschnitzt. In Russland werden die Figuren und selbst die Krippe kunstvoll gehäkelt. Eine asiatische Variante zeigt gläserne Figuren mit ausdruckslosem Gesicht. Sie allen haben die Bewohner Lucerams von ihren Reisen mitgebracht. "Natürlich ist auch die Krippe wie jede Kunst ein Zeugnis der jeweiligen Kultur", sagt Ricort. "Aber die grundsätzliche Anordnung der Figuren, die bescheidene Geburtsszene und die Hoffnung auf das Jesuskind ist überall dieselbe", so die 62-Jährige.

Dorf lebt auf
Das verschlafene Luceram lebt im Dezember richtig auf. Es liegt abgelegen 600 Meter hoch auf einer Bergkuppe, der Bus fährt dreimal am Tag in einer Stunde nach Nizza. Der "Krippenweg" ist die Attraktion des Jahres. Schon im November treffen sich die Bewohner, um ihre Pläne vorzustellen. Der einzige Bäcker im Ort bereitet sich auf die Touristenströme vor, produziert Nougat und im echten Kohleofen Gewürzkuchen.

"Das Projekt hat unser ganzes Dorf verändert", sagt Jean-Pierre Prioris. Der Rentner mit dem Schlapphut schmückt schon seit Tagen mit einem Freund den zentralen Platz. Sie behängen Bäume mit Schneekugeln und stellen hüfthohe Schafe und Rehe auf. Zuallerletzt kommen die Josef- und Mariafiguren. "Jedes Dorf sollte so ein Projekt haben", sagt Prioris und zieht genüsslich an seiner Zigarette. "Dann gibt es auch keinen Streit mehr über den Nachbarzaun", sagt er lachend.

Auch die umliegende Gemeinden wurden von der Bastelleidenschaft angesteckt. Hirten aus dem Mercantourgebirge, den südlichen Alpen, steigen am 24. Dezember mit ihren Ochsen, Eseln und Schafen herab und lassen das Christspiel noch authentischer aussehen. Dazu essen die Südfranzosen traditionell 13 verschiedene Nougatsorten, für sie das Symbol von Christus und den zwölf Aposteln.

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