Goldene Abfahrer

Olympia-Gipfel: Klammer trifft Mayer

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ÖSTERREICH bat Matthias Mayer und Franz Klammer zum Olympia-Gipfeltreffen in Sotschi.

Wenn sich zwei Abfahrts-Olympiasieger treffen, dann rennt der Schmäh. Da macht es auch nichts aus, dass zwischen Matthias Mayer (23) und Franz Klammer (60) ganze 37 Jahre ­Altersunterschied liegen.

„Meine Medaille damals war viel kleiner“, fällt Klammer sofort auf, als ihm Mayer seine Goldene unter die Nase hält. Ähnlich wie Klammer 1976 in Innsbruck hat Mayer in Sotschi mit einem Husarenritt die wichtigste Olympiamedaille für Österreich eingefahren. Im Unterschied zu Klammer hat Mayer zuvor aber keine einzige Weltcupabfahrt gewonnen. Die Skination ist schwer begeistert und feiert den Shootingstar: Wir haben wieder einen Mayer!

Nächster Streich?
Das Beste ist: Schon heute kann der 23-jährige Afritzer im Olympia-Super-G nachlegen. Gelingt ihm wieder eine Sternstunde? Als frischgebackener Abfahrtskönig strotzt Mayer vor Selbstvertrauen. Mit einem Lächeln meint er: „Im Super-G bin ich eigentlich noch stärker einzuschätzen als in der Abfahrt.“

Eine Ansage, die auch „Kaiser“ Franz gefällt: „Gold in der Abfahrt war für Matthias erst der Anfang. Ich traue ihm den Sieg im Super-G zu. Er kann befreit drauflosfahren, das macht ihn für die anderen noch viel gefährlicher.“

Schockdiagnose.
Locker, cool, besonnen – das sind Mayers Stärken. Angeeignet hat sich das der Sohn von Olympia-Silbermedaillengewinner Helmut Mayer (1988, Super-G) während seiner bösen Erkrankung im Sommer 2012. „Reaktive Arthritis“ (Gelenkserkrankung) lautete die Hammer-Diagnose. Sein Körper streikte, er nahm 15 Kilo ab und er konnte sich nur mehr im Rollstuhl fortbewegen.
„Da lernst du, das Leben anders zu sehen“, sagt Mayer. „Ruhe zu bewahren und geduldig zu bleiben, das war das Wichtigste, was ich aus meiner Krankheit mitgenommen habe.“
 

 

ÖSTERREICH: Franz, wie sehr hat dir die Gold-Fahrt von Matthias imponiert?
Franz Klammer: Sein Lauf hat mir extrem gut gefallen. Die Olympia-Abfahrt war wahnsinnig schwer, aber ich habe gewusst, dass die Strecke ihm liegen wird, weil er das technische Können hat. Es war eine Meisterleistung, wie er gewisse Kurven mit Geduld angeschnitten hat.

ÖSTERREICH: Matthias, wie sehr hat es dich gefreut, dass Franz mit einer Glückwunsch-SMS gratuliert hat?
Matthias Mayer: Ich habe es im Ziel sofort gelesen und ich habe es jedem gezeigt. Es war so der erste Moment, wo ich gecheckt habe, hoppla, das war ein wichtiges Rennen, das ich da gewonnen habe.
Klammer: Aber das war erst der Anfang für dich. Da wird noch viel kommen. Ich bin überzeugt, eines Tages wirst du auch die Abfahrt in Kitzbühel gewinnen. Die Goldmedaille war der Startschuss für eine ganz große Karriere.

ÖSTERREICH: Klammer 1976, Strobl 2002, Mayer 2014. Warum sind die Kärntner in der Abfahrt so stark?
Klammer: Ganz klar: Wir müssen halt die Tiroler rausreißen …
Mayer: (lacht) Das war jetzt cool. Auch im Super-G sind wir drei Kärntner am Start. Da ist schon was dran.

ÖSTERREICH: Abfahrtsgold ist die ­wichtigste Medaille für Österreich. Wie sehr kann das einen
verändern?
Klammer: Das kann man jetzt noch schwer sagen. Wirklich anders verlaufen wird sein Leben dank der Goldenen erst nach der aktiven Karriere. Da wird sein Leben eine völlig andere Kurve nehmen. Wir sind ganz klar eine Abfahrtsnation. Was haben wir schon gejammert, dass wir in der Abfahrt nicht mehr siegen können.
Mayer: Stimmt. Das Jammern habe ich hautnah mitbekommen. Gerade in den letzten Jahren. Wir Jungen haben uns Schritt für Schritt herangetastet. Jetzt steht nichts mehr im Wege, dass wir weiter Skigeschichte schreiben.

ÖSTERREICH: Franz, was gefällt dir an Abfahrtskönig Matthias am besten?
Klammer: Er ist ruhig und besonnen, aber trotzdem zielstrebig. Er weiß, was er will. Er ist kein Showman.

ÖSTERREICH: Einspruch. Ist er doch. Mit seinem Strip bei der Siegesfeier hat er das eindrucksvoll bewiesen.
Klammer: (lacht) Um drei Uhr in der Früh kann man das schon einmal machen, das macht ihn doch nur noch viel sympathischer. Auch wir haben oft die Sau rausgelassen.
Mayer: Da waren aber keine Kameras dabei, oder? Ab und zu brauchst du als Spitzensportler ein Ventil, um Dampf abzulassen. Wir versuchen, im Job immer das Beste zu geben, kämpfen an vielen Fronten. Und wenn man so wie ich das Größte in seiner Sportart erreicht hat, darf man auch g’scheit feiern und es einmal krachen lassen.
Klammer: Ich sehe das so: Man ist die ganze Zeit unter Spannung, arbeitet nur auf das eine Rennen hin. Und wenn man dann so erfolgreich ist, muss man einfach Dampf ablassen. Ist doch gut, man hat die Last abgeworfen und kann sich neue Ziele setzen.

ÖSTERREICH: Franz, was traust du Matthias am ­Sonntag im Olympia-Super-G zu?
Klammer: Ganz klar noch so eine Goldene. Er kann völlig befreit drauflos fahren, das macht ihn für die anderen noch gefährlicher. Svindal hat recht, wenn er sagt, der Bursche wird uns noch viel Kopfzerbrechen bereiten.
Mayer: Was mich jetzt interessiert: Wo ist denn eigentlich deine Goldmedaille, Franz?
Klammer: Ehrlich gesagt, keine Ahnung, wo meine ist. Wichtig ist nur, dass ich sie gewonnen habe. Und dass sie aus Gold ist.

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