Stams-Absolvent

Missbrauchs-Skandal: Jetzt spricht Raich

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Ex-Skistar äußert sich zu schweren Vorwürfen gegen Ski-Internat Stams.

Ein anonymer ehemaliger ÖSV-Athlet hat schwere Vorwürfe gegen das Elite-Internat Stams erhoben. Während die innere Aufarbeitung begonnen hat, hat sich jetzt Stams-Absolvent Benjamin Raich geäußert. Gegenüber der Tiroler Tageszeitung erklärt der Ex-Superstar, dass er zwar keinen der Fälle verharmlosen wolle, er die Vorwürfe aber nicht nachvollziehen kann.

Die im Standard erhobenen Vorwürfe betreffen die 80er- und 90er-Jahre und dabei vor allem Stams. Raich dazu: "Wenn man sich das alles so durchliest, bekommt man das Gefühl, als wäre Stams ein Ort des Schreckens, wo Missbrauch gang und gäbe gewesen sei und Teenager unterdrückt wurden und werden. Das gezeichnete Bild ist für mich sehr einseitig."

Er gibt zwar zu, dass zu seiner Zeit andere Schüler "gepastert" wurden, er selbst sei aber weder Opfer noch Täter gewesen. Dennoch findet er: "Da gibt‘s überhaupt nichts zu verharmlosen. Und das wurde es meines Wissens von der Schulleitung auch nicht." Dass heute noch "gepastert" wird, bezweifelt Raich. Er rede mit vielen jungen Sportlern und ihm sei noch nie etwas Derartiges zu Ohren gekommen.

Allerdings gibt Raich zu, dass Stams ein Ort mit extremen Hierarchien sei: "Natürlich gibt’s eine Hierarchie, aber das ist in einem anderen Internat oder in einer anderen Schule nicht anders. Da wie dort gibt es Jüngere und Ältere. Aufmüpfigere und Ruhigere. Wenn ein Junger frech ist, gibt’s auch einmal eine auf die Mütze."

Schneller Ski für Sex?

Vorwürfe gegen Trainer und Serviceleute lassen Raich ungläubig zurück: "Ich gehe einmal davon aus, dass sich diese Aussagen nicht nur auf Stams beziehen. Denn dort gibt es keine Serviceleute. Ich habe diesbezüglich mit meinem engsten Umfeld, aber auch mit ehemaligen Kollegen gesprochen, und die fühlen sich wie ich zuweilen im falschen Film. Allein der Gedanke, dass eine Läuferin oder ein Läufer, wie es beschrieben wird, mit sexueller Freizügigkeit einen Startplatz erlangen soll oder dafür einen schnelleren Ski kriegt, halte ich damals wie heute fernab der Realität."

Trotz aller Vorwürfe würde er seine beiden Söhne (zwei Jahre und vier Monate alt) sofort auch nach Stams geben. "Stams ist wie jedes andere Internat, wo man Sport, Kunst oder ein Handwerk unter einen Hut bringen muss, kein Honigschlecken. Natürlich wollen die meisten nach oben, streben nach Erfolg. Nicht allen ist das vergönnt. Nicht jeder ist gleich talentiert, gleich geschickt oder gleich stark im Kopf. Natürlich gibt’s da auch Frustrierte, Enttäuschte und Leute, die scheitern. Nur die Schule dafür verantwortlich zu machen, wäre mir zu einfach", so Raich.

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