Fußball-WM

Amerika feiert neue Fußball-Ordnung

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Mexiko-Coach Herrera: "Mannschaften in unserer Region stärker geworden."

Die Koordinaten des Welt-Fußballs haben sich bei der spektakulären WM am Zuckerhut schon in der Gruppenphase weit verschoben. Während nach Titelverteidiger Spanien und England mit Vizeeuropameister Italien nun die nächste große Fußball-Nation früh und gedemütigt aus Brasilien abreisen muss, feiern die Teams aus ganz Amerika - vielleicht ein wenig voreilig - eine neue globale Fußball-Ordnung.

"Es zeigt sich deutlich, dass die Mannschaften in unserer Region stärker geworden sind", sagte Mexikos Erfolgscoach Miguel Herrera. "Ich glaube, dass uns alle nun mit mehr Respekt betrachten, unsere Region wird jetzt mit anderen Augen gesehen."

Das alte Fußball-Europa jammert, staunt und zweifelt
Erstmals seit der WM 1974 in Deutschland fehlen Italien, Spanien und England nach der Gruppenphase. Und dass die beiden EM-Finalteilnehmer - Spanien und Italien - bei der nächsten WM gleich in der ersten Turnierphase rausfliegen, das gab es bisher noch nie. "Eine Erklärung ist ein bisschen schwierig zu finden", gestand Frankreichs Teamchef Didier Deschamps - der mit seiner "Equipe tricolore" in den ersten Spielen ähnlich wie die Niederlande oder auch Deutschland erfolgreich den europäischen Gegentrend setzte. "Sogar große Teams haben große Probleme, gegen kleine Teams zu gewinnen."

In England wird der Grund in der Struktur der Geldmaschine Premier League gesucht, die nationalen Talenten den Weg nach oben versperrt. Da auch die Nationalteams aus den Ländern der Primera Divsion und der Serie A krachend scheiterten, könnte ein Blick auf die Mechanismen des europäischen Club-Fußballs erhellend sein.

Mit einem Heimvorteil der Südamerikaner hatten alle gerechnet
Bis zum letzten Gruppenspieltag bestand die Chance auf den Rekord von einem halben Dutzend Teams vom Gastgeber-Kontinent im Achtelfinale. Da Brasilien und Chile sowie die enorm starken Kolumbianer und Uruguay im Achtelfinale gegeneinander spielen und die Sieger dieser Partien dann im Viertelfinale aufeinandertreffen, ist ein Südamerika-Team sicher im Halbfinale.

Der deutsche Coach Joachim Löw hatte seinen Spielern immer wieder die Südamerika-Klausel eingebläut: "Wer sich nicht anpasst, hat schon verloren" - wohlwissend, dass bisher noch nie ein Team aus Europa in sieben Anläufen in Nord- oder Lateinamerika Weltmeister geworden ist.

Extremes Klima, lange Reisen und ein gänzlich anderer Lebensrhythmus beeinflussen die Profis aus Europa, trotz aller Warnungen. "Wir sind in Brasilien, südamerikanische Mannschaften akklimatisieren sich vielleicht besser und vielleicht gibt es ihnen extra Energie, vor ihren Fans so nah zur Heimat zu spielen", vermutete Deschamps.

Der Heimvorteil gilt offenbar auch für die Nachbarn aus dem Norden
Jürgen Klinsmann kann mit dem US-Team am Donnerstag gegen Deutschland als dritter Teilnehmer nach den sensationellen Costa Ricanern und Mexikos Power-Fußballern aus der CONCACAF-Zone in die erste K.o.-Runde einziehen - das gab es bei einer WM noch nie. "Es sieht so aus, als ob der CONCACAF einen guten Job macht", sagte Herrera.

Doch für eine Bilanz ist es noch viel zu früh - wie die Erinnerung an die WM 2010 in Südafrika lehrt. Damals zogen fünf Südamerikaner und zwei CONCACAF-Teams ins Achtelfinale ein. Fußball-Europa war von seiner Bestmarke von zehn Teams bei der WM 2006 in Deutschland mit nur sechs Teilnehmern weit entfernt. Auch im Viertelfinale war Südamerika mit vier Teams noch das Schwergewicht unter den Fußball-Kontinenten. Am Ende wurde Spanien Weltmeister vor den Niederlanden und Deutschland - die alte Fußball-Ordnung war wieder hergestellt.

Maradona hob Stärke der Lateinamerikaner hervor
Argentiniens Fußball-Legende Diego Maradona hat die Stärke der Teams aus Lateinamerika bei der Fußball-WM in Brasilien hervorgehoben. "Wir sind gut aufgestellt, wir Lateinamerikaner, wir sind stark. Der englische Fußball ist weg, die Italiener sind weg, die Spanier, die beste Liga der Welt", sagte der 53-Jährige am Dienstagabend in seiner Sendung "De Zurda" im venezolanischen TV-Sender Telesur.

"Aber ich glaube, wir haben ihnen nichts weggenommen. Sie kamen, hatten kein gutes Spiel, verloren und ab nach Hause", meinte Maradona und erklärte, dass wenn ein europäischer Spieler nach Südamerika kommt, "irgendwas mit ihm passiert, vielleicht fühlt er sich weniger sicher". Gleichzeitig warnte er aber vor den Niederlanden und Deutschland. Maradona hob besonders die Leistung Kolumbiens hervor, das am Dienstabend mit dem 4:1 gegen Japan ohne Punktverlust Gruppensieger in der Gruppe C wurde.

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