Das "Energie Rückgewinnungs System" entbehrt laut Lauda "jeder Logik".
Das neue Energie-Rückgewinnungssystem KERS ist in der kommenden Formel-1-Saison die große Unbekannte. Einige Teams verzichten aufgrund der fehlenden Testkilometer gänzlich auf die 82 zusätzlichen PS, die das Hybridsystem 6,6 Sekunden pro Runde per Boost-Button beizuschalten ermöglicht. Auch die hohen Kosten - eine Eigenentwicklung verschlingt bis zu 40 Millionen Euro - sind ein Faktor. Dementsprechend kritisierte auch Österreichs dreifacher Weltmeister Niki Lauda die überstürzte Einführung.
Gegen Spargedanken
"KERS wurde durchgeboxt. Das entbehrt jeder
Logik. Die Formel 1 muss sparen und dann entwickeln sie dieses sündteure
System. Das kann ich nicht nachvollziehen", erklärte Lauda im Gespräch mit
der APA - Austria Presse Agentur. Langfristig sei der zusätzliche
Elektromotor zwar eine sinnvolle Entwicklung, um den Sport
energieeffizienter und spannender zu machen. "Ich hätte die Einführung aber
um zwei Jahre verschoben. Auch die Weiterentwicklung kostet Geld", erinnerte
Lauda. Die nächste Ausbaustufe soll es bereits 2011 geben.
Formel 1 "wird es immer geben"
Dabei bekommt die
Königsklasse die Wirtschaftskrise härter zu spüren als viele andere
Sportarten. "Die Formel 1 hat das Problem, dass ihr hinten und vorne das
Geld ausgeht", sagte Lauda. Um die Zukunft des Sports fürchtet sich der
Unternehmer und TV-Experte dennoch nicht. "Die Formel 1 hat es immer gegeben
- auch in den 70er Jahren, als man am Sonntag nicht einmal mit dem Auto
fahren durfte. Und es wird sie immer geben", versicherte Lauda. Nach dem
Ausstieg von Honda hätten alle Hersteller ein Bekenntnis abgegeben.
Selbstregulierend
Das System Formel 1 reguliere sich selbst,
erklärte der 25-fache Grand-Prix-Sieger, der im Februar seinen 60.
Geburtstag gefeiert hatte. "Wenn die Sponsoren weniger werden, dann muss man
reagieren. Die Kostensenkung war absolut richtig und notwendig", betonte
Lauda, der auch weitere, von der Teamvereinigung FOTA initiierte Maßnahmen
zur Zukunftssicherung begrüßte. "Für die Zuschauer hat die Kostensenkung
keine Auswirkungen. Die Rennen bleiben spannend wie bisher", meinte der
Ex-Weltmeister.
Motoren müssen 4 Rennen halten
Spannend wird die neue Saison
fürwahr - vor allem aufgrund der einschneidendsten Regeländerungen in den
vergangenen zwanzig Jahren. Neben KERS und der Rückkehr zu profillosen
Trockenreifen müssen Motoren erstmals vier Rennen halten. Auch die
Aerodynamik ist eine völlig andere. "Es ist alles neu. Es wird darauf
ankommen, wer sich am besten darauf eingestellt hat", sagte Lauda, der
diesbezüglich vor allem Ferrari gute Arbeit attestierte. Daneben dürfte auch
BMW-Sauber als im KERS-Bereich führendes Team um Siege mitfahren.
Aufpassen auf McLaren
Auch McLaren-Mercedes sei nach den
schwachen Testleistungen vor dem Auftakt am 29. März in Melbourne noch nicht
abzuschreiben, meinte Lauda. Zur Überraschung der Saison könnte aber der
Honda-Nachfolger Brawn GP werden. "Sie haben wirklich alle überrascht. Man
darf sich aber keinen Illusionen hingeben. Echte Prognosen kann man erst
nach den ersten Trainings in Australien abgeben", erklärte Lauda. "Bis dahin
passieren noch sehr interessante Dinge."
Während viele Teams noch mit KERS experimentieren und an der Standfestigkeit arbeiten, befinden sich andere bei den abschließenden Tests diese Woche in Jerez auf der Suche nach Zehntelsekunden - allen voran McLaren um Weltmeister Lewis Hamilton. Während der Saison sind Testfahrten seit heuer verboten, verpasste Entwicklungen daher besonders schwer aufzuholen. "Melbourne ist ein erster wichtiger Indikator für das Kräfteverhältnis", sagte Lauda.
Saisonstart abwarten
Durch die Streckencharakteristik sei das
Ergebnis aber nicht zwingend auf den weiteren WM-Verlauf umzulegen. "Um sich
wirklich ein Bild machen zu können, brauchen wir zumindest drei
verschiedenartige Rennstrecken", betonte Lauda. Die zweite nach Melbourne
gibt es bereits eine Woche später in Malaysia. Die Entscheidung dürfte durch
das neue Reglement ohnehin erst im letzten Rennen in Abu Dhabi fallen. Ab
2009 geht die WM-Krone nicht an den punktbesten Fahrer, sondern jenen mit
den meisten Saisonsiegen.