Österreich vergibt nach Niederlage gegen Wales wohl letzte WM-Chance.
Die Fußball-WM in Russland wird aller Voraussicht nach ohne Österreichs Nationalteam stattfinden. Im Auswärtsspiel in Wales musste sich die ÖFB-Elf am Samstagabend mit 0:1 (0:0) geschlagen geben. Die Chance an der Teilnahme am Weltturnier im kommenden Jahr ist damit nur noch theoretischer Natur. Den entscheidenden Treffer in Cardiff markierte der 17-jährige Debütant Ben Woodburn in der 74. Minute.
Als Vierter der Gruppe D liegen die Österreicher bei drei ausstehenden Spielen mit weiter nur acht Zählern klar im Hintertreffen. Spitzenreiter Serbien ist mit 15 Punkten enteilt, Irland hat als für das Play-off berechtigter Zweiter 13, Wales als Dritter 11 auf dem Konto. Die Iren und Serben treffen am Dienstag im direkten Duell aufeinander. Österreich empfängt den Vorletzten Georgien, Wales gastiert bei Schlusslicht Moldau.
Teamchef Marcel Koller schickte im City Stadium des EM-Halbfinalisten von 2016 die erwartete Anfangsformation aufs Feld. Martin Harnik begann in Abwesenheit von Guido Burgstaller als Solospitze, David Alaba nahm die Rolle des ebenfalls verletzen Zlatko Junuzovic im zentralen offensiven Mittelfeld ein. In der Abwehr bot Koller wie beim 1:1 in Irland im Juni wieder die Viererkette auf.
Wales vertraute auf seine Superstars. Der bei Real Madrid zuletzt in verhaltener Form agierende Gareth Bale und Arsenals Aaron Ramsey sollten es richten, das Duo setzte bei den "Drachen" auch die ersten Akzente. Bales Schüsschen fiel zunächst zu schwach aus (3.), bei Ramseys Antritt samt etwas zu hohem Abschluss (9.) war die Torsperre der ÖFB-Elf erstmal in Gefahr.
Nach einer Viertelstunde kamen aber die Österreicher auf. Vor allem der beim walisischen Publikum nicht unbedingt beliebte Marko Arnautovic konnte sich links in Szene setzen. Österreichs teuerster Fußballer wurde gesucht und holte in dieser Phase zumindest immer wieder Eckbälle heraus. In der 33. Minute hätte der West-Ham-Profi dann anschreiben müssen: Nach Idealvorlage von Kapitän Julian Baumgartlinger zirkelte Arnautovic den Ball aber alleine vor Wales-Torhüter Wayne Hennessey am Kreuzeck vorbei.
Danso feiert Premiere
Koller hatte zu diesem Zeitpunkt bereits notgedrungen wechseln müssen. Sebastian Prödl verletzte sich bei einem Zweikampf in der Oberschenkelmuskulatur, für den Innenverteidiger kam in der 27. Minute Kevin Danso zu seinem Teamdebüt. Der erst 18-Jährige hat beim FC Augsburg in dieser Saison noch keinen Einsatz bei den Profis absolviert.
Die Umstellung in der Abwehr fiel vorerst aber nicht ins Gewicht. Österreich war gegen zaghafte Waliser der Führung näher, wobei Marcel Sabitzer aus allen Lagen den Abschluss suchte, sein Visier aus aussichtsreichen Positionen aber nicht optimal eingestellt hatte. Für eine Schrecksekunde sorgte kurz vor dem Halbzeitpfiff noch Heinz Lindner, dessen Pass zu Danso zu kurz ausfiel. Der brachte den Ball gerade noch aus der Gefahrenzone.
Wales kam nach der Umstellung auf eine Viererkette deutlich besser aus der Kabine, die Hausherren standen höher und erwischten erneut den besseren Start. Ramseys Schuss traf zunächst Hintereggers Oberschenkel (51.), dann wurde Lindner von Bale zu einer Parade gezwungen (56.). Österreich fing sich erneut, Möglichkeiten blieben aber Mangelware. Baumgartlinger bewies erneut Einfädlerqualitäten, Bale grätschte Harnik im eigenen Strafraum aber den Ball ab (68.).
Teenie schießt ÖFB-Team ab
Wales-Trainer Chris Coleman reagierte mit dem Eintausch frischer Offensivkräfte. Mit Woodburn kam ein Debütant - ein Wechsel, der sich bezahlt machen sollte. Das Liverpool-Talent profitierte von einer kollektiven Unsicherheit in Österreichs Innenverteidigung, traf mit einem satten Schuss platziert und für Lindner unhaltbar. Koller suchte seinerseits mit Michael Gregoritsch (für Sabitzer) und Marc Janko (für Harnik) vergeblich die Wende zu erzwingen. Österreichs Offensivspiel blieb Stückwerk, Wales war dem 2:0 näher.
Die von Koller herbeigesehnte Chance zur Trendwende blieb in Cardiff damit aus. Sollte Österreich wie schon in den vorangegangenen vier WM-Qualifikationen scheitern, stünde auch die berufliche Zukunft des Schweizers zur Disposition. Sein Vertrag läuft bei einem Scheitern mit Jahresende aus.
Stimmen zum WM-Qualifikationsspiel Wales - Österreich (0:1):
Teamchef Marcel Koller: "Es herrscht eine große Enttäuschung in der Kabine. Wir haben in der ersten Halbzeit ein sehr gutes Spiel gezeigt, hatten drei Möglichkeiten, da musst du zumindest ein Tor schießen. Zweite Halbzeit hat Wales mehr Druck gemacht, dann haben wir uns aber wieder gefangen. Beim Gegentor haben wir zu viele Fehler gemacht, das ist auf dem Level tödlich. Dann ist es schwierig, das Spiel zu gewinnen. Wir haben umgesetzt, was wir im Training geübt haben. Aber es hat leider nicht gereicht. Es ist wichtig, dass wir diese Enttäuschung verarbeiten und schauen, dass wir am Dienstag das Heimspiel gewinnen."
Martin Hinteregger: "Es ist bitter, die Chancen waren da. Wir hätten das 1:0 schießen können, die Waliser haben es gemacht und deshalb das Spiel gewonnen. Es war eine Fehlerkette, dann haut er ihn rein. Letztendlich haben sie es vielleicht ein Stück mehr gewollt. Wir wissen, was wir können, haben es teilweise auf den Platz gebracht. Aber die Enttäuschung ist jetzt riesig."
Aleksandar Dragovic: "Wir haben gut gespielt, waren die bessere Mannschaft. Durch eine Halbchance machen sie das Tor, das ist die Klasse. Wir haben alles gegeben, es sollte einfach nicht sein. Wenn man kein Tor macht, hat man es nicht verdient, zu gewinnen."
David Alaba: "Es ist eine große Enttäuschung, scheiße. Wir hatten unsere Chancen, haben in der ersten Halbzeit ein gutes Spiel gezeigt. Aber auf diesem Niveau ist es vielleicht zu wenig. Wir haben schon des öfteren diese Spiele nicht für uns entscheiden, daran müssen wir arbeiten. Es geht um Kleinigkeiten, die Spiele entscheiden. Bei der letzten Quali (für EM, Anm.) haben sie für uns entschieden, nun war das einfach nicht der Fall. Dass es für 2018 jetzt nicht gereicht hat, ist schade. Aber wir werden aufstehen, den Mund abputzen und weiter an uns arbeiten."
Julian Baumgartlinger: "Es ist sehr bitter, wir haben gut ins Spiel gefunden, kontrolliert gespielt. Wir hatten ein, zwei große Chancen, die muss man auswärts nutzen. Wir haben auch in der zweiten Halbzeit gute Gelegenheiten gehabt. Es entscheidet sich auf schmalem Grad. Je mehr Chancen man liegen lässt, desto mehr wird man bestraft. So ist das im Fußball."