590 Euro: Nächte im "Hotel" Guggenheim waren in Windeseile restlos ausgebucht.
An ihrem dritten Hochzeitstag überraschte Alaina Browne ihren Mann Anil Dash mit einem ganz ungewöhnlichen Erlebnis: Eine Nacht im New Yorker Guggenheim Museum. Genauer gesagt in der Installation des deutschen Künstlers Carsten Höller "Drehendes Hotelzimmer". Sie schlüpften in die flauschigen Bademäntel, schliefen in der seidenen Bettwäsche des Doppelbettes, und frühstückten morgens im obersten Stockwerk der berühmten Frank-Lloyd-Wright-Rotunde. Außer einigen Sicherheitsleuten war das Paar dort ganz alleine.
"Als würde man was Verbotenes tun"
"Es fühlte sich
ein bisschen so an, als wäre man ein Kind und würde was Verbotenes tun: Man
darf die Kunst anfassen und sogar darin schlafen", sagte Alaina Browne nach
der Nacht. Das ist auch genau die Idee, die hinter der Gruppenausstellung
"theanyspacewhatever" steckt, zu der Höllers Werk gehört. Die zehn
ausgewählten internationalen Künstler arbeiteten daran, Kunst und Leben
verschmelzen, erklärt Kuratorin Nancy Spector. "Sie wollen
situationsbezogene und theatralische Kunst schaffen, die die Elemente von
Verführung und sogar Magie beinhalten", sagte sie. Die Interpretation liege
ganz bei dem Betrachter.
Spektakuläre Installationsprojekte
Höller (Jahrgang 1961)
hatte bereits mit anderen spektakulären Installationsprojekten auf sich
aufmerksam gemacht. 2006 beispielsweise baute er in der Londoner Tate Modern
eine Riesenrutsche in der Eingangshalle auf. Sein "Drehendes Hotelzimmer"
besteht aus drei versetzt übereinander angeordneten runden Glasscheiben.
Darauf angeordnet sind das weiß lackierte Bett, passende Stühle und ein
Tisch mit hell erleuchteten Glühbirnen, sowie ein Schrank inklusive
Kleiderbügel. Die Scheiben drehen sich im Zeitlupentempo in entgegensetzte
Richtungen. Allerdings so langsam, dass man es fast gar nicht merkt. "Man
musste nur aufpassen, dass man mit den Füßen nicht zwischen die Scheiben
geriet", so Übernachtungsgast Browne.
Restlos ausgebucht
In einer kunstbegeisterten Stadt wie New York,
die auch gerne den Spaßfaktor nicht vernachlässigt, waren die Nächte im
"Hotel" Guggenheim in Windeseile restlos ausgebucht. Trotz der saftigen
Preise von bis zu 799 Dollar (590 Euro) gab es etwa 500 Anfragen. Als erster
prominenter Übernachtungsgast hatte sich die US-Schauspielerin Chloe Sevigny
("Zodiac - Die Spur des Killers") angesagt.
Interaktive Werke
Zu weiteren interaktiven Werken von
"theanyspacewhatever" gehört auch die Installation "Cinema Liberte/Bar
Lounge" des Argentiniers Rirkrit Tiravanija (Jahrgang 1961) und des Schotten
Douglas Gordon (Jahrgang 1966). Es zeigt Filme, die aus politischen Gründen
zensiert wurden. Zuschauer sitzen auf bequemen Kissen, an einer Bar wird
echter Kaffee serviert. Halbrunde, knallrote Bänke des britischen Künstlers
Liam Gillick (Jahrgang 1964) laden zum Verweilen ein, Dominique
Gonzalez-Foerster (Jahrgang 1965) aus Frankreich baute eine
Sound-Installation auf der dritten Rampe des Museums auf, die einen
Regensturm simuliert.
Museumserfahrung
Als Spielplatz für Ausstellungsbesucher will die
Kuratorin Spector "theanyspacewhatever" jedoch nicht bezeichnen. "Wir
wollten unserem Publikum eine andere Art von Museumserfahrung anbieten und
zeigen, dass Kunst mehr sein kann als ein Gemälde an der Wand, eine Skulptur
oder ein Video. Es verlangt von den Besuchern sehr viel mehr Zeit", betonte
die Kuratorin.
Für Alaina Browne führte das Zeitinvestment jedenfalls zum außerordentlichen - und nie wieder kehrenden - Kunsterlebnis. "Es ist etwas ganz besonderes, das Museum für sich ganz alleine zu haben. Daran werden wir uns immer erinnern: An unsere gemeinsame Nacht im Guggenheim Museum", sagt die junge Frau.