Betrugs-Netzwerk

Doping: Jetzt zittern Hunderte Sportler

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Der Skandal bei der WM in Tirol zieht weite Kreise. Dopingnetzwerk hatte Hunderte Kunden.

Seefeld. Dopingskandal bei der Nordischen Ski-WM im Tiroler Seefeld: Fünf Sportler gestehen, ihr Blut gedopt zu haben. Besonders schmerzvoll bei der Heim-WM: Zwei der Betroffenen sind Österreicher.

Dominik Baldauf (26) und Max Hauke (26) wurden von der Anti-Doping-Behörde suspendiert. Hauke ist sogar auf einem Razziavideo der Polizei zu sehen, die Nadel steckt noch in seinem Arm (siehe Foto).

Blutbeutel lagerten bei –80 Grad in einer Garage

Entlarvt. Jetzt droht ein noch größerer Tsunami für die Sportwelt. Hunderte Sportler könnten schon sehr bald als Doper entlarvt werden.

Mastermind der verbotenen Leistungssteigerung ist der deutsche Mediziner Mark Schmidt (40; es gilt die Unschuldsvermutung). Bei der Razzia diese Woche in seiner Klinik in Erfurt fanden die Ermittler etwa 40 Blutbeutel. ­Gelagert waren sie in seiner ­Garage in einem Spezialkühlschrank bei minus 80° C.

Auf den Sackerl stehen Tarnnamen, doch die Welt-Anti-Doping-Agentur hat Zehntausende Blutprofile von Sportlern – bald kommt heraus, wer die Blutdoper sind.

Kunden. Ermittler gehen überhaupt von einem internationalen Netzwerk aus. Die Bild-Zeitung erfuhr von einem, dass Schmidt wohl Hunderte Kunden aus diversen Sportarten hat­te. Leichtathleten, Radfahrer, Fußballer, Schwimmer und viele andere sollen dabei sein.

5.000 Euro. Das System des Dopingarztes: 5.000 Euro kostet Eigenblutdoping pro Saison. Komplizen mieten in der Nähe der Teamhotels Zimmer, in denen das Blut wieder in die Sportler gepumpt wird. Leistungssteigerungen von etwa fünf Prozent sind möglich.

Kohl: "Ohne Doping wäre meine Leistung unmöglich gewesen"

ÖSTERREICH: Viele meinen, zumindest die Trainer hätten das Doping unserer Langläufer mitbekommen müssen.

Bernhard Kohl: Es wird natürlich im Geheimen gedopt. Umso weniger Leute es wissen, desto weniger besteht die Gefahr, dass man erwischt wird. Ich glaube, dass nicht genau hingeschaut und nachgeforscht wird von den Verantwortlichen.

ÖSTERREICH: Kann man überhaupt ein Spitzenniveau ohne Doping erreichen?

Kohl: Weltklasseleistungen, wie sie es damals bei mir waren, sind ohne ganz schwer möglich. In meinem Fall wäre es unmöglich gewesen, Dritter bei der Tour de France (später annulliert, Anm.) zu werden, ohne zu dopen.

ÖSTERREICH: Was treibt einen jungen Sportler dazu, verbotene Leistungssteigerung zu betreiben?

Kohl: Wir leben in einer ­leistungsorientierten Gesellschaft, da ist es egal, ob das im Sport, in der Wirtschaft oder im privaten Bereich ist. Bringt der Sportler die geforderte Leistung nicht, dann fliegt er aus dem Kader und kann dann seinen Lebens­unterhalt nicht verdienen. Wenn man versichert bekommt, dass alles sicher und Blutdoping nicht nachweisbar ist, dann ist die Verlockung sehr groß, und der eine oder andere, wie auch ich, wird dann schwach.

ÖSTERREICH: Wie ausgefeilt ist denn eigentlich die Jagd auf Dopingsünder?

Kohl: Ich bin in meiner aktiven Zeit 200 Mal kontrolliert worden, hätte davon wenigstens 100 Mal positiv sein müssen. Überführt bin ich aber nur einmal worden.

ÖSTERREICH: Wie erklären Sie das?

Kohl: Es gibt so viele Medi­kamente, die noch nicht auf dem Markt sind – was nicht auf dem Markt ist, kann auch nicht kontrolliert werden. Blutdoping ist auch nur mit der Kontrolle von Blutwerten über einen langen Zeitraum hinweg nachweisbar. Die Schlupflöcher sind noch so groß, dass man doch recht leicht durchrutschen kann.

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