Hundertstel-Krimi

Matthias Mayer holt Abfahrts-Gold

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Kärntner beendet ÖSV-Durststrecke bei Olympia, holt Goldmedaille in der Abfahrt.

Fast auf den Tag genau zwölf Jahre nach dem Triumph von Fritz Strobl in Salt Lake City stellen Österreichs Herren wieder einen Abfahrts-Olympiasieger. Matthias Mayer landete am Sonntag in Russland den großen Coup und raste in den Abfahrts-Olymp. "Es ist einfach ein Wahnsinn, das Größte", jubelte der 23-Jährige, der sich in einem Hundertstelkrimi durchsetzte und Gold holte.

Hundertstelkrimi
Mayer, der mit Startnummer 11 ins Rennen ging, hatte am Ende 0,06 Sekunden Vorsprung auf den Italiener Christof Innerhofer, Dritter wurde der Norweger Kjetil Jansrud (0,10). Die beiden großen Topfavoriten gingen im Showdown leer aus: der Norweger Aksel Lund Svindal schrammte als Vierter knapp am Podest vorbei, der US-Amerikaner Bode Miller musste sich mit Platz acht begnügen.

So raste Mayer zu Abfahrtsgold

Restliches ÖSV-Team ohne Chance
Die restlichen Österreicher konnten im Medaillenrennen nicht mitplaudern. Max Franz wurde Neunter, Georg Streitberger 17. und Klaus Kröll 22.. Mayer ist der siebente rot-weiß-rote Abfahrts-Olympiasieger der Geschichte. Mit Gold in der Königsdisziplin sorgte der Jungstar gleichzeitig für einen Traumstart der Alpin-Herren, die vor vier Jahren in Vancouver gänzlich ohne Medaille geblieben waren. Zudem war das "Power-Team" zuletzt bei Großereignissen (WM, Olympia) in Speed-Bewerben gleich 14 Mal in Serie ohne Gold geblieben.

Favoritenstellung bestätigt
Mayer hatte bereits in den Trainings eindrucksvoll unterstrichen, dass er den 3,5 km langen, technisch sehr anspruchsvollen Kurs blendend im Griff hat. Svindal und Co. hatten ihn daraufhin zum Mitfavoriten gestempelt, doch Mayer ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen, blieb entspannt und vollendete am Sonntag den Gold-Coup. "Ich habe gewusst, dass da runter für mich alles möglich ist, dass ich es drauf hab", meinte Mayer.

"Meine Startnummer hat mir dabei aber sicher geholfen, denn bei mir ist ein bisschen die Sonne rausgekommen", berichtete Mayer, der im Weltcup noch nie auf dem Abfahrtspodest stand. Zufallssieger sei er aber keinesfalls. "Ich habe in den vergangenen Wochen oft am Podest gekratzt, ich war sehr nahe dran. Dass es sich jetzt ausgerechnet bei Olympia ausgegangen ist, ist unglaublich schön", sagte der Sohn vom Helmut Mayer, dem Super-G-Olympiazweiten 1988.

Innerhofer ließ Mayer zittern
Am meisten musste Mayer bei der Fahrt von Innerhofer (Nummer 20) zittern. "Ich wusste, dass heute der Tag X ist und habe alles riskiert. Als ich dann im Ziel den Zweier gesehen hab, dachte ich, ich spinn", meinte der Südtiroler nach seiner ersten Olympia-Medaille überglücklich. Über seine bereits zweite Medaille bei Winterspielen nach Riesentorlauf-Silber 2010 durfte sich Jansrud freuen: "Damit habe ich wirklich nicht gerechnet."

Svindal und Miller gehen leer aus
Sein Landsmann und Freund Svindal musste 0,19 Sekunden dahinter mit "Blech" vorlieb nehmen. "Ich war einfach nicht gut genug, habe zu viele Fehler gemacht", sagte Svindal, der sich durch Mayer bestätigt fühlte: "Die meisten haben gesagt, dass es ein Duell zwischen Bode und mir wird. Aber Matthias war hier in den Trainings sehr schnell und hat das heute bestätigt."

Für Miller platzte nach dem verpassten ersten Abfahrtssieg in Kitzbühel der nächste Traum. "Leider haben sich die Bedingungen im Vergleich zu den Trainings geändert. Aber eigentlich hab ich keine Erklärung, warum ich so viel Zeit verloren habe", rätselte der 36-Jährige nach der letzten Olympia-Abfahrt seiner Karriere.

ÖSV erleichtert
Im ÖSV-Team war man nach dem Auftakt nach Maß naturgemäß glücklich und erleichtert. "Mir gefällt das irrsinnig. Mir gefällt es für den Matthias, aber auch für die ganze Mannschaft. Österreich hat wieder einen Olympiasieger in der Abfahrt", freute sich Sportdirektor Hans Pum, der ebenfalls die Unbeschwertheit als Mayers größten Trumpf sah: "Man hat in letzter Zeit schon gesehen, dass er selbstsicherer fährt. Er fährt mit einer gewissen Lockerheit, das macht schon etwas aus."

Zu den ersten Gratulanten im Ziel zählte auch ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel, der bei der sogenannten "Flower Ceremony" unmittelbar nach dem Rennende die Blumen überreichen durfte. Um 10.06 Uhr MEZ sprang Mayer dann zum ersten Mal aufs oberste Treppchen des Olympia-Podests und startete damit offiziell seinen Feier-Marathon.

Ergebnis Olympia-Abfahrt der Herren

1. Matthias Mayer (11) AUT 02:06.23
2. Christof Innerhofer (20) ITA +00.06
3. Kjetil Jansrud (8) NOR +00.10
4. Aksel Svindal (18) NOR +00.29
5. Travis Ganong (7) USA +00.41
6. Carlo Janka (3) SUI +00.48
7. Peter Fill (14) ITA +00.49
8. Bode Miller (15) USA +00.52
9. Max Franz (9) AUT +00.80
10. Erik Guay (21) CAN +00.81
11. Dominik Paris (17) ITA +00.90
12. Werner Heel (10) ITA +00.93
13. Beat Feuz (13) SUI +01.26
14. Didier Defago (27) SUI +01.56
15. Patrick Küng (16) SUI +01.59
16. David Poisson (26) FRA +01.60
17. Georg Streitberger (23) AUT +01.63
18. Adrien Theaux (19) FRA +01.66
19. Benjamin Thomsen (6) CAN +01.77
20. Ondrej Bank (29) CZE +02.01
21. Jan Hudec (2) CAN +02.26
22. Klaus Kröll (22) AUT +02.27
23. Alek Glebov (5) SLO +02.73
24. Klemen Kosi (33) SLO +02.75
25. Manuel Osborne-Paradis (28) CAN +02.77
26. Guillermo Fayed (30) FRA +02.80
27. Steven Nyman (1) USA +02.92
28. Paul De la Cuesta (31) ESP +03.23
29. Natko Zrncic-Dim (24) CRO +03.57
30. Marco Sullivan (25) USA +03.87

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Matthias Mayer (AUT/Olympiasieger): "Wahnsinn. Das ist das Größte, was man als Sportler in meiner Sportart erreichen kann. Wenn es sich wirklich so ausgeht, ist das das Geilste überhaupt. Ich habe bei den letzten Rennen schon am Podest gekratzt. Ich habe gewusst, da herunter habe ich es drauf. Dass es jetzt wirklich geklappt hat, ist unglaublich. Da fehlerfrei herunterzufahren ist fast unmöglich. Die Nummern von 8 bis 15 waren vielleicht ein bisschen bevorteilt. Danach ist die Sonne herausgekommen, aber so ist der Skisport. Ich bin ins Rennen gegangen und wollte den Einser sehen. Ich bin mit dem Bode (Miller) in der Früh Lift gefahren, der war sehr nervös. Als er hinter mir, habe ich gewusst, dass es gut war."

Christof Innerhofer (ITA/Silber): "Ich versuche, die Großereignisse als Chance zu nützen - no risk, no fun. Ich komme lieber ins Ziel und habe Fehler gemacht, als dass ich nicht alles versucht hätte. Im Ziel habe ich mir gedacht: 'Wow, das war eine coole Fahrt.' Es war mein großes Ziel, noch eine Medaille zu holen. Es ist unglaublich." Zu Matthias Mayer: "Er war für mich einer von den Topfavoriten. Er ist einer der besten Skifahrer. Er kann so gut Skifahren, er kann so gut Kurven fahren. Man sieht, dass er vom Riesentorlauf kommt - ähnlich wie der Hannes Reichelt. Der wird uns noch viel ärgern.

Kjetil Jansrud (NOR/Bronze): "Es war eine schwierige Abfahrt. Ich habe heute riskiert und bin so gefahren, wie es möglich ist. Ich bin superzufrieden. Wenn bessere Skifahrer vor mir sind, dann ist das kein Problem. Gratulation auch an Österreich."

Aksel Lund Svindal (NOR/Vierter): "Ich bin nicht gut genug gefahren. Ich habe viele Fehler gemacht, dadurch war ich zu langsam. Viele haben gesagt, es geht zwischen Bode (Miller) und mir. Aber ich habe gewusst, dass da noch andere sind. Matthias (Mayer) ist hier am besten gefahren. Bode hat hier immer gute Teilzeiten gehabt, aber Matthias war der Konstanteste. Er hat verdient gewonnen."

Bode Miller (USA/Achter): "Ich bin nicht schlecht gefahren. Ich habe ein paar kleine Fehler gemacht, aber nichts, was mich wirklich viel Zeit gekostet hat. Die Bedingungen haben sich etwas geändert. Die schlechte Sicht hat mir nicht wirklich geholfen. Es ist hart, wenn du im Training so gut fährst und dann ändern sich die Bedingungen. Bei schlechterer Sicht muss man automatisch schlechter fahren. Ich habe Fehler gemacht und war trotzdem schnell. Ich weiß nicht wirklich, wo ich die Zeit verloren habe."

Max Franz (AUT/Neunter): "Oben herunter war es nicht so schlecht. Die Einfahrt ins Flache habe ich nicht so gut erwischt. Der Rückstand ist schnell einmal beisammen. Es war alles zusammen ein bisschen zu viel." Zu Matthias Mayer: "Es ist voll geil. Es taugt mir voll für ihn. Österreich hat wieder Gold in der Abfahrt, wieder für einen Kärntner."

Hans Pum (ÖSV-Sportdirektor): "Mir gefällt das irrsinnig. Mir gefällt es für den Matthias, aber auch für die ganze Mannschaft. Österreich hat wieder einen Olympiasieger in der Abfahrt. Er hat noch keinen Stockerlplatz (in der Abfahrt/Anm.) gehabt, aber er hat hier im Training schon gezeigt, dass er stark ist. Ich habe gehofft, dass er die Trainingsleistungen umsetzt. Man hat in letzter Zeit schon gesehen, dass er selbstsicherer fährt. Er fährt mit einer gewissen Lockerheit, das macht schon etwas aus."

Heinz Fischer (Bundespräsident): "Matthias Mayer hat mit einer mutigen und engagierten Fahrt gewonnen und damit den Beginn der Olympischen Spiele in Sotschi für das österreichische Olympia-Team vergoldet. Ganz Österreich freut sich mit Matthias Mayer und über den hervorragenden Auftakt bei den Spielen in Sotschi, wozu auch der Gewinn der Silbermedaille durch Dominik Landertinger gestern, Samstag, im Biathlon beigetragen hat."

Werner Faymann (Bundeskanzler): "Den ersten Sieg gleich mit einer olympischen Gold-Medaille zu feiern, ist natürlich etwas ganz Besonderes. Ich gratuliere Matthias Mayer ganz herzlich und wünsche der gesamten Olympia-Mannschaft alles Gute für die kommenden Bewerbe. Leider bleibe ich nur bis morgen in der Früh, aber ich werde auch von zu Hause die Daumen drücken. Wir sind wahnsinnig stolz auf unsere Helden. Es fängt doch alles ganz toll an für Österreich."

Gerald Klug (Sportminister): "Wir haben eine Sternstunde des österreichischen Sports erlebt. Matthias Mayer hat mit einer grandiosen Fahrt alle Mitfavoriten hinter sich gelassen und auf einer der selektivsten Olympiaabfahrten aller Zeiten in beeindruckender Manier Gold geholt. Dieser Triumph im ersten Rennen wird unsere Alpinen weiter beflügeln. Die ganze Republik ist stolz auf ihre Athleten, die sind international geachtet."

Peter Schröcksnadel (ÖSV-Präsident): "Wir haben seit langer Zeit wieder einen Abfahrtsolympiasieger, das freut uns besonders."

Andreas Puelacher (ÖSV-Gruppentrainer): "Es ist schön, wenn einer von der eigenen Gruppe das Rennen gewinnt, besonders bei Olympia. Ich war ganz oben positioniert und habe nur die Zeiten gehört. Das Warten war sehr, sehr lang und unbeschreiblich nervenaufreibend. Ich glaube, im Super-G kann man ihn (Matthias Mayer/Anm.) auch zum erweiterten Kreis der Medaillenanwärter zählen. Sein Skifahren ist kontinuierlich besser geworden. Er ist auf einem ganz guten Weg, ein ganz großer Skifahrer zu werden."

Franz Klammer (Abfahrts-Oympiasieger 1976): "Vorher wurde viel schwarz gemalt, dass wir keine Chance haben. Jetzt haben wir die Goldene. Ich hatte den Matthias vor dem Rennen auf der Liste, für mich war er ein echter Medaillenkandidat. Er war in diesem Rennen der Konstanteste, der Coolste. Bode Miller hatte ein bisschen Pech mit der Sicht, Aksel Lund Svindal hat einfach zu viele Fehler gemacht. Matthias ist nach den Trainings in den Favoritenkreis aufgestiegen, ist aber mit dieser Rolle perfekt umgegangen. Er ist keiner, der herumschreit, er zeigt sein Können lieber auf der Piste."

Fritz Strobl (Abfahrts-Olympiasieger 2002): "Ich bin nicht überrascht gewesen, weil Matthias zuletzt gezeigt hat, dass er in Topform ist. Er nimmt Risiko, wird aber auch immer konstanter. Der kleine Fehler oben war im Steilen und hat ihn angestachelt. Es war eine absolut würdige Leistung, auf dieser schwierigen Abfahrt und bei diesen Bedingungen die Leistung auf den Punkt zu bringen. Sind es die Kasnudeln oder die Kärntner Luft? (lacht) Es erinnert mich auf jeden Fall an früher, da haben sich mit Werner Franz, Christian Mayer und mir auch drei Kärntner gegenseitig gepusht. Jetzt ist auch im Super-G alles möglich. Auch Gold, wenn er das Hoch ausnutzt."

Margret Mayer (Mutter): "Das ist ein Moment, wo sich Himmel und Erde verbinden. Einer, an dem du nicht definieren kannst, worum es überhaupt geht. Ich möchte das auch gar nicht. Ich bin dankbar und voll demütig, dass der Matthias das große Geschenk bekommen hat, Olympiasieger geworden ist, und dass ich dazu ein bissl was etwas beitragen hab können, und er so beschützt und behütet ist von unserem Herrgott. Es ist ein Traum, einfach unbeschreiblich."

Hannes Reichelt (verletzter Kitzbühel-Sieger/AUT, via Facebook): "Das waren heute Vormittag schwierige Stunden, bei der Abfahrt zuzuschauen. Ich wäre dort so gerne mitgefahren. Herzliche Gratulation den drei Jungs, Matthias Mayer, Christof Innerhofer und Kjetil Jansrud zur Medaille. Das war heute eine Riesenwerbung für unseren Sport."

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