Wimbledon

Nadal entthront Federer

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Rafael Nadal hat am späten Sonntagabend nach einem 5-Satz-Thriller für die Ewigkeit den "König von Wimbledon" von seinem Thron gestoßen.

Um 21.16 Uhr Ortszeit verwertete der Spanier in einem denkwürdigen Endspiel seinen vierten Matchball zum 6:4,6:4,6:7(4),6:7(8),9:7-Erfolg über den Weltranglistenersten Roger Federer, der zuvor fünfmal in Serie im "Rasen-Mekka" triumphiert hatte und 65 Spiele auf diesem Belag unbesiegt war. 4:47 Stunden standen sich Federer, der bereits im vierten Satz zwei Matchbälle abgewehrt hatte, und Nadal gegenüber.

Nicht minder war das Niveau, was die zwei Tennis-Topstars bei der Siegerehrung am mittlerweile dunklen Centercourt zu sagen hatten: "Es ist schwer zu sagen, was ich gerade fühle. Es ist einfach unglaublich. Aber Roger ist immer noch der Beste. Er hat hier fünfmal gewonnen, ich bin sehr glücklich jetzt einen Titel hier gewonnen zu haben, und das gegen den besten Spieler der Geschichte", fand Nadal für den Branchenprimus "tröstende" Worte.

Großer Verlierer
Federer zeigte sich bei aller Enttäuschung einmal mehr als fairer Verlierer: "Ich habe alles versucht, aber mit Rafael steht hier ein mehr als verdienter Nachfolger". Danach meinte er ironisch: "Er ist ein schrecklicher Gegner." Nadal kassierte für seinen fünften Grand-Slam-Erfolg, den ersten abseits von Paris, 750.000 Pfund (948.407 Euro). Der zwölffache Majorsieger Federer erhält die Hälfte. Im direkten Vergleich führt Nadal nun 12:6.

Gar knapp sieben Stunden waren vergangen, seitdem die zwei besten Spieler der Welt erstmals den Centercourt betraten. Zwei Regenpausen taten dem spannenden Spiel aber keinen Abbruch. Dabei schien zunächst alles für den 22-jährigen Mallorcaner zu laufen. Den besseren Start erwischte Nadal, der seinem Kontrahenten dessen zweites Aufschlagsspiel abnahm. Federer konnte seinerseits Breakchancen zum 4:4 und 5:5 nicht nutzen.

Satz zwei gestaltete sich zu Beginn umgekehrt. Federer führte schnell mit Break, doch Nadal konnte einen 1:4-Rückstand in ein 6:4 umdrehen. Während Nadal seine Möglichkeiten eiskalt nützte, ließ Federer bei 4:3 und 4:5 wieder Breakchancen aus.

Regenpause rettete Federer
Federer wankte in Durchgang drei, nachdem er bei 2:3 seine elfte von bis dahin zwölf Breakchancen nicht verwerten konnte. Bei 3:3 und 0:40 bei Aufschlag Federer schien Nadal bereits Richtung Titel zu marschieren. Doch Federer rettete sich in die Regenpause, übrigens die letzte in der Finalhistorie von Wimbledon. Ab 2009 wird der "heilige Rasen" des Center Courts nämlich überdacht.

Nach einer 81-minütigen Unterbrechung ging der dritte Satz ins Tiebreak, in dem sich Federer durchsetzte. Mit vom Schweizer ungewohnt vielen "Come on"-Rufen ging auch der vierte Durchgang ins Tie-Break. Das Spiel steigerte sich nicht nur in seiner Dramatik, unglaubliche Ballwechsel der zwei Weltbesten ihrer Zunft begeisterten die Zuseher, die mit Standing Ovations die Spieler in einen fünften Satz begleiteten.

Was war im Tie-Break passiert? Nadal hatte bei 5:2 die Chance, mit eigenem Aufschlag das Match zu beenden. Ein Doppelfehler von Nadal brachte Federer zurück ins Spiel, zwei weitere Matchbälle in einem Spiel auf höchstem Niveau konnte er ebenfalls abwehren. Am spektakulärsten war ein Rückhand-Passierball aus größter Bedrängnis entlang der Linie. 10:8 für Federer und der mittlerweile über fünf Stunden (inklusive Regenunterbrechung) andauernde "Krimi" ging in einen Entscheidungssatz.

Zweite Regenunterbrechung
Bei 2:2 trug zum zweiten Mal der Regen seines dazu bei, dass das Finale als eines der denkwürdigsten in die Geschichte des 131-jährigen Rasen-Klassikers eingehen wird. Ohne Aufschlagverlust ging es bis 7:7. Dann fiel die Vorentscheidung zugunsten Nadals. Trotz des des hohen Niveaus, auf dem das Finale speziell in der Endphase stand, gab Federer sein Servicegame ein wenig symptomatisch für die Begegnung mit einem (von insgesamt 52) unerzwungenen Fehlern ab.

Und bevor sich das Tageslicht an der Church Road endgültig dem Ende zuneigte, verwertete Nadal seinen vierten Matchball, um als erster Spanier seit Manuel Santana 1966 die prestigeträchtigste Trophäe des Tennissports in die Höhe zu stemmen. Während für Federer eine sechs Jahre dauernde Unbesiegbarkeit auf Rasen zu Ende ging, schraubte Nadal seine Bilanz auf 24 Siege en suite.

Im Finale wurden übrigens Erinnerungen an 2001 wach. Vor sieben Jahren besiegte der Kroate Goran Ivanisevic den Australier Patrick Rafter ebenfalls mit 9:7 im fünften Satz und verwirklichte damals seinen Traum vom Titel, nachdem der Exzentriker zuvor dreimal im Finale unterlegen war.

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Steckbrief von Wimbledon-Sieger Rafael Nadal

Geboren: 3.6.1986 in Manacor auf Mallorca

Größe/Gewicht: 1,85 m/85 kg

Linkshänder, beidhändige Rückhand

Schuhe und Bekleidung: Nike

Schläger: Babolat

Bestes ATP-Ranking: Nummer 2 (aktuell)

Grand-Slam-Turniersiege (5): French Open 2005, 2006, 2007, 2008;

Wimbledon 2008

ATP-Titel: 29, davon sechs 2008 (Masters Series Monte Carlo, Barcelona, Masters Series Hamburg, French Open, Queen's, Wimbledon)

Daviscup-Sieger 2004

Einzel-Bilanz: 309 Siege in 382 Matches

Profi seit 2001

Mit 81 Einzel-Siegen auf Sand en suite (von April 2005 bis 20. Mai

2007) alleiniger Rekordhalter in dieser Statistik


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